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Wo ist der Beweis? Plädoyer für eine evidenzbasierte Medizin ...

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98 Wie man mit Unsicherheit im Hinblick auf Therapieeffekte umgehtdener Therapien. Und eingefahrene Gepflogenheiten können bedeuten,dass es sehr lange dauert, bevor solche Unsicherheitendurch faire Tests zerstreut werden. Ein beson<strong>der</strong>s treffendes Beispiel<strong>ist</strong> die Anwendung von Koffein bei Frühgeborenen. FrühgeboreneBabys haben häufig Schwierigkeiten mit <strong>der</strong> richtigen Atmung, undmanchmal hören sie auch <strong>für</strong> sehr kurze Zeit auf zu atmen. Vondiesen Problemen, die man auch als Frühgeborenen-Apnoe bezeichnet,sind sehr viele Säuglinge betroffen, die vor <strong>der</strong> 34. Schwangerschaftswochegeboren werden. Als Ende <strong>der</strong> 1970er-Jahre <strong>der</strong>Nachweis erbracht wurde, dass die Behandlung mit Koffein die Anzahl<strong>der</strong> Apnoe-Episoden reduziert, wurde sie von etlichen Kin<strong>der</strong>ärztenangewendet.Dennoch blieben die Wirkungen von Koffein umstritten. Obwohlfaire Tests gezeigt hatten, dass die Anzahl <strong>der</strong> Apnoe-Episodendurch die Gabe von Koffein abnahm, waren viele Kin<strong>der</strong>ärzte <strong>der</strong>Meinung, dass diese Episoden nicht schwerwiegend genug waren,um die Anwendung von Koffein zu rechtfertigen; und manche hattenBedenken, dass sie bei diesen winzigen Babys möglicherweisenicht ohne Risiko <strong>für</strong> ihre Gesundheit war. Das bedeutete, dass einigeSäuglinge mit Koffein behandelt wurden und an<strong>der</strong>e nicht. Alsdiese weitverbreitete Unsicherheit schließlich mehr als 30 Jahrenach <strong>der</strong> Einführung dieser Therapie in <strong>eine</strong>r großen internationalenStudie untersucht wurde, stellte sich heraus, dass diese einfacheTherapie nicht nur die Atemschwierigkeiten min<strong>der</strong>te, son<strong>der</strong>nauch – was sehr wichtig war – die Wahrscheinlichkeit <strong>eine</strong>s Langzeitüberlebensohne Zerebralparese und ohne Verzögerung <strong>der</strong> kindlichenEntwicklung signifikant verbesserte. Hätte man sich bereits beiEinführung <strong>der</strong> Therapie mit dieser Unsicherheit auseinan<strong>der</strong>gesetzt,wäre es bei weniger Babys zur Entwicklung von Behin<strong>der</strong>ungengekommen.15, 16Antibiotika bei vorzeitigen WehenWenn medizinische Behandlungen, von denen man sich vorteilhafteEffekte erhofft und die <strong>für</strong> harmlos gehalten werden, durch faireTests untersucht werden, kann sich herausstellen, dass k<strong>eine</strong> von beidenAnnahmen den Tatsachen entspricht. Ärzte verordnen Thera-© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, BernDieses Dokument <strong>ist</strong> nur <strong>für</strong> den persönlichen Gebrauch bestimmt und darf in k<strong>eine</strong>r Form vervielfältigt und an Dritte weitergegeben werden.Aus: Imogen Evans, Hazel Thornton, Iain Chalmers, Paul Glasziou; <strong>Wo</strong> <strong>ist</strong> <strong>der</strong> <strong>Beweis</strong>? – <strong>Plädoyer</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>evidenzbasierte</strong> <strong>Medizin</strong>. 1. Auflage.

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