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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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174 Gute, schlechte und überflüssige klinische Forschungbedrohliche Komplikationen wie dem Atemnotsyndrom einhergeht.Anfang <strong>der</strong> 1980er-Jahre lagen überwältigende Belege vor, dass sichdie Häufigkeit von Atemnotsyndrom und Sterblichkeit bei Neugeborenenverringern ließ, wenn man den frühgeburtsgefährdetenSchwangeren ein steroidhaltiges Medikament verabreichte. Trotzdemwurden während <strong>der</strong> folgenden zehn Jahre weiterhin Studiendurchgeführt, in denen die Gabe von Steroiden mit Placebo o<strong>der</strong>Nichtbehandlung verglichen wurde. Hätte man die Ergebnisse frühererStudien systematisch ausgewertet und mittels Meta-Analysezusammengefasst (s. Kap. 7 und 8), wären viele <strong>der</strong> späteren Studienwahrscheinlich gar nicht erst begonnen worden – die kollektivenErgebnisse hätten nämlich gezeigt, dass da<strong>für</strong> schlicht kein Bedarfbestand. In diesen unnötigen Studien wurde somit <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong>Studienteilnehmerinnen <strong>eine</strong> wirksame Therapie vorenthalten.SchlaganfallEin an<strong>der</strong>es Beispiel <strong>für</strong> überflüssige Forschung – auch hier wie<strong>der</strong>,weil die Ergebnisse früherer Studien nicht zusammengefasst ausgewertetwurden – betrifft die Behandlung von Schlaganfällen mit <strong>eine</strong>mMedikament namens Nimodipin (das zur Medikamentenklasse<strong>der</strong> Kalziumantagon<strong>ist</strong>en gehört). Ausgangspunkt war folgendeÜberlegung: Wenn es gelänge, das Ausmaß <strong>der</strong> Hirnschädigung beiSchlaganfall-Patienten zu verringern, dann sollte auch das Behin<strong>der</strong>ungsrisiko<strong>der</strong> Betroffenen abnehmen. Mit Beginn <strong>der</strong> 1980er-Jahrewurde, nachdem etliche Tierstudien ermutigende Ergebnisseerbracht hatten, Nimodipin deshalb bei Schlaganfall-Patienten untersucht.Obwohl <strong>eine</strong> 1988 veröffentlichte klinische Studie mitSchlaganfall-Patienten auf <strong>eine</strong>n vorteilhaften Effekt schließen ließ,waren die Resultate verschiedener weiterer klinischer Studien überNimodipin und an<strong>der</strong>e Kalziumantagon<strong>ist</strong>en aber wi<strong>der</strong>sprüchlich.Als man die akkumulierte Evidenz aus diesen klinischen Studien,die nahezu 8 000 Patienten umfassten, 1999 systematisch auswertete,waren k<strong>eine</strong> vorteilhaften Effekte dieser Medikamente nachweisbar(s. Kap. 8, S. 152). 14 Doch die Anwendung von Nimodipin beruhteja ansch<strong>eine</strong>nd auf soliden wissenschaftlichen Belegen. Wiewar dies also zu erklären?© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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