5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
bis 22 Prozentpunkte. 103 Ein Rechtsbeistand weist demnach <strong>auf</strong> mangelnde Kooperation<br />
hin. Auch die Dauer des Verfahrens – ebenfalls ein Indikator für mangelnde Kooperation –<br />
reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Obsorge beider Teile.<br />
Eine Scheidung am Bezirksgericht Wien-Favoriten hat im Vergleich zu einer Scheidung am<br />
Linzer Bezirksgericht eine um rund 20 Prozentpunkte geringere Wahrscheinlichkeit einer<br />
Obsorge beider Teile. In Kitzbühel hingegen ist diese Wahrscheinlichkeit etwa im selben<br />
Ausmaß höher – dies zeigt tendenziell das bekannte West-Ost- bzw. Land-Stadt-Gefälle.<br />
Besuchsregelungen: Mehr Besuchstage bei gemeinsamer Obsorge<br />
Die Analyse unterscheidet zwischen den Besuchsregelungen für einzelne Besuchstage<br />
und den Urlaubsbesuchstagen. Typischerweise finden sich im Durchschnitt 60 einzelne<br />
Besuchstage, die durchschnittliche Urlaubsdauer beträgt etwa zehn Tage. Eine Obsorge<br />
beider Teile erhöht die Anzahl der einzelnen Besuchstage um <strong>einen</strong> Monat im Jahr, das bedeutet<br />
eine Ausweitung um etwa 50 %. Die Obsorge beider Teile verstärkt also den Kontakt<br />
zwischen Besuchsberechtigtem und Kind wesentlich, was der Intention des Gesetzgebers<br />
entspricht.<br />
Im Allgem<strong>einen</strong> korrespondieren die Ergebnisse der empirischen Analyse weitgehend mit<br />
der Rechtslage. Vor allem wirken sich das Alter, der Informationsstand und die Kosten des<br />
Besuchs <strong>auf</strong> die Anzahl der vereinbarten Besuchstage aus.<br />
Kinder unter drei Jahren erhalten 14 bis 15 einzelne Besuchstage weniger im Jahr als die<br />
Basisgruppe der über 14-jährigen Kinder, für Kinder zwischen drei und sechs Jahren sind<br />
die einzelnen Besuchstage um zirka zehn pro Jahr geringer. Kein Unterschied zur Basisgruppe<br />
ergibt sich hingegen für Kinder zwischen sechs und 14 Jahren.<br />
Ein Anwalt/eine Anwältin des Besuchsberechtigten erhöht die Zahl der einzelnen Besuchstage<br />
um 13 bis 15 pro Jahr, ein Rechtsbeistand des Obsorgeberechtigten ist hingegen insignifikant.<br />
Wenn beide Elternteile <strong>einen</strong> Rechtsbeistand hinzuziehen, dann gleicht das den<br />
Effekt des Anwalts des Besuchsberechtigten wieder aus, d. h. es ändert sich nichts an den<br />
Besuchstagen.<br />
Unterhaltspflicht und frühere Ehen des Besuchsberechtigten sowie größere Entfernung zwischen<br />
den Wohnsitzen bewirken jeweils den Erwartungen entsprechend – höhere Kosten<br />
des Besuchs – eine Verringerung der einzelnen Besuchstage.<br />
Ein akademischer Grad des Besuchsberechtigten erhöht die Urlaubsbesuche um zirka fünf<br />
bis sechs Tage pro Jahr. Das Hinzuziehen eines Anwalts/einer Anwältin seitens des Besuchsberechtigten<br />
führt zu einer Erhöhung um knapp vier Urlaubsbesuchstage pro Jahr.<br />
Höhere Inanspruchnahme von Mediation<br />
Aus Sicht von Experten/-innen sollte eine höhere Inanspruchnahme von Mediation angestrebt<br />
werden. Durch den Druck zur einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG (Zeitund<br />
Kostenersparnis) könnte es verstärkt zu nachfolgenden Streitigkeiten über den Unterhalt,<br />
z. B. im Rahmen von Pflegschaftsverfahren, kommen. Der verstärkte Einsatz von<br />
Mediation ist ein Weg zur Vermeidung oder Reduzierung solcher Auseinandersetzungen,<br />
103<br />
Seit dem 1.1.2005 ist eine gemeinsame Rechtsvertretung nicht mehr möglich.<br />
173