5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
Das Zweite Gewaltschutzgesetz<br />
Das am 1. Juni <strong>2009</strong> in Kraft getretene Zweite Gewaltschutzgesetz brachte sowohl eine<br />
Verbesserung des Gewaltschutzes als auch eine umfassendere Unterstützung von Gewaltopfern.<br />
Eine wesentliche Neuerung besteht in der Einführung eines Straftatbestandes,<br />
der Gewaltakte, die über längere Zeit hinweg gegen eine Person gesetzt werden, als „fortgesetzte<br />
Gewaltausübung” erfasst und mit erhöhten Strafen bedroht. Mit diesem neuen<br />
Straftatbestand reagierte der Gesetzgeber dar<strong>auf</strong>, dass Gewalt in Beziehungen häufig nicht<br />
als singulärer Übergriff erfolgt, sondern über längere Zeiträume hinweg andauert.<br />
Eine weitere Neuerung betrifft die Verlängerung der Dauer eines Betretungsverbotes <strong>auf</strong><br />
zwei Wochen bzw. im Fall der Einbringung einer Einstweiligen Verfügung <strong>auf</strong> vier Wochen<br />
(s. o.). In Zusammenhang mit Einstweiligen Verfügungen erfolgten noch andere Adaptierungen:<br />
Nunmehr wird zwischen einem Schutz vor Gewalt in Wohnungen, einem allgem<strong>einen</strong><br />
Schutz vor Gewalt und einem Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre differenziert.<br />
Bei Einstweiligen Verfügungen, die den Wohnbereich betreffen, wurde die Schutzdauer <strong>auf</strong><br />
sechs Monate verlängert; ein Zusammentreffen und eine Kontakt<strong>auf</strong>nahme außerhalb des<br />
Wohnbereichs kann mit einer längstens für ein Jahr geltenden Einstweiligen Verfügung<br />
untersagt werden.<br />
Zudem wurde mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz der Opferschutz im Zivilverfahren ausgebaut<br />
– dies durch die Möglichkeit der schonenden Einvernahme des Opfers an einem<br />
abgesonderten Ort sowie des Verzichts <strong>auf</strong> die Vernehmung minderjähriger Parteien oder<br />
Zeug/-innen und die mögliche Geheimhaltung der Wohnanschrift des Opfers. Die finanzielle<br />
Opferhilfe wurde durch eine Ergänzung der Leistungen nach dem Verbrechensopfergesetz<br />
verbessert. Österreich wird für seine legistischen Maßnahmen zur Bekämpfung familiärer<br />
Gewalt immer wieder international Anerkennung gezollt.<br />
Erfolgreiche Praxis des Gewaltschutzgesetzes<br />
Die mit dem Gewaltschutzgesetz etablierte Kooperation von Polizei und Interventionsstellen<br />
hat sich nach den Befunden der Forschung sehr bewährt: Durch die Polizeiintervention<br />
wird die Gewaltspirale zunächst unterbrochen. Die Betreuung von Seiten der Interventionsstellen<br />
bietet gewaltbetroffenen Frauen durch empowerment die Chance eines Ausstiegs<br />
aus der Gewaltbeziehung.<br />
Seit Inkrafttreten des Gesetzes ist die Zahl der Wegweisungen und Betretungsverbote fast<br />
jedes Jahr angestiegen (s.Tabelle). Die Wachstumsraten entwickelten sich zunächst langsam,<br />
dann aber mit einer stärkeren Dynamik: 2003 wurden erstmals mehr als 4 000 und<br />
2005 deutlich mehr als 5 000 solcher Maßnahmen verhängt. Vom Inkrafttreten des Gesetzes<br />
bis Jahresende 2008 sprach die Polizei im gesamten Bundesgebiet insgesamt mehr als<br />
52 000 Wegweisungen und Betretungsverbote aus. Parallel zur häufigeren Anwendung des<br />
Gewaltschutzgesetzes gingen Streitschlichtungen zurück: Bis 2001 erfolgten jährlich mehr<br />
als doppelt so viele Streitschlichtungen wie Maßnahmen nach dem Gewaltschutzgesetz,<br />
seither nehmen die Streitschlichtungen ab, und 2006 überwog erstmals die Zahl der Wegweisungen/Betretungsverbote.<br />
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