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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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Neu – aber auch besser? 33und Kasten in Kap. 3, S. 61). Je zwei Seeleute teilte Lind darauf jeweils<strong>eine</strong>r <strong>der</strong> damals bei Skorbut üblichen Behandlungen (Apfelwein,Schwefelsäure, Essig, Meerwasser, Muskatnuss) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> «Behandlung»mit zwei Orangen und <strong>eine</strong>r Zitrone zu. Die Südfrüchtesiegten mühelos. Die Admiralität ordnete später auf allen Schiffendie Ausgabe von Zitronensaft an – mit dem Ergebnis, dass die tödlicheKrankheit in <strong>der</strong> britischen Marine gegen Ende des 18. Jahrhun<strong>der</strong>tsnur noch Geschichte war.Die damalige britische «Ärztekammer», das Royal College of Physicians,favorisierte von den Behandlungen, die Lind verglich, dieSchwefelsäure, während die Admiralität dem Essig den Vorzug gab.Linds faire Untersuchung erbrachte den Nachweis, dass beide Autoritätendamit falsch lagen. Erstaunlicherweise kommt es gar nicht soselten vor, dass einflussreiche Experten sich irren. Sich allzu sehr aufMeinungen, Gewohnheiten o<strong>der</strong> Präzedenzfälle anstatt auf die Ergebnissefairer Tests zu verlassen, stellt auch heute noch ein schwerwiegendesProblem im Gesundheitswesen dar (s. u. und Kap. 2).Anekdoten sind Anekdoten«Unser Gehirn scheint auf Anekdoten programmiert zu sein, und am leichtestenlernen wir ja auch mithilfe spannen<strong>der</strong> Geschichten. Doch macht es mich immerwie<strong>der</strong> fassungslos, wie viele Menschen, darunter auch nicht wenige m<strong>eine</strong>rFreunde, die darin liegenden Tücken nicht erkennen. In den Naturwissenschaftenweiß man, dass Anekdoten und persönliche Erfahrungen uns auf verhängnisvolleWeise in die Irre führen können. Was man hier braucht, sind überprüfbare undwie<strong>der</strong>holbare Ergebnisse. In <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong> dagegen kommt man damit nicht allzuweit. Zwischen den einzelnen Menschen bestehen zu viele Unterschiede, als dassman sich s<strong>eine</strong>r Sache völlig sicher sein könnte, wenn es um den einzelnenPatienten geht. Deshalb <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Spielraum <strong>für</strong> Mutmaßungen häufig recht groß.Aber es gibt Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, denn sonst wärendie Wissenschaften verraten und verkauft: Es würde gepfuscht werden, undFakten und Meinungen würden sich vermischen, bis wir kaum mehr das <strong>eine</strong>vom an<strong>der</strong>en unterscheiden könnten.»Ross N. Foreword. In: Ernst E, ed. Healing, hype, or harm? A critical analysisof complementary or alternative medicine. Exeter: Societas, 2008:vi-vii.Heutzutage werden Unsicherheiten hinsichtlich <strong>der</strong> Wirkungen vonTherapien oftmals dann deutlich, wenn Ärzte und an<strong>der</strong>e Klinikersich über das jeweils beste Vorgehen bei <strong>eine</strong>r Krankheit uneinigsind (s. Kap. 5). Bei <strong>der</strong> Ausräumung dieser Unsicherheiten kommt© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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