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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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74 Früher <strong>ist</strong> nicht zwangsläufig besserKein Screeningtest <strong>ist</strong> jemals gründlicher untersucht worden. In denvergangenen 50 Jahren haben mehr als 600 000 Frauen an zehn randomisiertenStudien mit jeweils <strong>eine</strong>r Nachbeobachtung von ungefährzehn Jahren teilgenommen.» Aber, so merkte er weiter an: «Angesichtsdieser außergewöhnlichen Forschungsanstrengungen entbehrt es dochnicht <strong>eine</strong>r gewissen Ironie, dass das Mammographie-Screening unter<strong>Medizin</strong>ern nach wie vor <strong>eine</strong>s <strong>der</strong> strittigsten Themen darstellt. 9<strong>Wo</strong>ran liegt das? Ein wesentlicher Grund <strong>ist</strong>, dass es den Frauen vonScreeninganbietern und Patientengruppen als vernünftig «verkauft»wird. In <strong>der</strong> Broschüre, die Frauen mit <strong>der</strong> Einladung zum Brustkrebs-Screeningerhalten, werden die Vorteile hervorgehoben, währendüber die Nachteile, Grenzen und Folgen <strong>der</strong> Mammographiehinweggegangen wird. 10 Dabei führt die Mammographie nicht nurzu <strong>eine</strong>r frühzeitigen Diagnose, son<strong>der</strong>n auch, genauso wie beimProstatakarzinom (s. unten), dazu, dass Krebsarten diagnostiziertwerden, die den Patienten zu Lebzeiten niemals gesundheitlicheProbleme bereitet hätten. Und natürlich muss man unweigerlichauch mit falsch positiven Ergebnissen rechnen, d. h. <strong>der</strong> diagnostischeTest kann positiv ausfallen, obwohl die Erkrankung gar nichtvorliegt.Die zuverlässigsten Belege stammen aus <strong>der</strong> systematischenÜberprüfung <strong>der</strong> Ergebnisse klinischer Studien, in denen die Frauennach dem Zufallsprinzip (randomisiert) <strong>eine</strong>m Screening o<strong>der</strong> k<strong>eine</strong>mScreening zugeteilt wurden. Und die Ergebnisse sind sehr aufschlussreich.Wie sie zeigen, müssen 2 000 Frauen regelmäßig überzehn Jahre gescreent werden, damit <strong>eine</strong> von ihnen insofern vondiesem Screening profitiert, dass sie nicht an Brustkrebs verstirbt.Gleichzeitig werden aber aus zehn gesunden Frauen infolge desScreenings «Krebspatientinnen», die unnötigerweise behandelt werden.Bei diesen Frauen hat die Mammographie tatsächlich Gewebeverän<strong>der</strong>ungennachgewiesen, die aber so langsam (o<strong>der</strong> sogar garnicht) wachsen, dass sie sich niemals zu <strong>eine</strong>m echten Karzinomentwickelt hätten. Diesen gesunden Frauen wird dann ein Teilihrer Brust o<strong>der</strong> sogar die ganze Brust entfernt, und danach erhaltensie häufig <strong>eine</strong> Strahlen- und manchmal auch noch <strong>eine</strong>Chemotherapie. 11 © 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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