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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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Neu – aber auch besser? 43nacheinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n gleichzeitig verabreicht werden. DieserNeun-<strong>Wo</strong>chen-Zyklus gehörte zu den drei Therapieschemata, diedamals auf <strong>der</strong> ganzen Welt ausprobiert wurden. Zudem beschlossPHARMAC die Mitfinanzierung <strong>eine</strong>r internationalen Studie, mit<strong>der</strong> die ideale Dauer <strong>der</strong> Herceptin-Therapie bestimmt werden sollte.Im November 2008 ignorierte die neu gewählte RegierungPHARMACs <strong>evidenzbasierte</strong> Entscheidung und sagte die Finanzierung<strong>eine</strong>s 12-monatigen Behandlungszyklus mit Herceptin zu. 14Vom Strudel mitgerissenIm Jahr 2006 sah sich <strong>eine</strong> Patientin in Großbritannien, die selber Ärztin war,unversehens von <strong>der</strong> Herceptin-Welle erfasst. Im Jahr zuvor war bei ihr die Diagnose<strong>eine</strong>s HER2-positiven Mammakarzinoms gestellt worden.«Vor m<strong>eine</strong>r Diagnose wusste ich nur wenig über die mo<strong>der</strong>ne Behandlung vonBrustkrebs und zog, wie viele Patientinnen, deshalb Online-Quellen zu Rate. Diebritische Brustkrebsstiftung Breast Cancer Care führte auf ihrer Internetseite <strong>eine</strong>Kampagne mit dem Ziel durch, allen Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs Herceptinzugänglich zu machen; ich unterzeichnete die Petition, weil ich angesichts<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Internetseite und in den Medien veröffentlichten Daten einfach nichtverstehen konnte, warum man Frauen ein so wirksames Medikament vorenthaltensollte, die es bei <strong>eine</strong>m Rezidiv [Krankheitsrückfall] ohnehin erhalten würden.… Mir war, als hätte ich kaum <strong>eine</strong> Chance, m<strong>eine</strong> Krebserkrankung zu überleben,wenn ich dieses Medikament nicht bekäme! Zudem wurde ich auch noch von <strong>der</strong>Zeitschrift The Sun kontaktiert, welche die Herceptin-Kampagne unterstützte undsich an m<strong>eine</strong>r Geschichte – aus <strong>der</strong> Sicht <strong>eine</strong>r Ärztin und <strong>eine</strong>s ‹Krebsopfers›– interessiert zeigte.Nach Beendigung <strong>der</strong> Chemotherapie sprach ich mit m<strong>eine</strong>m Onkologen über <strong>eine</strong>Behandlung mit Herceptin. Er äußerte Bedenken, denn bei <strong>der</strong> Behandlung über<strong>eine</strong>n längeren Zeitraum waren in Studien kardiale Effekte [Auswirkungen auf dasHerz] beobachtet worden, denen man auf besagter Internetseite und seitens <strong>der</strong>Medien aber nur sehr wenig Beachtung geschenkt hatte, zumal das Medikament jaansonsten gesunden Frauen verabreicht würde. Darüber hinaus übersetzte sich <strong>der</strong>‹50 %-Vorteil›, <strong>der</strong> vielfach zitiert worden war und sich in m<strong>eine</strong>m Kopf festgesetzthatte, <strong>für</strong> mich persönlich tatsächlich in <strong>eine</strong>n 4- bis 5-prozentigen Vorteil, dem eingleich hohes kardiales Risiko gegenüberstand! Also entschied ich mich gegen dieEinnahme des Medikaments und werde zu dieser Entscheidung wohl auch dannnoch stehen, wenn <strong>der</strong> Tumor wie<strong>der</strong> auftreten sollte.Diese Geschichte zeigt, dass sogar <strong>eine</strong> medizinisch ausgebildete und normalerweiserational denkende Frau anfällig wird, wenn bei ihr <strong>eine</strong> potenziell lebensbedrohlicheKrankheit diagnostiziert wird. … Ein Großteil <strong>der</strong> Informationen zurAnwendung von Herceptin bei Brustkrebs im Frühstadium entstammte demRiesenrummel, <strong>der</strong> von den Medien und <strong>der</strong> Industrie künstlich erzeugt unddurch Einzelfälle wie den m<strong>eine</strong>n angeheizt worden war.»Cooper J. Herceptin (rapid response). BMJ. Eingestellt am 29. November 2006unter www.bmj.org.© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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