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Veränderte Musikwahrnehmung durch Tetra-Hydro-Cannabinol im ...

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Kapitel 2: Sozialpharmakologische Perspektiven von Cannabis und Musik ...<br />

“Marihuana versetzt einen Musiker in eine wahrhafte<br />

Meisterst<strong>im</strong>mung, deshalb nehmen es so viele Jazzer. Du schaust<br />

auf die anderen Bandmitglieder hinunter wie eine Glucke auf ihre<br />

Küken; wenn einer falsch bläst oder unscharf spielt, lächelst du<br />

bloß gnädig und denkst dir, ach, er wird es schon lernen, nächstes<br />

Mal kommt es besser, gib dem Jungen eine Chance. Und bald<br />

merkst du, wie du ihm selber hilfst, damit er wieder auf die richtige<br />

Spur kommt.. Das Tollste dabei ist, daß die gesamte Begleitung die<br />

ganze Zeit, wo du selber spielst und richtig loslegst, dir in<br />

Gedanken aufblitzt, als wärst du selbst deine Band. Du hörst die<br />

Grundtöne des Themas und führst deine Improvisationsidee aus,<br />

ohne dich auch nur ein einziges Mal zu verheddern, es kommt als<br />

eine gleichmäßige Sequenz raus, nichts kann dich verwirren” (ebd.<br />

74) (Übersetzungen aus Behr 1982, 196ff;)<br />

Solche positiven Erfahrungen machten anscheinend viele Jazzmusiker in den 20er<br />

und 30er Jahren. Sie diskutierten zusammen über ihre Erfahrungen und begannen<br />

Songs über Marihuana zu schreiben. Eine Zusammenstellung solcher ‚Reefersongs‘<br />

findet sich bei Pieper (Pieper, 1996). In Anslingers Nachlaß findet sich ein Artikel<br />

über Marihuana und Musiker, in welchem er sich kurz über Mezzrow‘s Buch ausläßt:<br />

Es verfälsche nicht nur ”die gefährliche Wirkung der Droge und glorifiziert das<br />

Marihuana-Rauchen und andere Arten des Drogenmißbrauchs, sondern es stinkt<br />

auch nach Dreck” (in Shapiro, 1988: 66). Nicht nur an dieser Aussage wird wieder<br />

deutlich, wie sehr sich hier unterschiedliche Lebensstile und Einstellungen und<br />

Werte gegenüberstanden. Doch der Jazz machte seinen Weg trotz aller Repressalien<br />

und Bedingungen, an die er sich anpassen mußte.<br />

Nach einer Stichprobe von 409 Jazzmusikern und einer Hochrechnung von Winick<br />

hatten 82% der ca. 30 000 New Yorker Jazzmusiker schon einmal Marihuana<br />

probiert, 54 % waren gelegentliche Konsumenten und 23 % rauchten regelmäßig<br />

(Winick, 1959) - was natürlich zu Konflikten führen mußte. Welcher der<br />

Jazzmusiker/Innen will denn öffentlich seine Kreativität und seine Musik auf<br />

Cannabiswirkungen reduzieren lassen? Diese Gefahr wurde auch von den<br />

Musikergewerkschaften gesehen, und auch Zeitschriften, wie der ”Downbeat” oder<br />

der englische ”Melody Maker” wiesen in den 30er Jahren darauf hin, daß die<br />

Verbindung von Drogen, Jazz und Kreativität zu einem brisanten Zündstoff für die<br />

allgemeine Akzeptanz dieser modernen Musik werden könnte. Nach anfänglichem<br />

Zögern riefen sie sogar dazu auf, daß solche Musiker aus der amerikanischen<br />

Musikergewerkschaft (AFM) herausgeworfen werden sollten (vgl. Shapiro, 1988: 62<br />

ff).<br />

Piel berichtete 1943 <strong>im</strong> ‚Life‘ Magazin, daß unter Cannabiseinfluß der<br />

Swingmusiker neue Höhepunkte seiner Virtuosität erreicht (in Aldrich, 1944: 431).<br />

62

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