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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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Wie man mit Unsicherheit im Hinblick auf Therapieeffekte umgeht 99pien in <strong>der</strong> besten Absicht, vor allem, wenn sie ihren Patienten in <strong>eine</strong>rverzweifelten Situation damit Hoffnung geben können. EineAnnahme lautete beispielsweise, dass <strong>eine</strong> «stumme» (klinisch kaumnachweisbare) Infektion vorzeitige Wehen und <strong>eine</strong> Frühgeburt auslösenkönne. Diese Theorie verleitete Ärzte dazu, Schwangeren Antibiotikazu verschreiben – in <strong>der</strong> Hoffnung, dass sie die Schwangerschaftdann fortsetzen könnten. Niemand dachte ernsthaft daran,dass diese Anwendung von Antibiotika schwerwiegende Problemeverursachen würde. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass die betroffenenFrauen selbst mit Antibiotika behandelt werden wollten – nachdem Motto: «Lassen Sie es uns versuchen; es kann ja nicht schaden.»Als man diese Therapie letzten Endes in <strong>eine</strong>m fairen Test untersuchte,hatten die Ergebnisse eindeutige Konsequenzen <strong>für</strong> die klinischePraxis: Zunächst einmal ließen sich k<strong>eine</strong>rlei Vorteile feststellen.Darüber hinaus ergab die langfr<strong>ist</strong>ige Nachbeobachtung <strong>der</strong>Babys in dieser Studie, dass diejenigen, die im Mutterleib Antibiotikaausgesetzt gewesen waren, eher Zerebralparesen und Probleme mit<strong>der</strong> Sprache, dem Sehvermögen und dem Laufen aufwiesen als dieSäuglinge in den Vergleichsgruppen. In all den Jahrzehnten, in denenSchwangeren Antibiotika verordnet worden waren, ohne dassihre Effekte durch faire Tests ausreichend belegt gewesen wären,waren diese Risiken von Antibiotika unerkannt geblieben. Wie sohäufig trugen diejenigen, die im «normalen» klinischen Alltag <strong>eine</strong>nicht ausreichend bewertete Behandlung erhielten, eher Schäden da-Ärzte im Gespräch über das Rätselraten beim Verordnen von BehandlungenIn <strong>eine</strong>m fiktiven Gespräch zwischen zwei Ärzten stellte ein AllgemeinmedizinerFolgendes fest: «Ein Großteil unserer Tätigkeit besteht aus Rätselraten, und ichkann mir nicht vorstellen, dass wir beide uns dabei beson<strong>der</strong>s wohlfühlen. Dieeinzige Möglichkeit herauszufinden, ob etwas wirkt, <strong>ist</strong> <strong>eine</strong> richtige Studie, aberdie Hürden sind sehr hoch. Was tun wir also? Wir tun, wonach uns gerade <strong>der</strong> Sinnsteht. Und ich bin sicher, dass das manchmal auch völlig in Ordnung <strong>ist</strong> – immerhinhaben wir als Ärzte ja Erfahrung und all das. Den Rest <strong>der</strong> Zeit liegen wirdamit vermutlich genauso oft richtig wie falsch. Doch weil das, was wir da tun,von niemandem als Studie bezeichnet wird, unterliegt es auch k<strong>eine</strong>rlei Vorschriftenund k<strong>eine</strong>r von uns kann was daraus lernen.»In Anlehnung an Petit-Zeman S. Doctor, what’s wrong?Making the NHS human again. London: Routledge, 2005, S. 79–80.© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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