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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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172 Gute, schlechte und überflüssige klinische ForschungIn den 1990er-Jahren begann <strong>eine</strong> Gruppe von Wissenschaftlernsystematisch zu erforschen, wie Spätdyskinesien im Laufe <strong>der</strong> letzten30 Jahre behandelt worden waren. Verwun<strong>der</strong>t stellten sie 1996 zeigtenin <strong>eine</strong>m Artikel fest, dass sie ungefähr 500 randomisierte Studienidentifiziert hatten, in denen 90 verschiedene medikamentöseTherapien untersucht wurden. Doch hatte k<strong>eine</strong> dieser Studien irgendwelchebrauchbaren Daten ergeben. In manchen Studien wardie Anzahl <strong>der</strong> eingeschlossenen Patienten zu gering, um verlässlicheErgebnisse liefern zu können; in an<strong>der</strong>en waren die Medikamente sokurz verabreicht worden, dass die Studie k<strong>eine</strong> Aussagekraft hatte. 11Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong>selben Forschergruppe veröffentlichten außerdem<strong>eine</strong> umfassende Übersicht über Inhalt und Qualität von randomisiertenStudien, die ganz allgemein <strong>für</strong> die Behandlung von Schizophrenienrelevant waren. Sie sichteten 2 000 Studien: Die Ergebnissewaren enttäuschend. Sicherlich haben die Medikamente die Prognosevon Schizophrenie-Patienten im Laufe <strong>der</strong> Jahre in mancherlei Hinsichtverbessert. So können beispielsweise die Patienten mittlerweileme<strong>ist</strong>ens zu Hause o<strong>der</strong> in <strong>eine</strong>r Gemeinschaft leben. Doch selbst inden 1990er-Jahren (und auch heute noch) wurden (bzw. werden) dieme<strong>ist</strong>en Medikamente an stationär behandelten Patienten getestet,sodass bezüglich ihrer Relevanz <strong>für</strong> die ambulante Therapie Unsicherheitherrscht. Überraschend war darüber hinaus auch die uneinheitlicheBewertung <strong>der</strong> Behandlungsergebnisse. Die Wissenschaftlerstellten fest, dass in den Studien mehr als 600 Therapien – hauptsächlichMedikamente, z. B. aber auch Psychotherapie – untersucht, zurBewertung <strong>der</strong> Ergebnisse aber 640 verschiedene Bewertungsskalenangewendet worden waren; davon waren 369 lediglich ein einzigesMal benutzt worden. Es war daher kaum möglich, die Ergebnisse <strong>der</strong>verschiedenen Studien zu vergleichen; zudem waren die Ergebnisse<strong>für</strong> Ärzte bzw. Patienten kaum interpretierbar. Neben vielen an<strong>der</strong>enProblemen stießen die Wissenschaftler auf zahlreiche Studien, die zuklein o<strong>der</strong> zu kurz angelegt waren, um brauchbare Ergebnisse liefernzu können. Zudem wurden neue medikamentöse Therapien häufigmit unangemessen hohen Dosierungen <strong>eine</strong>s <strong>für</strong> s<strong>eine</strong> Nebenwirkungenbekannten Medikaments verglichen, obwohl besser verträglicheTherapien verfügbar waren – ein ganz offensichtlich unfairer Test.Die Autoren dieser Übersichtsarbeit kamen zu dem Schluss, dass© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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