5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
Alleinige oder hauptsächliche Obsorge: Jüngere Kinder bleiben bei<br />
Mutter<br />
Sowohl vor als auch nach dem KindRÄG 2001 (s. Kapitel Familie und Recht) verbleibt/<br />
verbleiben das Kind/die Kinder zu rund 90 % in der Wohnung der Mutter. Dies entspricht<br />
sowohl den gesellschaftlichen Verhältnissen (die Haupterziehungsarbeit leistet im Regelfall<br />
die Mutter), als auch der Intention des Gesetzgebers, nach der z. B. das soziale Umfeld<br />
des Kindes durch eine Scheidung möglichst wenig beeinträchtig werden soll (Kindergarten-<br />
oder Schulbesuch weiterhin am selben Ort). Bei Kindern unter 14 Jahren steigt die<br />
Wahrscheinlichkeit einer (hauptsächlichen) Obsorge der Frau um drei bis zwölf Prozentpunkte<br />
im Vergleich mit älteren Kindern – dies ist ein weiteres Ergebnis der Studie, das<br />
die ständige Rechtsprechung reflektiert, nach der vor allem jüngere Kinder (unabhängig<br />
vom Geschlecht) eher bei der Mutter verbleiben. Ist die Ex-Ehegattin auch noch Hausfrau,<br />
so erhöht das die Wahrscheinlichkeit einer hauptsächlichen Obsorge der Frau um drei bis<br />
18 Prozentpunkte.<br />
Deutlich wirkt sich auch hier ein verbesserter Informationsstand <strong>auf</strong> die relative Verhandlungsmacht<br />
der Eltern und somit <strong>auf</strong> die Wahrscheinlichkeit einer (hauptsächlichen) Obsorge<br />
der Frau aus: Zieht nur der Mann <strong>einen</strong> Rechtsbeistand hinzu, verringert sich diese<br />
Wahrscheinlichkeit um drei bis sieben Prozentpunkte, während ein Rechtsbeistand der Frau<br />
sie um zwei bis sieben Prozentpunkte erhöht. Diese beiden Effekte heben sich <strong>auf</strong>, wenn<br />
beide Elternteile eine Anwältin/<strong>einen</strong> Anwalt konsultieren. Frühere Ehen des Mannes erhöhen<br />
die Wahrscheinlichkeit, dass die Frau die (hauptsächliche) Obsorge bekommt, um zwei<br />
bis drei Prozentpunkte.<br />
Schließlich ist die Wahrscheinlichkeit einer (hauptsächlichen) Obsorge der Frau bei einer<br />
Scheidung in Wien-Favoriten um zwei bis fünf Prozentpunkte geringer als in Linz, während<br />
sie in Kufstein im Vergleich zu Linzer Scheidungen ein bis drei Prozentpunkte, in Kitzbühel<br />
zwei bis acht Prozentpunkte und in Hall zwei bis elf Prozentpunkte höher ist als in Linz. Diese<br />
Werte lassen ein West-Ost-Gefälle der (hauptsächlichen) Obsorge der Frau erkennen.<br />
Obsorge beider Teile: Mehr Kontakt zu Kindern<br />
Seit dem KindRÄG 2001 zeigt sich eine signifikant höhere Inanspruchnahme der Obsorge<br />
beider Elternteile. Vor diesem Gesetz war eine gemeinsame Obsorge nur in den äußerst<br />
seltenen Fällen möglich, in denen die Ex-Partner auch nach der Scheidung im gemeinsamen<br />
Haushalt verblieben. Die Studie zeigt, dass seit dem 1. Juli 2001 in rund 40 % der<br />
Fälle im Scheidungsvergleich eine Obsorge beider Teile vereinbart wird. Diese vermehrte<br />
Obsorge beider Teile entspricht den Intentionen des Gesetzgebers und wirkt sich positiv<br />
z. B. <strong>auf</strong> den Kontakt zwischen dem Kind/den Kindern und dem nicht hauptsächlich obsorgeberechtigen<br />
Elternteil aus. Die Wahrscheinlichkeit einer gemeinsamen Obsorge erhöht<br />
sich bei einem Kind im Alter von sechs bis 14 Jahren um etwa sieben bis acht Prozentpunkte<br />
im Vergleich zu einem über 14-jährigen Kind. Ein Rechtsbeistand des Obsorgeberechtigten<br />
reduziert ebenso wie ein Anwalt des Besuchsberechtigten die Wahrscheinlichkeit einer<br />
Obsorge beider Teile um rund 17 bis 18 Prozentpunkte. Zieht jeder Elternteil <strong>einen</strong> Rechtsbeistand<br />
hinzu, dann beträgt diese Reduktion zirka 15 Prozentpunkte. Ein gemeinsamer<br />
Anwalt der Eltern reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Obsorge beider Teile sogar um 20<br />
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