5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
treuungsgeld können Familien mit Kindern unter drei Jahren beziehen, sofern diese nicht<br />
in einer Betreuungseinrichtung untergebracht sind. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit,<br />
anstelle dieses Kinderbetreuungsgelds eine „Tagesmütterbeihilfe” zu beziehen. Dieser Sozialtransfer<br />
wird direkt an die Tagesmütter ausbezahlt. Diese Beihilfe macht etwas mehr als<br />
ein Drittel des Kinderbetreuungsgeldes aus. Eine Novelle zum Gesetz über die Tagesbetreuung<br />
von 1990 verpflichtet die Gemeinden, für gegebenen Bedarf der Familien mit Kindern<br />
unter drei Jahren entweder eine ausreichende Zahl von Plätzen in Betreuungseinrichtungen<br />
zur Verfügung zu stellen, oder für entsprechende Barleistungen zu sorgen. Der Anspruch<br />
<strong>auf</strong> institutionelle Kinderbetreuung bzw. <strong>auf</strong> eine entsprechende Transferleistung an eine<br />
Tagesmutter oder eine Barleistung wurde 1997 <strong>auf</strong> Eltern von Kindern im Vorschul alter<br />
(null bis sechs Jahre) ausgedehnt. In der Folge entschieden sich die meisten Gemeinden<br />
für die Transferzahlungen statt für die Einrichtung von Kinderkrippen und Kindergärten.<br />
Finnland erlebte Ende der 1980er und Anfang der 1990er eine schwere Wirtschaftskrise.<br />
Es scheint, dass schlecht qualifizierte junge finnische Frauen die Zeit der Arbeitslosigkeit<br />
nützten, um geplante Geburten vorzuziehen oder um Kinder zur Welt zu bringen, die unter<br />
günstigeren wirtschaftlichen Bedingungen möglicherweise gar nicht geplant worden wären.<br />
Das finnische Kinderbetreuungsgeld dürfte dazu ein massiver Anreiz gewesen sein. Dies<br />
zeigt: Die Wirkung von familienpolitischen Maßnahmen ist in nicht geringem Maß vom wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Kontext abhängig, in welchem sie gesetzt werden. Das<br />
erschwert die Planbarkeit und Einschätzbarkeit solcher Maßnahmen.<br />
Unterschiedliche Erwartungen an Familienpolitik<br />
Familienpolitik verfolgt stets mehrere Ziele. Je nach vorherrschenden gesellschaftspolitischen<br />
Vorstellungen werden diese Ziele unterschiedlich gewichtet. Damit gibt es immer<br />
Konkurrenz und mögliche trade-offs zwischen diesen Zielen. Zielsetzungen wie vor allem<br />
die Erhöhung der Kinderzahl lassen sich nur im Einklang mit den Wünschen, Bedürfnissen<br />
und Lebensorientierungen der jüngeren Erwachsenen, insbesondere der jüngeren Frauen<br />
realisieren. Zahlreiche Umfragen belegen: Die meisten jüngeren Erwachsenen wünschen<br />
sich eigene Kinder. Ein größerer Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen rechnet mit<br />
der Notwen digkeit, <strong>einen</strong> größeren Teil des Lebens erwerbstätig sein zu müssen. Angesichts<br />
der zunehmenden Verbreitung höherer Bildungsabschlüsse verbindet sich damit nicht bloß<br />
die ökonomische Notwendigkeit, für sich und die eigene Familie sorgen zu können, sondern<br />
auch ein wesentliches Moment der Selbstverwirklichung und der gesellschaftlichen Integration<br />
durch den eigenen Beruf. Für Männer ist dies weitgehend selbstverständlich, dies<br />
gilt aber in zunehmendem Maß für Frauen. Es gibt auch Frauen, die sich – so sie die Wahl<br />
haben – lieber um ihre Kinder kümmern, als voll berufstätig zu sein.<br />
Entsprechend unterschiedlich sind die Erwartungen an staatliche Familienpolitik. Dies belegen<br />
die Ergebnisse zweier Umfragen aus Deutschland und Frankreich, zwei Ländern mit<br />
deutlich verschiedenen familienpolitischen Konzeptionen. Gefragt wurde nach der Alternative<br />
mehr institutionelle Kinderbetreuung oder höhere Barzahlung für Eltern mit Kindern.<br />
In Frankreich sprach sich eine Mehrheit von 66 % der befragten Frauen für ein besseres<br />
Angebot an Kinderbetreuung aus. Immerhin 33 % votierten für erhöhte Barleistungen. In<br />
Deutschland wurden nur Frauen befragt, die nach der Geburt eines Kindes ihre berufliche<br />
Tätigkeit eingeschränkt oder <strong>auf</strong>gegeben hatten: Unter ihnen sprachen sich 71 % für mehr<br />
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