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Veränderte Musikwahrnehmung durch Tetra-Hydro-Cannabinol im ...

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Kapitel 2: Sozialpharmakologische Perspektiven von Cannabis und Musik ...<br />

und 19. Jahrhundert eben keine Aufnahmetechnik, die den Moment der Musik<br />

einfangen konnte, also hatte der Komponist kaum eine andere Wahl, seine Arbeit<br />

zu dokumentieren, als eben <strong>durch</strong> die Notation und Aufführung der schriftlich<br />

niedergelegten Komposition. So war die Aufführungspraxis für den ‚bürgerlichen‘<br />

Musikkonsumenten bei oberflächlicher Betrachtung eine Angelegenheit, welche<br />

über das Abspielen der Noten auf dem Blatt nicht hinauszugehen schien.<br />

Behrendt schreibt weiter – und hier möchte ich den Faden des oben angeführten<br />

Zitates von Dr. Munch wieder aufgreifen:<br />

”Der Jazz unterscheidet sich von der europäischen Musik <strong>durch</strong><br />

drei Grundelemente:<br />

1.) <strong>durch</strong> ein besonderes Verhältnis zur Zeit, das mit dem Wort<br />

‚Swing‘ gekennzeichnet wird,<br />

2.) <strong>durch</strong> eine Spontaneität und Vitalität der musikalischen<br />

Produktion, in der die Improvisation eine Rolle spielt,<br />

3.) <strong>durch</strong> eine Tonbildung bzw. Phrasierungsweise, in der sich die<br />

Individualität des spielenden Jazzmusikers spiegelt.<br />

Diese drei Grundelemente schaffen ein neuartiges<br />

Spannungsverhältnis, in dem es nicht mehr – wie in der klassischen<br />

Musik – auf große Spannungsbögen, sondern auf eine Fülle<br />

kleiner, Intensität schaffender Spannungselemente ankommt, die<br />

aufgebaut und wieder abgebaut werden.” (Behrendt, 1974: 170).<br />

Im Sinne dieser Arbeit möchte ich hier kommentieren:<br />

Zu 1.) Cannabis veränderte, wie wir von Musikern bisher mehrfach lesen konnten<br />

die Zeitwahrnehmung des Musikers, er konnte ‚zwischen der ersten und zweiten<br />

Note doppelt so viel Musik unterbringen und rhythmisch besser variieren‘ (vgl.<br />

Zitat Munch oben)<br />

Zu 2.) Spontaneität und Vitalität wurde <strong>durch</strong> die euphorisierenden und<br />

Selbstvertrauen stärkenden Eigenschaften der Cannabiswirkungen unterstützt. Die<br />

Improvisation vitalisiert sich <strong>durch</strong> einen vorausschauenden Ideenfluß welcher,<br />

<strong>durch</strong> ein inneres ‚Voraussehen‘ der musikalischen Entwicklungsmöglichkeiten und<br />

<strong>durch</strong> koinzidente, kairologische Entscheidung für einen individuellen Ideenstrang<br />

<strong>im</strong> Zustand eines veränderten Zeitempfindens ‚überschaubarer‘ wird.<br />

Zu 3.) Individualität und Intensität einer Performance wird auch <strong>durch</strong> die<br />

emotionale Gest<strong>im</strong>mtheit des Musikers erzeugt, welcher sich von Hemmungen<br />

pharmakologisch ‚gestützt‘ befreit und <strong>durch</strong> die Interaktion der<br />

Cannabiswirkungen <strong>im</strong> L<strong>im</strong>bischen System – wie wir später noch sehen werden -<br />

eine spezifisch individuelle Sensitivität für emotionale Intensitätsmomente erlangt<br />

(vgl. Abschnitte 3.1; 7 unten).<br />

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