13.07.2015 Aufrufe

Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

102 Wie man mit Unsicherheit im Hinblick auf Therapieeffekte umgehthaben. Deshalb scheint es irrational und ethisch nicht vertretbar zusein, vor Abschluss <strong>eine</strong>r geeigneten Studie auf <strong>der</strong> <strong>eine</strong>n o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>enMethode zu beharren. Die Antwort auf die Frage: «Welches <strong>ist</strong> die<strong>für</strong> den Patienten beste Behandlung?» lautet daher: «Die Studie». DieStudie <strong>ist</strong> die Behandlung. Hat das etwas mit Herumexperimentierenzu tun? Ja. Aber was ich damit m<strong>eine</strong>, <strong>ist</strong>: <strong>eine</strong> Entscheidung unterUnsicherheit treffen plus Daten sammeln. Spielt es <strong>eine</strong> Rolle, dass essich dabei um <strong>eine</strong> «zufällige» Entscheidung handelt? Logischerweisenein. Denn welche bessere Methode könnte es geben, um sich, wennUnsicherheit herrscht, zu entscheiden? 22Die Verabreichung von Therapien im Rahmen fairer Tests kann <strong>für</strong>Patienten im Hinblick auf das Behandlungsergebnis <strong>eine</strong>n tief greifendenUnterschied ausmachen. Die Geschichte <strong>der</strong> kindlichenLeukämien liefert da<strong>für</strong> ein sehr drastisches Beispiel. Bis in die1960er-Jahre verstarb nahezu jedes Kind mit Leukämie kurz nach<strong>der</strong> Diagnosestellung. Heutzutage überleben etwa 85 von 100 Kin<strong>der</strong>n.Dies konnte erreicht werden, weil die Mehrzahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>mit Leukämie an randomisierten Studien teilnahm, in denen die jeweiligeStandardtherapie mit <strong>eine</strong>r neuen Variante dieser Therapieverglichen wurde. 23 Bei den me<strong>ist</strong>en Kin<strong>der</strong>n mit <strong>eine</strong>r Krebserkrankungwird die beste Behandlungsoption deshalb durch die Teilnahmean solchen Studien ausgewählt.Können Patienten mit Unsicherheit umgehen?«<strong>Wo</strong> stehen wir also bezüglich des Umgangs mit Unsicherheiten gegenüberTherapieeffekten? … Ungeachtet <strong>der</strong> allgem<strong>eine</strong>n Anerkenntnis, dass Patientenin <strong>der</strong> medizinischen Forschung und bei gesundheitlichen Entscheidungen Partnersind, sind manche Ärzte von <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Diskussion über therapeutischeUnsicherheiten entnervt. Manche haben einfach Angst, dass sie dadurchbeim Patienten Besorgnis auslösen: <strong>eine</strong> zweifellos aufrichtige Sorge, die aberdennoch bevormundend wirkt. An<strong>der</strong>e versuchen, ihr Handeln unter dem Aspekt<strong>der</strong> Ausgewogenheit zwischen zwei ethischen Argumenten zu rechtfertigen– erstreckt sich die ethische Pflicht, die Wahrheit zu sagen, auch auf das Ansprechenvon Unsicherheiten, o<strong>der</strong> soll die moralische Verpflichtung, den Patientenvor emotionalen Belastungen zu schützen, mehr Gewicht haben? Sind die Patientenbereit, mit Unsicherheiten zu leben? Das müssen wir herausfinden. Vielleichtsind die Menschen sehr viel belastbarer, als Ärzte m<strong>eine</strong>n.»Evans I. More nearly certain.Journal of the Royal Society of Medicine 2005; 98: 195–6.© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!