5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
Familie im öffentlichen Diskurs 3<br />
Die öffentliche und mediale Diskussion von Familie bestimmt Sichtweisen und<br />
Wahrnehmungen. Deshalb ist es wichtig, Diskurse über Familie zu analysieren<br />
und zu hinterfragen.<br />
„Familie” ist ein kulturspezifisches, diskursiv geprägtes und kommunikativ von unterschiedlichen<br />
Akteuren (z B. Parteien, weltanschaulichen Gruppierungen, Konfessionen,<br />
Wissenschaften) immer wieder neu herzustellendes Sinnkonstrukt. Es ist daher von Interesse,<br />
welche Rhetoriken den Diskurs bestimmen – und wie sich der Umgang mit Themen<br />
im vergangenen Jahrzehnt geändert hat. Nach den Beobachtungen von Familienforscher/<br />
-innen ringen unterschiedliche Diskurspositionen um die Durchsetzung der von ihnen transportierten<br />
Bedeutung von Familie und Familienleben. Sie sind als Mittel der Herstellung<br />
sozialer Realität zu begreifen. Diskurs- und rhetoriktheoretisch betrachtet stellen amtliche,<br />
statistisch-demografische Daten sowie quantitative und qualitative Ergebnisse empirischer<br />
Studien nicht einfach ein Abbild von Wirklichkeit dar, sondern sie können als Mechanismen<br />
der Normierung und Normalisierung wirken (Hartmann <strong>2009</strong>).<br />
Definitionen von Familie: Wichtig für Anerkennung und Selbstverständnis<br />
Dreh- und Angelpunkt der Familiendiskurse und -rhetoriken, aber auch der Familienwissenschaften<br />
ist die Frage der Definition von Familie. Definitionen von Familie sowie damit<br />
in Zusammenhang stehende Familienbilder (Cyprian 2003, Lüscher 1997) haben Konsequenzen.<br />
Sie bestimmen über die rechtliche, soziale und materielle Anerkennung privater<br />
Lebensformen mit. Sie gehen aber auch in das Selbstverständnis der Akteure in Familien<br />
ein.<br />
In der gegenwärtigen öffentlichen Diskussionslandschaft lassen sich drei grundlegende<br />
Positionen dessen ausmachen, was Familie ist bzw. sein soll (Schneider 2008).<br />
Ein erster, traditionellen Vorstellungen – insbesondere der katholischen Soziallehre – folgender<br />
Definitionsansatz ist um die Ehe zentriert. Familie ist demgemäß nur dort, wo ein<br />
Ehepaar mit oder ohne Kinder(n) in einem Haushalt zusammenlebt.<br />
In einer zweiten Position wird Familie primär als Verantwortungsgemeinschaft zwischen<br />
Eltern und Kinder <strong>auf</strong>gefasst: Familie ist da, wo Kinder sind.<br />
Eine dritte Sichtweise baut <strong>auf</strong> Solidarbeziehungen <strong>auf</strong>: Familie ist demgemäß auch dann<br />
vorhanden, wenn keine Kinder da sind. Entscheidend sind die von den involvierten Akteuren<br />
als familial interpretierten Beziehungen.<br />
Der Duktus des Diskurses über Familie ist seit Jahrzehnten in den deutschsprachigen Ländern<br />
über weite Strecken normativ, zumeist negativ wertend oder aber unrealistisch überhöhend,<br />
oftmals kulturkritisch eingefärbt und positional, so die Familienforscher/-innen.<br />
Äußerungen zur Lage der Familie(n) erfolgen in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle<br />
3<br />
Aus Band I, Familie im Spiegel öffentlicher und privater Diskurse – Bausteine für familienrhetorische Betrachtungen,<br />
Andreas Lange und Renate Kränzl-Nagl.<br />
21