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Veränderte Musikwahrnehmung durch Tetra-Hydro-Cannabinol im ...

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Kapitel 3: Exper<strong>im</strong>entelle Untersuchungen mit Cannabis ...<br />

umgekehrt proportionale Intensivierung der Zeitwahrnehmung <strong>im</strong> Sinne einer<br />

Verlangsamung der Zeit erscheint die bewußtseinsbezogene Präsenz der<br />

Sinnesreizung intensiviert und die Gegenwart erweitert. Durch die innere<br />

Erlebnisfülle werden Minuten dabei sprichwörtlich zu Stunden. Eine mögliche<br />

Erklärung für die Zeitüberschätzung wäre die rasche Folge von Gedanken und<br />

Eindrücken bei verminderter Gedächtnisfunktion, da ja die Zeit aufgrund sukzessiver<br />

geistiger Eindrücke geschätzt wird. Das Gedächtnis bietet einen Zugriff auf bereits<br />

angeeignete und noch zu erlernende Strukturen. Die hippocampalen<br />

Gedächtnisfunktionen werden <strong>durch</strong> die dort gefundenen größeren Ansammlungen<br />

von Cannabinoidrezeptoren stark angeregt (Emrich, 1996), mit dem bekannten<br />

Effekt, daß <strong>durch</strong> die gesteigerte Zugriffsmöglichkeit auf Gedächtnis- und<br />

Assoziationsinhalte (Schwächung der Zensurfunktionen?) die bewußt verarbeiteten<br />

Inhalte schneller wieder aus dem ‘erweiterten’ Bewußtsein für Inhalte herausfallen.<br />

Darauf soll in Abschnitt 3.3.2 unten noch intensiver eingegangen werden.<br />

3.2.4 Bedeutung für die Musikproduktion<br />

Dies würde bedeuten, daß bei der Musikproduktion innerhalb der Improvisation ein<br />

größerer subjektiver Freiraum entsteht, um auf die <strong>im</strong> Zeitverlauf eintretenden<br />

Entscheidungsprozesse eingehen zu können und mögliche beobachtete<br />

Nebenstränge der spontanen Musikentwicklung wieder zu vergessen, sie also weder<br />

‚festhalten‘ zu wollen noch zu können. Improvisation erfordert <strong>im</strong>mer ein flexibles<br />

Reagieren <strong>im</strong> Hier und Jetzt auf entstehende musikalische Inhalte und Muster,<br />

erfordert ein vorausgreifendes Erahnen oder Voraussehen der Musikentwicklung und<br />

verlangt vom Musiker eine koinzidente Handlungsentscheidung über die zu<br />

erwartenden und auszuführenden Musikbewegungen. Dank der zeitlichen Dehnung<br />

der Wahrnehmung <strong>durch</strong> Cannabis können sich hier Vorteile für die musikalische<br />

Improvisation ergeben.<br />

Ob das der Grund ist, wieso sich gerade Musiker aus der Jazztradition gerne für ihr<br />

<strong>im</strong>provisiertes Spiel <strong>durch</strong> Cannabis st<strong>im</strong>ulier(t)en (vgl. 2.3.3.3 oben)? Vielleicht<br />

hat ja die Auswirkung von Cannabis auf die <strong>Musikwahrnehmung</strong> und -produktion<br />

dazu geführt, eine Musik zu bevorzugen und zu produzieren, die das rhythmische<br />

Element der Musik in den Vordergrund stellt, weil sich gerade darin die zeitliche<br />

Organisation und Bewegungsgestalt der <strong>im</strong>provisierten Musik innerlich<br />

vorausgreifend am besten ‘überschauen’ läßt.<br />

Wenn sich zeitliche Wahrnehmungsstrukturen unter Cannabis ausweiten, d.h. die<br />

chronologisch verlaufende Zeit <strong>im</strong> persönlichen, kairologischen Sinne als<br />

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