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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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Faire Tests von Therapien 113Gleiches mit Gleichem vergleichen:entscheidend <strong>ist</strong> <strong>der</strong> VergleichBei allen fairen Therapiestudien sind Vergleiche von zentraler Bedeutung.Patienten und Ärzte vergleichen manchmal im Stillen diejeweiligen Vorteile zweier Therapien und gewinnen dabei den Eindruck,dass sie selbst bzw. an<strong>der</strong>e Patienten auf <strong>eine</strong> bestimmte Behandlungan<strong>der</strong>s ansprechen als auf frühere Behandlungen. Manchmalwerden auch Vergleiche angestellt, die mehr den Charakter<strong>eine</strong>s Versuchs haben. Schon im 9. Jh. verglich <strong>der</strong> persische ArztAl-Razi das Behandlungsergebnis von Meningitis-Patienten, die mitA<strong>der</strong>lässen behandelt worden waren, mit dem Ergebnis von Meningitis-Patienten,die k<strong>eine</strong> A<strong>der</strong>lässe erhalten hatten, um herauszufinden,ob A<strong>der</strong>lässe bei Meningitis helfen könnten.In <strong>der</strong> Regel werden Therapien getestet, indem man Gruppenvon Patienten vergleicht, die unterschiedlich behandelt wurden.Wenn Therapievergleiche fair sein sollen, dann muss gewährle<strong>ist</strong>etsein, dass Gleiches auch mit Gleichem verglichen wird: dass die Behandlung,welche die Patienten jeweils erhalten haben, den einzigensystematischen Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen darstellt.Diese Erkenntnis <strong>ist</strong> k<strong>eine</strong>swegs neu: Bevor James Lind 1747an Bord <strong>der</strong> HMS Salisbury s<strong>eine</strong>n Vergleich <strong>der</strong> sechs Skorbut-Therapiendurchführte, traf er erstens <strong>eine</strong> sorgfältige Auswahl <strong>der</strong> Patienten,die sich in <strong>eine</strong>m vergleichbaren Stadium dieser oftmalstödlichen Krankheit befanden; zweitens vergewisserte er sich, dassdie Patienten dieselbe Nahrung erhielten; und drittens sorgte erda<strong>für</strong>, dass sie unter ähnlichen Bedingungen untergebracht waren(s. Kap. 1, S. 32). Lind hatte erkannt, dass auch an<strong>der</strong>e Faktoren alsdie Therapien selbst <strong>eine</strong>n Einfluss auf die Heilungschancen s<strong>eine</strong>rPatienten haben können.Eine Möglichkeit, <strong>eine</strong>n solchen Test unfair zu gestalten, hättezum Beispiel darin bestanden, <strong>eine</strong> <strong>der</strong> empfohlenen Behandlungen– sagen wir, die Schwefelsäure, zu <strong>der</strong> das Royal College of Physiciansin London riet – nur Patienten zu verabreichen, die zunächstweniger krank erschienen und sich noch im Frühstadium <strong>der</strong>Krankheit befanden, und <strong>eine</strong> an<strong>der</strong>e Behandlung – beispielsweisedie Zitrusfrüchte, die von manchen Seeleuten empfohlen wurden© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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