5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
Weitere gesetzliche Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen<br />
In den letzten Jahren erfolgten zudem im Strafrecht einige für den Opferschutz wichtige<br />
gesetzliche Neuerungen, wie die Neugestaltung der gefährlichen Drohung als Offizialdelikt<br />
oder Verbesserungen der Rechtsstellung des Opfers im Rahmen des am 1. Januar 2008 in<br />
Kraft getretenen Strafprozessreformgesetzes.<br />
Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2004, das am 1. Mai 2004 in Kraft trat, wurde vor<br />
allem das Sexualstrafrecht novelliert. Darüber hinaus erfolgten eine strafrechtliche Neudefinition<br />
von Menschenhandel (§ 104a StGB) und die rechtliche Gleichstellung der Vergewaltigung<br />
innerhalb und außerhalb der Ehe (§ 203 StGB). Bereits seit 1989 waren Vergewaltigung<br />
und geschlechtliche Nötigung in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft zwar mit Strafe<br />
bedroht, aber eine Strafverfolgung des Täters setzte den Antrag des Opfers voraus.<br />
Das am 1. Juli 2006 in Kraft getretene Strafrechtsänderungsgesetz 2006 führte den (in<br />
anderen Ländern als „Stalking” bezeichneten) Tatbestand der „Beharrlichen Verfolgung”<br />
in die österreichische Rechtsordnung ein. Strafrechtlich werden vier Handlungen verboten<br />
(§ 107a StGB): das Auflauern bzw. das Aufsuchen der räumlichen Nähe des Opfers, das<br />
Verfolgen des Opfers durch Briefe, Anrufe, E-Mails oder SMS, das Bestellen von Waren oder<br />
Dienstleistungen für das Opfer unter Verwendung von dessen Daten sowie das Veranlassen<br />
anderer Personen, unter Verwendung der persönlichen Daten des Opfers mit diesem<br />
Kontakt <strong>auf</strong>zunehmen. Die Anzeigen wegen Stalkings sind rasch massiv angestiegen und<br />
unterstreichen die Bedeutung des Gesetzes: Nach bundesweit 930 Strafanzeigen im zweiten<br />
Halbjahr 2006 erfolgten 2007 bereits 2 601 Anzeigen.<br />
Gewalt von Männern gegen Frauen: Gewalt- und Tätertypen<br />
Männergewalt gegen Frauen ist eine Verletzung der psychischen und/oder körperlichen<br />
Integrität der Partnerin und umfasst alle Erscheinungsformen von physischen, psychischen<br />
und sexuellen Übergriffen sowie Einschüchterungen, Drohungen, Isolation und Kontrolle,<br />
ökonomische Zwänge, Manipulationen der Kinder und ein Sicherstellen männlicher Privilegien<br />
(Pence/Paymar 1993). Ausgehend vom psychischen Zustand des Täters unterscheiden<br />
die Forscher/-innen zwei unterschiedliche Arten von Gewalt: die instrumentelle<br />
(zielgerichtete) und die explosive (situative). Explosive Gewalt („situational/common<br />
couple violence”, Johnson 1995) ist für <strong>einen</strong> großen Teil von gewalttätigen Übergriffen im<br />
häuslichen Nahraum verantwortlich und entwickelt sich aus einer eskalierenden Konfliktsituation,<br />
die außer Kontrolle gerät. Im Gegensatz dazu kann instrumentelle Gewalt als<br />
zeitlich unbeschränkte Verhaltenssequenz über <strong>einen</strong> längeren Zeitraum <strong>auf</strong>rechterhalten<br />
werden, weil es kaum zu einer physiologischen Erregung kommt. Dies ermöglicht ein ruhiges,<br />
planvolles, vorbereitetes und zielgerichtetes Verhalten ohne unmittelbare Bedrohung.<br />
Gewaltfördernde und patriarchale Einstellungen spielen eine große Rolle.<br />
Gewalttätige Episoden weisen in Dauer, Schwere, Häufigkeit, Form und Inhalt eine große<br />
Varianz <strong>auf</strong>. So ist in manchen Paarbeziehungen Gewalt bereits von Anfang an ein gebräuchliches<br />
Verhaltensmuster, in anderen hingegen beginnt sie während der Schwangerschaft<br />
der Partnerin oder auch erst nach vielen Jahren. Die Auswertung von – im Rahmen<br />
eines Trainingsprogramms zur Beendigung von gewalttätigem Verhalten in Paarbeziehungen<br />
– mit den Gefährdern durchgeführten Interviews erbrachte folgendes Bild <strong>auf</strong> die Frage,<br />
wann die Gewalt begonnen habe: Innerhalb des ersten Jahres nach Beziehungsbeginn<br />
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