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5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA

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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />

Basiskompetenzen: Konfliktfähigkeit wird wichtiger<br />

Die mit Basis- oder Kernkompetenzen in der Sozialisationsforschung umschriebenen Persönlichkeitsbestandteile<br />

beziehen sich <strong>auf</strong> elementare Sozialformen, die in frühkindlichen<br />

Phasen der Biografie angeeignet werden und sich durch eine besondere Beständigkeit auszeichnen.<br />

Die im Zweiten (deutschen) <strong>Familienbericht</strong> formulierten „Leitideen familiärer<br />

Sozialisation” können auch in Österreich als gültig angesehen werden. Dabei handelt es<br />

sich um: 1) Gewissensbildung, die moralische Selbstkontrolle ermöglicht, aber nicht zur<br />

Sturheit führt; 2) Intelligenzförderung, die eine sachgerechte und selbstständige Lösung<br />

von Aufgaben gewährleistet; 3) Leistungsmotivation, die inhaltlich bedeutsame und sozial<br />

legitimierte Gütemaßstäbe als Handlungsanreize anerkennt, ohne <strong>auf</strong> „Leistung an und für<br />

sich” fixiert zu sein; 4) Empathie und Solidarität, d. h. Bereitschaft und Fähigkeit, Bedürfnisse<br />

und Interessen anderer wahrzunehmen und sie umso mehr zu berücksichtigen, je<br />

schwächer der andere ist; 5) Konfliktbewältigung, die den Charakter einer Lösung der Probleme<br />

hat und nicht nur verdrängt oder gewaltsam Hindernisse beseitigen will (S. 285).<br />

Ein zentraler Punkt der im Familienrahmen herzustellenden Sozialcharaktere betrifft die<br />

Konfliktfähigkeit bzw. die Erlernung von Konfliktlösungsmustern (Belch/Belch/Scilimpaglia<br />

1980, Spiro 1983, Lamnek/Ottermann 2006). Damit fällt den Familien eine Schlüsselfunktion<br />

zu: Von ihren Erziehungs- und Interaktionsstilen hängt es zu einem beträchtlichen Teil<br />

ab, welches Maß an Gewaltbereitschaft in einer Gesellschaft besteht. Die Entwicklung von<br />

Konfliktfähigkeit wird durch die Existenz von Geschwistern im Familienverband erleichtert.<br />

Tatsächlich stellen Geschwister eine Art „Entwicklungsressource” dar (Alt 2005: 63).<br />

Sprachverhalten: Gemeinsame Familienaktivitäten wichtig<br />

Die Familie ist die erste Instanz, in der das Kind in das komplette Regelwerk der Sprache<br />

eingeführt wird (von der Hagen-Demszky 2006: 54). In der Sprachsozialisation geht es um<br />

die Erlernung von Syntax, Semantik und Pragmatik von Sprache, also die Ausbildung von<br />

primärer Sprachkompetenz (Chomsky 1986). In diesem Sinn ist der Spracherwerb ein zentrales<br />

Element der allgem<strong>einen</strong> Sozialisation, an der Familien <strong>einen</strong> maßgeblichen Anteil<br />

haben. Nach Ochs und Schieffelin heißt dies, dass der Prozess des Spracherwerbs in diesen<br />

Lebensjahren weitgehend mit der Persönlichkeitsentwicklung identisch ist. Die Sprachsozialisation<br />

hat tatsächlich <strong>einen</strong> lebensschicksalhaften Charakter, weil sie auch in einer Gesellschaft<br />

mit weitgehend eingeebneten Klassengegensätzen als bedeutender Statusallokator<br />

fungiert. Für den Aufbau kommunikativer Kompetenzen kommt es entscheidend <strong>auf</strong><br />

die Ausbildung einer familialen Binnenkultur („intimate culture”) an. Nach systematischen<br />

Beobachtungen spielen gemeinsamen Familienaktivitäten eine bedeutsame Rolle, darunter<br />

besonders auch die gemeinsamen Mahlzeiten, die verdichtete Kommunikationen darstellen,<br />

mittels derer Kinder Informationen über die Welt der Erwachsenen erfahren und sich<br />

darüber ein Bild machen können (vgl. Snow/Dickinson/Tabors 1991; Paugh 2005: Larson/<br />

Branscomb/Wiley 2006, Lange 2007: 45 f., vgl. Kap. 3).<br />

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