Restitutionsbericht 2006 - Wien Museum
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Wohnung ihrer Eltern. Darunter befand sich auch eine Sammlung antiker, goldener<br />
Uhren.<br />
Mitte April 1938 verhängte das Finanzamt Landstraße, <strong>Wien</strong> 3., Hintere Zollamtsstraße<br />
5, eine nach den Angaben Julia Müllers „willkürlich vorgeschriebene“ Steuerstrafe in der<br />
Höhe von RM 120.000,-- über Paul Schwarzstein. Aus den Aufzeichnungen, die Julia<br />
Müller und ihre Schwester Edith Fischer 1963 dem „Fonds zur Abgeltung von<br />
Vermögensverlusten politisch Verfolger“ (Abgeltungsfonds) vorgelegt haben, geht<br />
hervor, dass bis zum Juli 1939 RM 94.324,17 aus dem von den Nationalsozialisten<br />
gesperrten Verlassenschaftsvermögen von Paul Schwarzstein und aus dem Erlös der<br />
Uhrensammlung an das Finanzamt zur Tilgung der Steuerstrafe abgeführt worden sind.<br />
Um den Erwerb der in der Vollstreckungsstelle des Finanzamtes Landstraße<br />
befindlichen Uhrensammlung von Paul Schwarzstein bemühte sich ab März 1939 der<br />
Leiter des Uhrenmuseums der Stadt <strong>Wien</strong>, Rudolf Kaftan. Nach einer Bewilligung eines<br />
Kredites durch den damaligen <strong>Wien</strong>er Bürgermeister Neubacher erwarb Kaftan im Mai<br />
1939 135 Uhren aus der Sammlung Schwarzstein für das Uhrenmuseum um den<br />
Kaufpreis von RM 12.000,--.<br />
Das Finanzamt Innere Stadt-Ost schrieb Leopoldine Schwarzstein mit Bescheid vom<br />
16. Februar 1939 eine Reichsfluchtsteuer in der Höhe von RM 16.912,--, das Finanzamt<br />
Landstraße mit Bescheid vom 6. Mai 1939 eine Judenvermögensabgabe in der Höhe<br />
von RM 14.400,-- vor, sodass sie sich 1941 gezwungen sah, ihr Haus in <strong>Wien</strong> 3.,<br />
Matthäusgasse 8, um RM 36.000,-- zu veräußern. Der von der VVSt. weit unter dem<br />
wahren Wert der Liegenschaft festgesetzte Kaufpreis ist Leopoldine Schwarzstein nicht<br />
zugekommen, da ihr Konto nach Abzug der Reichsfluchtsteuer und<br />
Judenvermögensabgabe nach der 11. VO zum RBG dem Deutschen Reich verfallen ist.<br />
Durch einen vor der Rückstellungskommission beim LGfZRS <strong>Wien</strong> am 10. Mai 1948<br />
abgeschlossenen Vergleich ist die Liegenschaft an die Erbinnen von Leopoldine<br />
Schwarzstein, ihre beiden Töchter, zurückgestellt worden.<br />
Von der umfangreichen Uhrensammlung Paul Schwarzsteins, die das Uhrenmuseum<br />
der Stadt <strong>Wien</strong> 1939 erworben hatte, wurden 1949 52 Uhren restituiert. Wie aus einem<br />
Schreiben des Leiters des Uhrenmuseums Rudolf Kaftan an das Präsidium der<br />
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