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5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA

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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />

Misshandlungen<br />

In Österreich – wie auch in den anderen Ländern der Vergleichsstudie – ist trotz aller Erfolge<br />

ein nach wie vor zu hoher Anteil familialer Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu<br />

verzeichnen. Denn die gegenwärtige Situation bedeutet, dass diese Kinder im Unterschied<br />

zur Mehrheit immer wieder schwere Körperstrafen wie eine „Tracht Prügel” erleiden, wahrscheinlich<br />

für viele zumindest Vorformen von Misshandlungen. So berichteten 8 % der Jugendlichen<br />

und 10 % der Eltern, dass sie <strong>einen</strong> konkreten Verdacht hatten, ein Kind wäre<br />

in ihrem sozialen Umfeld Misshandlungen ausgesetzt. Dies bedeutet für Österreich, etwa<br />

150 000 Kinder und Jugendliche wurden im L<strong>auf</strong>e ihrer Erziehung mindestens einmal Opfer<br />

von Misshandlung. Hierbei dürfte es sich allerdings um eine Unterschätzung handeln, da<br />

Jugendliche (14 %) und Eltern (18 %) aus gewaltbelasteten Familien beinahe doppelt so<br />

häufig <strong>einen</strong> solchen Verdacht in ihrem sozialen Umfeld äußerten. Diese Familien dürften<br />

oft in einer Umgebung leben, in der derartige Fälle gehäuft <strong>auf</strong>treten.<br />

Psychische Gewalt<br />

Viele Kinder und Jugendliche sind auch Opfer von Formen psychischer Gewalt. Die betroffenen<br />

Jugendlichen sch<strong>einen</strong> für diese Form der nicht-körperlichen Gewalt besonders sensibilisiert.<br />

So geben knapp 60 % der jungen Befragten an, von ihren Eltern angebrüllt, 55 %<br />

beleidigt und beschimpft worden zu sein, und fast die Hälfte (48 %) berichtete darüber,<br />

dass die Eltern länger nicht mehr mit ihnen gesprochen haben. Allerdings widerlegen die<br />

Ergebnisse die „Ausweichthese”, wonach Eltern <strong>auf</strong> andere Sanktionen, insbesondere psychische<br />

Formen von Gewalt ausweichen. Vielmehr verwenden gewaltbelastete Eltern überdurchschnittlich<br />

häufig Verbotssanktionen wie „Taschengeldkürzung” oder „Fernsehverbot”.<br />

Dagegen kommen Eltern, die eine körperstrafenfreie Erziehung umsetzen, auch mit sehr<br />

viel weniger psychischen Formen von Gewalt und von Verboten aus. Körperliche Gewalt in<br />

der Erziehung ist daher Ausdruck eines insgesamt repressiven Erziehungsstils – wer viel<br />

schlägt, sanktioniert generell viel.<br />

Migrationshintergrund<br />

Es ist ein Vorurteil, dass für Eltern mit Migrationshintergrund Gewalt eher typisch sei. Unter<br />

diesen Eltern befindet sich mit 38 % sogar der höchste Anteil körperstrafenfrei Erziehender,<br />

während ihr Anteil an gewaltbelasteten Eltern mit 18 % kaum über dem der einheimischen<br />

Eltern (14 %) liegt. Eine Differenzierung der Elterngruppen nach Ethnien zeigt, dass<br />

Eltern mit einem osteuropäischen Migrationshintergrund in der körperstrafenfreien Gruppe<br />

mit knapp 49 % am stärksten vertreten sind. In der gewaltbelasteten Gruppe liegen sie mit<br />

13 % beinahe mit den österreichischen Eltern gleich<strong>auf</strong>. Dies dürfte <strong>auf</strong> den hohen Anteil<br />

osteuropäischer Eltern mit hohem Schulabschluss zurückzuführen sein. Demgegenüber ist<br />

der Anteil gewaltbelasteter Eltern aus der Türkei (20 %) bzw. aus dem ehemaligen Jugoslawien<br />

(21 %) deutlich höher. Die Resultate zeigen, dass 36 % der Eltern, die zu Hause<br />

nur türkisch sprechen, <strong>einen</strong> gewaltbelasteten Erziehungsstil verfolgen. Dies ist mehr als<br />

doppelt so hoch wie der österreichische Durchschnitt (14 %). Dagegen wenden Eltern türkischer<br />

Herkunft, die Zuhause auch <strong>auf</strong> Deutsch kommunizieren, alle Körperstrafen deutlich<br />

seltener an als diejenigen, die ausschließlich ihre Muttersprache benutzen. Ein hoher<br />

Anteil von ihnen verzichtet <strong>auf</strong> Körperstrafen, 38 % erziehen gewaltfrei, mehr als im österreichischen<br />

Durchschnitt (30 %). Die Gewaltbelastung hängt daher entscheidend von einer<br />

gelungenen – in der Studie anhand der Sprachkompetenz erhobenen – Integration ab.<br />

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