5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
Dies erhöht einerseits die Chancen einer individuellen Lebensgestaltung. Andererseits<br />
führen diese Gestaltungsspielräume nicht selten zu Verunsicherungen: Es mehrt sich der<br />
Zwang, sich ständig mit der eigenen Lebensgestaltung zu beschäftigen. Dies kann zu Belastungen<br />
führen, da dafür zum Teil noch keine neuen Traditionen existieren. Die Entscheidung<br />
für ein Kind bedeutet zudem nicht mehr, dass gleichzeitig auch geheiratet wird.<br />
Dies verweist dar<strong>auf</strong>, dass die gesellschaftliche Akzeptanz der nicht-ehelichen Lebensform<br />
gestiegen ist. Familie wird vor diesem Hintergrund nicht mehr durch ihre Form bestimmt,<br />
sondern durch ihren Inhalt: Wichtige Kriterien des (subjektiven) Selbstverständnisses von<br />
Familie sind die Qualität der Beziehungen und Interaktionen, das Gemeinschafts- bzw. Zugehörigkeitsgefühl<br />
sowie die Inszenierung von Familie („Doing Family”).<br />
Kein Verlust von Familienwerten<br />
Auf sozio-kultureller Ebene schreitet der Individualisierungstrend weiter voran. Darunter<br />
versteht die Wissenschaft nicht zunehmenden Egoismus oder Ich-Bezogenheit, sondern<br />
die – ambivalente – Zunahme an Gestaltungsfreiräumen und -freiheiten des Individuums.<br />
Der Durchsetzung des Prinzips der (persönlichen) Autonomie und Gestaltbarkeit des Lebens<br />
sind allerdings Grenzen gesetzt: Die Handlungsspielräume von Individuen sind nach<br />
wie vor von den in der Gesellschaft vorherrschenden rechtlichen, politischen, ökonomischen,<br />
sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen bestimmt. Unterschiedliche Bedürfnisse<br />
und Interessenlagen verschiedener Familienmitglieder müssen daher ausgehandelt<br />
und synchronisiert werden. Im Hinblick <strong>auf</strong> das Verhältnis der Geschlechter zeigt sich, dass<br />
sich die Position von Frauen in familialen Aushandlungsprozessen infolge der gestiegenen<br />
Bildungs- und Erwerbschancen von Frauen zwar gestärkt hat und sich seitens der Männer<br />
eine Öffnung hin zu Haushalt und Familie beobachten lässt, dies allerdings noch nicht in<br />
einem Ausmaß, das Frauen entlasten würde.<br />
Eine Vielzahl von Umfragedaten zeigt aber, dass enge soziale Bindungen nach wie vor eine<br />
zentrale Bedeutung in unserer Gesellschaften haben. „Familie und Kinder” bzw. „Partnerschaft”<br />
stehen nach wie vor an erster Stelle der als wichtig erachteten Lebensbereiche<br />
– noch vor Arbeit und Freizeit, wie z. B. die Verl<strong>auf</strong>sdaten des Österreichischen Sozialen<br />
Surveys (Haller 2005: 46) sowie der Europäischen Wertestudie (Friesl et al. <strong>2009</strong>) belegen.<br />
Der vielfach konstatierte Wertewandel bzw. gar der – häufig medial transportierte oder<br />
vormals prognostizierte – Werteverfall lässt sich <strong>auf</strong>grund der empirischen Datenlage in<br />
Bezug <strong>auf</strong> Familie nicht bestätigen.<br />
Dies ist kein österreichisches Spezifikum, sondern Familie stellt in allen europäischen Staaten<br />
<strong>einen</strong> von den Befragten durchwegs hochgeschätzten Wert dar (von Trotha 2008). Eine<br />
Veränderung lässt sich somit weniger an den universellen Werten festmachen, sondern an<br />
Institutionen, die sie verkörpern. Der Trend zur De-Institutionalisierung von Ehe lässt sich<br />
an sinkenden Eheschließungszahlen sowie der Zunahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften<br />
ablesen.<br />
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