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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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Mehr heißt nicht unbedingt besser 63Ärzte entnehmen <strong>der</strong> Patientin etwas Knochenmark o<strong>der</strong> rote Blutzellenund verabreichen ihr dann toxische Medikamente in sehr hohenDosen, die das verbleibende Knochenmark zerstören. Dahinter stehtdie Hoffnung, dass diese hohen Dosen die Krebszellen vernichten unddas zuvor entnommene Knochenmark bei s<strong>eine</strong>r Rückführung in denKörper schnell genug nachwächst, damit die Patientin nicht an <strong>eine</strong>rInfektion stirbt. Eine Variante dieser Maßnahme, bei <strong>der</strong> Knochenmarkspendenverwendet werden, hatte sich über lange Zeit bei Blutkrebsbewährt, aber nur deshalb, weil <strong>der</strong> Krebs das Knochenmarkbefallen hatte, das dann ersetzt wurde. Die Anwendung dieser Behandlungbei Brustkrebs beruht auf <strong>eine</strong>r ganz an<strong>der</strong>en – und ungeprüften– Argumentation. 9Vor allem in den USA bedrängten Tausende von verzweifeltenFrauen Ärzte und Krankenhäuser, diese ausgesprochen unangenehmeBehandlung bei ihnen vorzunehmen, obwohl nicht weniger alsfünf von 100 Patientinnen an den Folgen <strong>der</strong> Behandlung verstarben.Viele tausend Dollar wurden ausgegeben, und nicht wenigePatientinnen bezahlten die Therapie aus eigener Tasche. EinigeKrankenversicherer gaben dem öffentlichen Druck nach und übernahmenbei einigen Patientinnen die Kosten, obwohl k<strong>eine</strong> Belege<strong>für</strong> die Wirksamkeit <strong>der</strong> Behandlung vorlagen. Viele Krankenhäuserund Kliniken wurden durch diese Einnahmen reich. 1998 erzielte<strong>eine</strong> Krankenhausgesellschaft Einkünfte in Höhe von 128 MillionenDollar, die größtenteils aus ihren Krebszentren stammten, in denenKnochenmarktransplantationen angeboten wurden. Für US-amerikanischeÄrzte war dies <strong>eine</strong> lukrative Einkommensquelle, die ihnenzu Ansehen verhalf und ein weites Publikationsfeld eröffnete. Diehartnäckige Nachfrage vonseiten <strong>der</strong> Patientinnen heizte den Marktan. Unter den privat geführten US-amerikanischen Krankenhäusern,welche die Behandlungen anboten, herrschte ein intensiverWettbewerb, <strong>der</strong> sogar so weit ging, dass mit Son<strong>der</strong>angeboten geworbenwurde. In den 1990er-Jahren wurde diese Behandlung inden USA sogar von medizinischen Lehrzentren angeboten, die versuchten,Patienten <strong>für</strong> klinische Studien zu rekrutieren. Diese fragwürdigenProgramme waren <strong>für</strong> die Krebszentren zu <strong>eine</strong>m wahrenGoldesel geworden.© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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