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Veränderte Musikwahrnehmung durch Tetra-Hydro-Cannabinol im ...

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Kapitel 2: Sozialpharmakologische Perspektiven von Cannabis und Musik ...<br />

In einem solchen Prozeß entwickeln sich Referenzsysteme, die als<br />

Bewertungsgrundlage für die Qualität der eigenen und die Handlungen der anderen<br />

dienen, es entwickeln sich Erfahrungsprofile mit der auf diesem Wege selbst<br />

konstruierten Realität (Kelly, 1955). Es sind individuelle Erfahrungen und<br />

Entwicklungen, welche in der Innenwelt der Person stattfinden und einen Einfluß<br />

auf die Werthaltungen der Person ausüben, eine Perspektivveränderung bewirken<br />

und zu einer Überzeugung werden.<br />

Die Frage ”Are you experienced?” stellte auch den Titel für die Debüt-LP der J<strong>im</strong>i<br />

Hendrix Experience und verwies auf ein solches mentales Milieu, welches die<br />

Aufbruchsst<strong>im</strong>mung der 60er Jahre kennzeichnete, in welcher Cannabis sich in der<br />

Popkultur etablierte. Der Joint und die Hanfpflanze wurden dabei zu einer Art<br />

Symbol der ‚Counterculture‘ für die Selbsterfahrung (Hollstein, 1981). Der noch<br />

von den Existentialisten geprägte handlungsbezogene, situationsethische<br />

Relativismus, ließ die ‚Blumenkinder‘ der 60er Jahre <strong>im</strong> Sinne Rousseaus‘ allein die<br />

persönliche Erfahrung <strong>im</strong> Umgang mit den Dingen, der Natur und den Menschen<br />

(Rousseau, 1762) anerkennen. Ein Verstehen und Nachvollzug wäre nur dem<br />

möglich, der in einer ähnlichen Situation war und ähnliche Erfahrungen und<br />

Erkenntnisse machte (Wilson, 1988). Daß schon der Begriff des ‚Joint‘ den Aspekt<br />

des gemeinsamen Erlebens meint, umschrieben bereits die Jazzer der 30er Jahre und<br />

insbesondere dann die Folk- und Protestsänger der frühen 60er Jahre (vgl. 2.2; 2.3.3<br />

oben). Eine Erfahrung a posteriori zu haben, bedeutete mehr, als einen erlernten<br />

Inhalt a priori zu kognizieren, reproduzieren oder zu repetieren, denn bei der<br />

Erfahrung geht das ‚Probieren über das Studieren‘, es geht um die eigene Erfahrung<br />

(Baker, 1999). Die Sinnlichkeit der Kultur vermittelt sich über die Sinne als eine<br />

individuelle Erfahrung, und der erfahrende, “pathische Leib” (Buytendijk, 1967)<br />

läßt gesellschaftliche und persönliche Realität sinnlich erfahren und erleben.<br />

So können Situationen entstehen, die dem Berauschten ‚etwas zu sagen‘ haben,<br />

einen veränderten Bewußtseinszustand kennzeichnen, die dem ‚Angetörnten‘ eine<br />

persönlich evidente Grenzerfahrung vermitteln (vgl. Boyd, 1992) und einen<br />

nachhaltigen Einfluß auf die Persönlichkeitsentwicklung haben (Doblin, 1998; Grof,<br />

1983; Leary et al., 1964; Leuner, 1981; Rätsch, 1992b). Wobei dies geschieht,<br />

hängt u.a. von dem Lifestyle und den Vorlieben der Person ab. Die psychoaktive<br />

Wirkung des Hanf ist aber nicht die Erfahrung selbst. Der Hanf ist nicht der<br />

alleinige Auslöser dieser psychonautischen Prozesse, sondern agiert scheinbar als<br />

ein ”aktives Placebo”, wie Andrew Weil in seinen Buch über das erweiterte<br />

Bewußtsein resümierte (Weil, 1998: 96). Cannabis agiert hier als ein Vergrößerer<br />

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