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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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Reglementierung von Therapietests: hilfreich o<strong>der</strong> hin<strong>der</strong>lich? 163schriftlichen Patienteneinwilligung nicht nur zu Todesfällen führen,die vermeidbar wären, son<strong>der</strong>n auch zu <strong>eine</strong>r Unterschätzung <strong>der</strong>Therapieeffekte. 5Das Einholen <strong>der</strong> Patienteneinwilligung stellt <strong>eine</strong> Public- Health-Intervention dar, die mitunter mehr Schaden anrichtet als Nutzenbringt. Wie bei an<strong>der</strong>en gut gemeinten Interventionen sollten ihreWirkungen <strong>eine</strong>r strengen Bewertung unterzogen werden. Die tödlichenFolgen, die wir an an<strong>der</strong>er Stelle beschrieben haben, hättenvielleicht schon vor Jahrzehnten erkannt werden können, wenn auchdie Ethik-Kommissionen verpflichtet wären, solide Belege da<strong>für</strong> zuerbringen, dass ihre «Verordnungen» mehr nützen als schaden.Flexibilität bei <strong>der</strong> Aufklärung potenzieller Studienteilnehmer,die anerkennt, dass das Vertrauen zwischen Arzt und Patient dieGrundlage <strong>für</strong> <strong>eine</strong> zufriedenstellende Konsultation darstellt, <strong>ist</strong>besser als ein starres, standardisiertes Vorgehen. Aber aufgrund <strong>der</strong>Art und Weise, wie die Reglementierungssysteme in die Forschungeingreifen, können Ärzte <strong>der</strong>zeit nicht frei entscheiden, wie sie ihrePatienten über <strong>eine</strong> wissenschaftliche Studie aufklären. Zudem fälltes ihnen oft schwer, über die <strong>der</strong> Forschung innewohnenden Unsicherheitenzu sprechen. Wie wir in Kapitel 5 erwähnt haben, fühlensich Ärzte bei <strong>der</strong> Rekrutierung von Patienten <strong>für</strong> klinische StudienAkademischer Schnickschnack o<strong>der</strong> sinnvolle Entscheidung?«Vor zwölf Jahren überschritt ich die Arzt-Patient-Grenze, als bei mir im Alter von33 Jahren Brustkrebs festgestellt wurde. Damals saß ich gerade an m<strong>eine</strong>r Doktorarbeit,in <strong>der</strong> es um die Schwierigkeiten <strong>der</strong> Anwendung von randomisiertenkontrollierten Studien (RCTs) bei <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Wirksamkeit von Therapienin m<strong>eine</strong>m eigenen Fach, <strong>der</strong> Kieferorthopädie, ging. Im Rahmen m<strong>eine</strong>r Forschungsarbeitenhatte ich erkannt, welche Vorteile die Teilnahme an klinischenStudien hatte, und wusste ironischerweise auch um die Unsicherheiten hinsichtlich<strong>der</strong> Behandlung von jüngeren Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium. ZumZeitpunkt <strong>der</strong> Diagnosestellung fragte ich deshalb m<strong>eine</strong>n Arzt, ob es irgendwelcheRCTs gäbe, an denen ich teilnehmen könnte. S<strong>eine</strong> Antwort schockierte mich.Er meinte, ich dürfe nicht zulassen, dass die <strong>für</strong> mich am besten geeignete Therapiedurch wissenschaftliche Spitzfindigkeiten torpediert würde. Doch was wardie beste Therapie? Ich jedenfalls wusste es nicht und musste zudem feststellen,dass auch in <strong>der</strong> Ärzteschaft Zweifel an <strong>der</strong> optimalen Therapie <strong>für</strong> Frauen unter50 Jahren mit Brustkrebs im Frühstadium herrschten. Was sollte ich nur tun?»Harrison J. Testing times for clinical research. Lancet 2006; 368: 909–910.© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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