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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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48 Erhoffte, aber nicht eingetretene Wirkungenschrieben es, an<strong>der</strong>e nicht. DES war in den frühen 1950er-Jahrenrecht populär geworden, denn man glaubte, es könne <strong>eine</strong> Funktionsstörung<strong>der</strong> Plazenta beheben, die <strong>für</strong> die Schwangerschaftsproblemeverantwortlich gemacht wurde. Ermutigt worden warendie Frauen, die DES anwendeten, durch einzelne (anekdotische)Fallberichte über Frauen mit früheren Fehl- und Totgeburten, dienach <strong>der</strong> Behandlung mit DES ein lebendes Kind geboren hatten.So verordnete z. B. ein britischer Geburtshelfer <strong>eine</strong>r Frau mitzwei vorausgegangenen Totgeburten das Medikament von <strong>der</strong>Frühschwangerschaft an. Die Schwangerschaft endete mit <strong>der</strong> Geburt<strong>eine</strong>s lebenden Babys. Mit <strong>der</strong> Begründung, dass die «natürliche»Fähigkeit <strong>der</strong> Frau zum Austragen <strong>eine</strong>r erfolgreichen Schwangerschaftsich im Laufe <strong>der</strong> Zeit möglicherweise verbessert habe,wurde während ihrer vierten Schwangerschaft auf die Gabe vonDES verzichtet: Das Baby verstarb in <strong>der</strong> Gebärmutter aufgrund <strong>eine</strong>r«Plazenta-Insuffizienz». Deshalb bestanden bei Mutter und Geburtshelferwährend <strong>der</strong> fünften und sechsten Schwangerschaft <strong>der</strong>Frau auch k<strong>eine</strong>rlei Zweifel, dass erneut DES gegeben werden sollte.Beide Schwangerschaften endeten mit lebendgeborenen Kin<strong>der</strong>n.Sowohl <strong>der</strong> Geburtshelfer als auch s<strong>eine</strong> Patientin schlossen darausauf die Wirksamkeit von DES. Lei<strong>der</strong> war die Richtigkeit dieser aufeinzelnen Fallberichten beruhenden Schlussfolgerung nie in fairenStudien nachgewiesen worden. Tatsächlich waren nämlich im selbenZeitraum, in dem diese Frau behandelt wurde, unverzerrte Studiendurchgeführt und veröffentlicht worden, die k<strong>eine</strong> <strong>Beweis</strong>e <strong>für</strong>den Nutzen von DES liefern konnten. 5Obwohl also k<strong>eine</strong> Evidenz aus fairen Wirksamkeitsstudien vorlag,die belegte, dass DES zur Verhütung von Totgeburten wirksamwar, endete die DES-Geschichte hier noch nicht. Hinweise auf dieschädlichen Nebenwirkungen tauchten erst 20 Jahre später auf, alsdie Mutter <strong>eine</strong>r sehr jungen, an <strong>eine</strong>m seltenen Vaginalkarzinomerkrankten Frau <strong>eine</strong> sehr wichtige Beobachtung äußerte. Der Mutterwar während <strong>der</strong> Schwangerschaft DES verordnet worden, undsie hatte den Verdacht, dass die Krebserkrankung ihrer Tochterdurch dieses Medikament verursacht worden sein könnte. 6 In diesemFall war die Beobachtung richtig. Noch wichtiger aber war, dassauch <strong>der</strong> Nachweis ihrer Richtigkeit erbracht wurde. In zahlreichen© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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