5. Familienbericht 1999 - 2009 auf einen Blick - BMWA
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FAMILIENBERICHT <strong>1999</strong> – <strong>2009</strong> AUF EINEN BLICK<br />
unterscheiden sich allerdings in ihren Reaktionen und Bewältigungsmustern (Wilk <strong>1999</strong>).<br />
Männer sch<strong>einen</strong> größere Schwierigkeiten der emotionalen Verarbeitung der Trennung zu<br />
haben. Sie setzen häufiger Verdrängungs- und Abwehrmechanismen ein und holen sich<br />
seltener Rat und Unterstützung sowohl in ihrem sozialen Netzwerk oder bei Beratungsstellen<br />
(Beham/Wilk 2004, Denk et al. 2003).<br />
Bezüglich der psychischen Befindlichkeit der Frauen einige Jahre nach der Scheidung kommen<br />
die empirischen Studien zu uneinheitlichen Ergebnissen (Schneider et al. 2001, Sander<br />
2002). Einige Studien lassen drei unterschiedliche Formen der mittelfristigen Anpassung<br />
(vorwiegend bezogen <strong>auf</strong> alleinerziehende Mütter) erkennen. Demnach gelingt es einem<br />
Teil der Frauen, ihre Scheidung so zu bewältigen, dass sie zu einem sehr guten Befinden<br />
gelangen; einer zweiten Gruppe gelingt die Bewältigung zumindest in einigen Bereichen,<br />
und ihr Befinden kann als durchschnittlich beurteilt werden; einer dritten Gruppe hingegen<br />
scheint die Bewältigung der Trennung und die erforderliche Anpassung an die neue Situation<br />
nicht zu gelingen, was zu einer schlechten Befindlichkeit führt (Baum et al. 2005,<br />
Sander <strong>1999</strong>, 2002).<br />
Als besondere Belastung kann die ökonomische Situation geschiedener Frauen betrachtet<br />
werden: sie sind diesbezüglich sowohl gegenüber verheirateten Frauen als auch im Vergleich<br />
mit geschiedenen Männern deutlich benachteiligt (siehe ausführlich Buchegger 2004).<br />
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es vielen getrennten Partnern gelingt, sich<br />
innerhalb von zwei bis fünf Jahren an die neue Lebenssituation anzupassen, die Vergangenheit<br />
zu akzeptieren und das Leben gegenwarts- und zukunftorientiert zu betrachten<br />
(Guttman 1993, Kaslow 2001).<br />
Erleben und Bewältigen der Scheidung durch Kinder<br />
Der Wahrnehmung von Kindern als eigenständigen kompetenten Subjekten, die ihr Leben<br />
aktiv mitgestalten und bestimmen, wird die lange in der Scheidungsforschung vorherrschende<br />
Betrachtung der Kinder als passiven Opfern nicht mehr gerecht. Sollen Kinder die<br />
mit der Scheidung an sie gestellten Herausforderungen bewältigen können, ist es nötig,<br />
dass ihre Sicht beachtet, ihre Wünsche und Interessen gehört und respektiert werden<br />
(Kaltenborn 2001a, b, Flowerdew/Neale 2003 Smith et al. 2003). Um die Auswirkungen<br />
einer elterlichen Trennung <strong>auf</strong> die davon betroffenen Kinder adäquat zu erfassen, ist es<br />
notwendig, zwischen kurzfristigen Reaktionen und mittel- bzw. langfristigen Folgen zu unterscheiden.<br />
Die Zeit rund um die Scheidung und die frühe Nachscheidungsphase ist für<br />
beinahe alle Kinder ein sehr schwieriger Lebensabschnitt. Trennung stellt ein gravierendes<br />
Verlusterlebnis dar, verbunden mit tiefer Trauer. Die folgenden Monate bzw. ein bis zwei<br />
Jahre bedeuten eine Krisenperiode für Kinder, in welcher sie am intensivsten berührt sind<br />
(Amato 1993, Rodgers/Pryor 1998, Wallerstein/Blakeslee 1989). Auf mittelfristige Beeinträchtigungen<br />
weisen die wenigen österreichischen Arbeiten der letzten Zeit (Figdor 1991,<br />
1998, Zartler et al. 2004) hin. Sie veranschaulichen, dass nur einem Teil der betroffenen<br />
Kinder mittelfristig eine positive Bewältigung der Scheidung gelungen ist. In der wissenschaftlichen<br />
Literatur besteht jedoch weitgehend Konsens, dass trotz des erhöhten Risikos<br />
die Mehrheit der Kinder geschiedener Eltern sich nicht von Kindern mit Eltern in stabilen<br />
Partnerschaften unterscheidet (Kelly/Emery 2003).<br />
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