5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
Familie und der soziale Wandel 6<br />
Vorspann: Welche Auswirkungen hat der soziale Wandel <strong>auf</strong> Familien? Die Befunde der<br />
Familienforschung zeigen: Familien sind nicht nur von sozialen Entwicklung betroffen, sie<br />
gestalten diese auch aktiv mit.<br />
Sozialer Wandel 7 ist ein komplexes Phänomen. Wissenschaftliche Erklärungsmodelle der<br />
gesellschaftlichen Entwicklung setzen unterschiedliche Akzente. Dies schlägt sich auch in<br />
der familienwissenschaftlichen Arbeit nieder.<br />
In den letzten beiden österreichischen <strong>Familienbericht</strong>en (1989, <strong>1999</strong>) wurde vor allem das<br />
Modernisierungstheorem zur Erklärung familialer Phänomene herangezogen. Insbesondere<br />
die Individualisierungsthese (Beck 1986, 1994, Friedrichs 1998) spielte zur Erklärung des<br />
Wandels von Ehe, Familie und Partnerschaft eine zentrale Rolle: Sie beschreibt den Übergang<br />
in die Moderne als Prozess der Freisetzung des Individuums aus ständischen Bindungen,<br />
verbindlichen Normen und Standards. Dadurch müssen vom Individuum selbst Definitions-<br />
und Konstruktionsleistungen von Familie erbracht werden. Somit erhöhen sich die<br />
Gestaltungsfreiräume, aber auch die Gestaltungszwänge (Beck/Beck-Gernsheim 1994).<br />
Im <strong>Familienbericht</strong> <strong>2009</strong> wird diese Perspektive um Erklärungsmodelle aus der Globalisierungsdebatte<br />
erweitert.<br />
Familie und Globalisierung: Mehr Leistungen für Familien in<br />
Österreich<br />
Mit Globalisierung 8 sind globale Entwicklungen gemeint, die sich im Bereich der Wirtschaftsund<br />
Finanzmärkte sowie dem inzwischen weltumspannenden Netzwerk der Kommunikations-<br />
und Informationstechnologien manifestieren (Bühl 2000) und die in viele Lebensbereiche<br />
der Menschen (Behrens 2007) – und damit auch in die Familie – hineinwirken.<br />
6<br />
Aus Band I, Sozialer Wandel: Auswirkungen und Herausforderungen für die Familie, Andreas Lange und Renate<br />
Kränzl-Nagl.<br />
7<br />
Der Begriff „Sozialer Wandel” (Social Change), der von William F. Ogburn (Ogburn 1922) geprägt wurde,<br />
bezeichnet qualitative und quantitative Veränderungen, denen Gesellschaften im Ganzen, gesellschaftliche<br />
Teilbereiche, kollektive und individuelle Wertorientierungen im Rahmen historischer, ökonomischer, politischer<br />
und sozialer Entwicklungen unterworfen sind. Nach Zapf (2006: 364) ist unter sozialem Wandel „die prozessuale<br />
Veränderung in der Sozialstruktur einer Gesellschaft in ihren grundlegenden Institutionen, Kulturmustern,<br />
zugehörigen Handlungen und Bewusstseinsinhalten zu verstehen”.<br />
8<br />
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Globalisierung ist breit angelegt, was sich in einer Vielzahl von<br />
Definitionen in verschiedenen Disziplinen mit ihren jeweiligen Akzentuierungen widerspiegelt. Innerhalb der<br />
Ökonomie wird unter Globalisierung die Internationalisierung der Wirtschaft und die Ausbreitung des Kapitalismus<br />
verstanden, die Politikwissenschaft fokussiert die Verdichtung zwischenstaatlicher Beziehungen und die<br />
Herausbildung einer globalen Politik bei gleichzeitiger nationalstaatlicher Schwächung (Souveränitätsverlust<br />
der Staaten bzw. De-Nationalisierung des Politischen), die Soziologie stellt die Vernetzung der Gesellschaften<br />
und das Entstehen einer Weltgesellschaft in den Mittelpunkt, und die Kulturanthropologie beschäftigt sich mit<br />
globaler Kommunikation und kultureller Vereinheitlichung. Auch innerhalb der Disziplinen, wie der Soziologie<br />
und den Politikwissenschaften, sind die Interpretationen vielfältig, welche Globalisierung entlang folgender Dimensionen<br />
beschreiben: Kompression von Raum und Zeit bei gleichzeitiger Entbindung des sozialen Handelns<br />
von Raum und Zeit, erhöhte Interdependenz, globale Integration, Neuordnung und Intensivierung interregionaler<br />
Beziehungen, ein neues Bewusstsein von Globalität (vgl. Beck 1997, Brock 2008, Giddens <strong>1999</strong>, Höffe<br />
<strong>1999</strong>, Albrow 1998, Osterhammel/Petersson 2004, Rehbein/Schwengel 2008). Zur kritischen Sicht <strong>auf</strong> Globalisierung<br />
siehe z. B. Altvater/Mahnkopf 2002, Goldsmith/Mander 2002, Hobuss 2001, Sachs 2002, Safranski<br />
2003, Stiglitz 2002.<br />
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