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5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA

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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />

Medien: TV-Lebensmodell und Familienrealität<br />

Mediensoziologische Publikationen der letzten Jahre verweisen <strong>auf</strong> Wirksamkeit medialer<br />

Diskurse über Familie bzw. familienbezogene Themen. Eine tragende Funktion kommt dabei<br />

quantifizierenden Ziffern zu (z. B. Scheidungszahlen). Zahlen sind Sinnbild von Objektivität<br />

und Neutralität (Heintz 2007), was auch am Beispiel der Debatten um die österreichischen<br />

PISA-Ergebnisse deutlich wurde: Ein bestimmter Punktwert, ein bestimmtes Ranking legt<br />

scheinbar öffentlichen Handlungsbedarf nahe.<br />

Eine weitere Problemdimension eröffnen fiktionale Angebote: Insbesondere Familienserien<br />

transportieren eine Reihe von Bildern, Vorstellungen und Stereotypen und entwickeln sich<br />

in enger Bindung an den „Zeitgeist” (Mikos 1996, Schäffer 2007). Die Arbeit von Hannover<br />

und Birkenstock (2005), die ihr Ergebnis als „Multitasking-begabte Powerfrauen und einsame<br />

Wölfe” umschreiben, verweist dar<strong>auf</strong>, dass die medial transportierten Bilder des deutschen<br />

Fernsehens, das auch in einer Vielzahl österreichischer Haushalte empfangen wird,<br />

trotz der angedeuteten Themenvielfalt nur sehr bedingt mit der Realität realer Familien<br />

zu tun haben. Das vorherrschende TV-Lebensmodell ist das großstädtische Singledasein;<br />

klassische Familien mit Kindern kommen seltener vor. Das Familienbild wird stattdessen<br />

geprägt von weitverzweigten Großfamilien in den Serien, von alleinerziehenden und multitasking-begabten<br />

Power-Frauen im Fernsehfilm und von melancholischen einsamen Wölfen<br />

und Wölfinnen im Krimi. Im Gegensatz dazu machen in den informationsbezogenen Programmen<br />

familienpolitische Meldungen und Themen nicht einmal ein Prozent aller Beiträge<br />

aus.<br />

„Super Nanny” <strong>auf</strong> dem Prüfstand<br />

Der Erfolg der TV-Serie „Super-Nanny” in Österreich ist als ein wichtiges Beispiel für<br />

die Notwendigkeit einer differenzierten inhaltlichen und formalen Analyse anzuführen<br />

(Grimm 2006). Eine Inhaltsanalyse, eine quantitative und qualitative Interviewstudie sowie<br />

Tiefeninterviews und Gruppendiskussionen mit Fernseh-Nannys, Erziehungsprofis,<br />

Durchschnittszuseher/-innen und Teilnehmerfamilien ergaben zum <strong>einen</strong> das oftmals in<br />

kulturpessimistischen Klagen übersehene Potenzial dieses Sendungsformats, gleichzeitig<br />

aber auch dessen kritischen Momente. Der von den Nannys propagierte Erziehungsstil ist<br />

insgesamt eher als „demokratisch” zu bezeichnen. Sequenzen mit Beratungsleistungen der<br />

Nanny-Personen weisen im Durchschnitt aller Sendungen fast dreimal so viele Empfehlungen<br />

<strong>auf</strong>, die mit Aushandeln unter starker Berücksichtigung der Kinderrechte umschrieben<br />

werden können, als Ratschläge, die <strong>auf</strong> die einseitige Durchsetzung eines „höheren” Elternstandpunkts<br />

zielen. Strafmaßnahmen und andere Aktionen mit „autoritärer” Tendenz<br />

werden zwar ebenfalls in manchen Situationen vorgeschlagen, jedoch in geringerem Maße<br />

und mit grundsätzlich anderer Stoßrichtung als bei den beratungsbedürftigen Eltern. Einerseits<br />

problematisieren die Nannys Laissez-faire, Interesse- und Lieblosigkeit dem Kind<br />

gegenüber; andererseits stärken sie durchsetzungsschwachen Eltern den Rücken. Dabei<br />

lehnen alle TV-Nannys grundsätzlich die Anwendung von Gewalt als Erziehungsmittel ab.<br />

Sie vertreten demokratische Erziehungswerte weit mehr, als es der Elternpraxis entspricht.<br />

Die inhaltsanalytischen Befunde lassen daher die Schlussfolgerung zu, dass die wahrscheinlichste<br />

Wirkungsrichtung der Super Nanny-Sendungen in Sachen Erziehung in einer<br />

Stärkung demokratischer Grundüberzeugungen besteht. Es kann daher keine Rede davon<br />

sein, dass das Nanny-TV kindabträgliche oder gar menschenverachtende Verhaltensweisen<br />

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