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Band 4 - m-presse

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Nachwort<br />

Die Hauslosigkeit, von der aus ich diese Abschiedsworte an den Leser richte,<br />

könnte es entschuldigen, wenn Wehmut oder ein makabrer Humor<br />

mit erklingen würden; oder auch eine Genugtuung darüber, daß ich zwischen<br />

allen körperlichen Leiden die Kraft aufbrachte, die Korrektur und Ausfeilung<br />

dieses vierten <strong>Band</strong>es zu Ende zu führen. Aber ich will jedes gefühlsmäßige<br />

Wort vermeiden und nur in dieser stillen und ernsten Stunde die Hoffnung<br />

aussprechen, daß man den letzten Abschnitten nicht zu sehr anmerken werde,<br />

wie alt und krank der Schreiber über der Arbeit geworden war.<br />

Die Absicht, einige Mängel und Unebenheiten der ersten Bände in<br />

diesem Nachworte zu glätten, zu schlichten, habe ich wieder fallen lassen,<br />

weil ich müde bin. Einer Freude aber möchte ich hier Ausdruck geben: darüber,<br />

daß ein günstiger Zufall mir noch vor Torschluß die Unterstützung<br />

einer meiner Hypothesen brachte. Ich habe im ersten <strong>Band</strong>e (S. 311 ff.),<br />

in dem Abschnitte "Das Buch von den drei Betrügern", aus allgemeinen<br />

Gründen die Vermutung geäußert, der Druck von 1598 sei eine Tat der<br />

Socinianer gewesen. Nun veröffentlicht eben (Oktober 1922) Wolfgang<br />

Kraemer in der "Zeitschrift für Bücherfreunde" (S. 99 ff.) einen sehr lesenswerten<br />

Aufsatz "Ein seltener Druck des Traktats De tribus Impostoribus,<br />

1598". Der Verfasser, Herr Studienrat Kraemer in Gauting bei München,<br />

war so glücklich, ein bisher unbekanntes Exemplar des überaus seltenen<br />

Buches zu entdecken. Er ist mit mir der Meinung, daß der Druck von 1598<br />

echt und keine spätere Fälschung ist. Das Wichtigste scheint aber an dem neuen<br />

Funde, daß der frühere Besitzer den Namen "Barnaud", als den des Verfassers,<br />

auf sein kostbares Exemplar geschrieben hat und daß dieser Barnaud<br />

(einer der vielen Ketzer, denen die Autorschaft zugeschrieben wurde) ein<br />

Freund von Faustus Socinus war. Kraemer nennt das freundlich eine Bestätigung<br />

meiner Vermutung; natürlich darf dabei nicht übersehen werden,<br />

daß (eben nach meiner, von Kraemer geteilten Annahme) das Buch von<br />

1598 auf viel ältere Bearbeitungen zurückgeht und Barnaud also nicht der<br />

Verfasser, sondern nur der letzte Bearbeiter des Buches gewesen wäre.<br />

Und Kraemers weitere Bemerkung, auch Postels Vermutung, der Verfasser<br />

habe den Hugenottenkreisen angehört, werde bestätigt, weil der Arzt Barnaud<br />

ein Hugenotte war, kann nur den Sinn haben: Barnaud sei formell<br />

ein Hugenotte, in Wahrheit aber (wie viele) ein Freidenker gewesen. Ich<br />

kann aber eine andere Bemerkung nicht unterdrücken, die meine Hypothese<br />

Nachwort 449<br />

zu unterstützen scheint; nach den Niederlanden waren die Socinianer aus<br />

Polen zumeist geflüchtet, seit dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts,<br />

vor der Gegenreformation, und aus Holland stammen (nach Kraemers<br />

Untersuchung) mindestens zwei der jemals bekannt gewordenen fünf Exemplare<br />

des Buches von 1598.<br />

Es ist eine hübsche, zunächst dem Schreiber selbst sich aufdrängende<br />

Sitte, nach den vielen Jahren der Arbeit an einem so ausgedehnten Werke<br />

denen zu danken, die freundschaftlich oder freundlich geholfen haben. Auch<br />

den nächsten Menschen zu danken, die Leben und Kraft noch nicht ausgehen<br />

ließen, wäre gegen meine Empfindung; solche Schuldverhältnisse gehen die<br />

Öffentlichkeit nichts an. Doch mein Buch verlangte, daß ich — auch in der<br />

Unordnung der Kriegszeit — sehr, sehr viele Bücher wälzte, die ihre Hüter<br />

von 1914 bis 1920 nur ungern den Abenteuern der Post anvertrauten.<br />

Ich weiß, daß es eine Pflicht der großen Büchereien ist, ihre Schätze jedem<br />

Geistesarbeiter zur Verfügung zu stellen; aber es kommt auch darauf an,<br />

wie diese Pflicht erfüllt wird. Die Staats- und Landesbibliotheken von<br />

Berlin, München, Stuttgart, Karlsruhe, die alte Wiener Hofbibliothek,<br />

die Universitätsbibliotheken von Wien und Frankfurt a. M., Halle und<br />

Göttingen, die Züricher Zentralbibliothek, die Wessenbergbibliothek in Konstanz,<br />

die Fürstlich Fürstenbergische Bibliothek in Donaueschingen, endlich<br />

die Seminarbibliothek von Meersburg, sie alle sind mir unermüdlich gefällig<br />

gewesen, oft weit über die von den Satzungen geforderten Pflichten hinaus.<br />

Mitunter mußte erst in den Katalogen nach der Schrift eines ungenannten<br />

Verfassers geforscht oder gar eine ohne jeden Titel gefunden werden. Nun<br />

sind die Verwalter und Kenner der aufgehäuften Bücherschätze glücklicherweise<br />

Menschen; und denjenigen, von deren Hilfsbereitschaft ich besonders<br />

Nutzen gezogen habe, möchte ich herzlich und persönlich die Hand drücken.<br />

Auch anderen Helfern, die nicht Bibliotheksbeamte sind. Ich nenne ohne<br />

Ordnung nur einige Namen: Dr. Hans Lindau in Berlin, Dr. Monty<br />

Jacobs und stud. Heinrich Jacobs in Nikolassee bei Berlin, Dr. Imm in<br />

Meersburg, Dr. Maurer in Konstanz, Direktor Wulkow in Hamburg und<br />

endlich Frau Paula Höhn in Meersburg, ohne deren tägliche Arbeitshilfe<br />

meine Augen das viele Schreiben und Lesen kaum ausgehalten hätten.<br />

Die Namen aber der allernächsten Helfer lasse ich fort, wie gesagt,<br />

weil ich ihnen namenlos verpflichtet bin und ihnen auch zum Abschied<br />

nur namenlos danken will. "Tantum." So endet auch das furchtbarliche<br />

Buch von 1598.<br />

Oktober 1922<br />

F r i t z Mauthner

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