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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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60 Mehr heißt nicht unbedingt besserteile des neuen Behandlungsansatzes im Vergleich zum alten erbrachtwerden konnten.Ungeachtet dieser Schwierigkeiten wurde letztlich die chirurgischeÜberbehandlung aber infrage gestellt, und zwar sowohl vonOperateuren, die angesichts des fragwürdigen Nutzens <strong>für</strong> ihre Patientinnennicht mehr bereit waren, mit dieser Praxis fortzufahren,als auch von entschlossenen Frauen, die nicht länger gewillt waren,sich verstümmelnden Eingriffen zu unterziehen.Den Anfang machte Mitte <strong>der</strong> 1950er-Jahre <strong>der</strong> amerikanischeChirurg George Crile, als er mit s<strong>eine</strong>n Bedenken über den «Mehr<strong>ist</strong> besser»-Ansatz an die Öffentlichkeit ging. Überzeugt davon, dasses k<strong>eine</strong>n an<strong>der</strong>en Weg gab, um die Ärzteschaft zu <strong>eine</strong>m kritischerenDenken anzuregen, veröffentlichte Crile in <strong>eine</strong>m Beitrag zurbekannten Zeitschrift Life <strong>eine</strong>n Appell. 1 Er traf den richtigen Ton:Die Debatte innerhalb <strong>der</strong> Ärzteschaft wurde damit in die Öffentlichkeitgetragen und war nicht mehr auf rein akademische Kreisebeschränkt. Daraufhin entwickelte Bernard Fisher, ein weitereramerikanischer Chirurg, <strong>der</strong> mit Kollegen aus an<strong>der</strong>en Fachgebietenzusammenarbeitete, <strong>eine</strong> Reihe von aussagekräftigen Experimentenzur Untersuchung <strong>der</strong> Biologie des Krebses. Ihre Ergebnisseließen darauf schließen, dass sich Krebszellen noch vor <strong>der</strong> Entdeckungdes Primärtumors tatsächlich über den Blutstrom im ganzenKörper verbreiten können. So gesehen machten aggressive Operationenwenig Sinn, wenn sich bereits an an<strong>der</strong>en Stellen im KörperKrebszellen befinden konnten.Während Crile klinisches Urteilsvermögen einsetzte, um wenigerradikale lokale Therapien zu empfehlen und umzusetzen, arbeitetenFisher und <strong>eine</strong> immer größer werdende Gruppe von Wissenschaftlernan <strong>eine</strong>m formelleren und rigoroseren Ansatz. Sie versuchten,den Wert <strong>der</strong> radikalen Operation anhand <strong>der</strong> bekanntesten fairen(unverzerrten) Methode, und zwar anhand von randomisiertenStudien (s. Kap. 6), zu beweisen bzw. zu wi<strong>der</strong>legen. Mithilfe solcherStudien wollten sie die medizinische Fachwelt und die Öffentlichkeitvon dem <strong>eine</strong>n o<strong>der</strong> dem an<strong>der</strong>en Therapieansatz überzeugen.Wie Fisher 1971 zudem geradeheraus erklärte, hätten Chirurgendie ethische und moralische Verpflichtung, ihre Theorien zu testen,indem sie solche Studien durchführten. Die 20-jährige Nachbeob-© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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