5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
Was die Fruchtbarkeit laut Familienforscher/-innen reduziert, ist offenbar eine Kombination<br />
von Modernisierung und einem eher traditional-familialistischem Leitbild. Eine immer<br />
bessere Qualifikation von Frauen, ihre immer stärkere Integration in den Arbeitsmarkt und<br />
ihre dadurch erweiterten Optionen bei der Gestaltung des eigenen Lebens vertragen sich<br />
offenbar schwer mit einer traditionalen Grundhaltung, die sich (z. B.) in der geringen Beteiligung<br />
von Männern an der Haushaltsarbeit sowie an der Kinderbetreuung und einer primär<br />
<strong>auf</strong> Transferzahlungen beruhenden Familienpolitik manifestiert. Nach wie vor ist gänzliche<br />
Kinderlosigkeit in Italien seltener als in den meisten anderen EU-Staaten. Aber zugleich<br />
gibt es eine wesentlich stärkere Konzentration <strong>auf</strong> ein oder höchstens zwei Kinder.<br />
Familienpolitik in Großbritannien<br />
Großbritannien bewegt sich in der Familienpolitik nicht im europäischen Mainstream. Familienpolitik<br />
entwickelte sich nur zögernd. Großbritannien hat auch kein Ministerium, das<br />
explizit für Familienangelegenheiten zuständig ist.<br />
Das britische Modell sieht Familie nach wie vor als Privatangelegenheit an und enthält<br />
vorwiegend Elemente von fiskalischer Umverteilung und der Vermeidung von Armut. Die<br />
finanziellen Transfers an Familien sind im Normalfall nicht hoch. Die Politik privilegiert kein<br />
bestimmtes Familienmodell, die Erwerbstätigkeit von Müttern wird nicht erschwert, aber<br />
auch nicht gefördert. Im Versuch einer allgem<strong>einen</strong> Typologisierung von Sozialpolitik wird<br />
sie als eine dem protestantisch liberalen Wohlfahrtstaat zugeordnete Politik bezeichnet<br />
(z. B. Strohmeier u. a. 2006). Die im Vergleich zu anderen europäischen Ländern geringeren<br />
Familienleistungen werden in der Regel „means tested” vergeben, d. h. sie sind an<br />
eine Bedürftigkeitsprüfung gebunden. Es gibt allerdings seit dem Zweiten Weltkrieg ein<br />
allgemeines staatliches Kindergeld. Dieses dient in erster Linie der materiellen Grundsicherung.<br />
Britische Sozialpolitik verfolgt bei staatlichen Transferzahlungen eher das Ziel, <strong>einen</strong><br />
Mindestbedarf zu decken und starke Armut zu vermeiden. Auch Familienpolitik ist in Großbritannien<br />
in erster Linie als Schutz für Bedürftige ausgelegt. Konsequenterweise erhalten<br />
in erster Linie Eltern mit niedrigem (Haushalts-) Einkommen und alleinerziehende Mütter<br />
staatliche Leistungen. In diesem System bleiben Familien, deren Einkommen oberhalb der<br />
Armutsgrenze liegt, gegenüber Kinderlosen benachteiligt. Dies hat eine hohe Erwerbsbeteiligung<br />
von Frauen zur Folge, weil sich in vielen Fällen nur so ein entsprechender Lebensunterhalt<br />
der Familie sicherstellen lässt.<br />
Familienpolitik in Finnland<br />
Obwohl Finnland häufig mit den anderen nordischen Ländern gemeinsam analysiert und<br />
einem „skandinavischen” (dänisch-schwedischen) Modell zugeordnet wird, hat das Land<br />
eigenständige Politiken entwickelt. Finnland hat nicht die Beeinflussung von Einwohnerzahl<br />
und Fertilität zum primären Ziel seiner Familienpolitik erhoben, sondern das Wohl<br />
der Kinder. Aus diesem Kontext leitet sich die Unterstützung der Eltern ab. Die Familienbeihilfe<br />
der KELA, einer Art Familienlastenausgleich, ist nach Kinderzahl gestaffelt und ab<br />
dem fünften Kind nahezu doppelt so hoch wie beim ersten. Alleinerzieher/-innen erhalten<br />
<strong>einen</strong> Zuschlag. Der Anspruch endet mit dem 17. Lebensjahr des Kindes. Im Übrigen gibt<br />
es eine Fülle von Detailregelungen sowohl für Mütter (z. B. bei gefährlicher Arbeit; wenn<br />
Mütter studieren) als auch für Väter, die im Einklang mit der Politik in anderen nordischen<br />
Länder finanziell ermutigt werden, <strong>einen</strong> Teil der Sorgepflichten zu übernehmen. Kinderbe-<br />
128