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Institutionen der Integration Ratspräsidentschaft und ... - E-LIB

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Valentin Schrö<strong>der</strong> <strong>Institutionen</strong> <strong>der</strong> <strong>Integration</strong> Kapitel 2<br />

die sich durch das Handeln <strong>der</strong> einzelnen Akteure auf <strong>der</strong> Mikroebene einstellt, wirkt an<strong>der</strong>erseits<br />

als aggregiertes Handeln aller Akteure auf die Makroebene zurück. Erst durch diese Handlungskombinationen,<br />

die gewissermaßen aus den einzelnen Handlungen zusammengesetzt sind, werden<br />

also die Eigenschaften des Systems reproduziert <strong>und</strong> potenziell verän<strong>der</strong>t. So stehen System<br />

<strong>und</strong> Akteure letztlich in einem dauerhaften Verhältnis zueinan<strong>der</strong>. Dieses Verhältnis ist aber nicht<br />

„starr“ in dem Sinne, dass Akteure immer über die gleichen Handlungsoptionen verfügten. Verän<strong>der</strong>ungen<br />

im System können die Handlungsoptionen <strong>der</strong> Akteure verän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> tangieren<br />

damit auch <strong>der</strong>en Handeln auf <strong>der</strong> Mikroebene.<br />

Auf <strong>der</strong> Mikroebene handelt ein Akteur bei gegebenen Begrenzungen durch das System außerdem<br />

nicht nur mit Blick auf sich selbst. Son<strong>der</strong>n er bezieht die Handlungsoptionen an<strong>der</strong>er Akteure<br />

im gleichen System in seine Handlungswahl mit ein. Die Akteure befinden sich damit zu<br />

jedem Zeitpunkt in einer Situation interdependenten Handelns. Zusätzlich zu den Beschränkungen<br />

durch das System wirkt sich für jeden Akteur auch diese Interdependenz darauf aus, welche<br />

Handlungen nutzenmaximierend sind. Colemans Modell versteht das Handeln aller Akteure im<br />

System damit nicht als bloße Aggregation von einzelnen Handlungen, son<strong>der</strong>n als Aggregation<br />

von interdependentem Handeln unter Beschränkungen durch das System (Coleman 1990: 22). 3<br />

Daraus ergibt sich, dass alles, was durch das Handeln <strong>der</strong> Akteure nicht reproduziert werden<br />

kann, auch nicht Teil des Systems ist. Das ist die Umwelt des Systems (Coleman 1990: 29f.). Die<br />

Akteure können von Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Umwelt vielleicht Effekte auf die Nützlichkeit bestimmter<br />

Handlungsoptionen erwarten, d.h. es kann vorteilhaft sein, eigenes Handeln an die<br />

Umwelt anzupassen. Aber die Akteure können die Systemumwelt nicht verän<strong>der</strong>n. 4<br />

Der Begriff „Akteur“ leitet sich bei Coleman aus dem Anliegen ab, sozialwissenschaftlich interessante<br />

Phänomene als Systemverhalten durch diese Aggregation von interdependentem Handeln<br />

auf <strong>der</strong> Mikroebene zu erklären (Coleman 1990: 2). Die Einheiten, denen zielgerichtete Handlungen<br />

zugeordnet werden, sind Akteure, wenn diese Handlungen einen Effekt auf an<strong>der</strong>e Akteure<br />

haben können. Der Begriff ist also rein analytisch. Akteure können Menschen sein, aber das müssen<br />

sie nicht. Welche Entität als Akteur charakterisiert wird, hängt von dem jeweils zu erklärenden<br />

Systemverhalten ab.<br />

3 Ähnliche Konzepte zum Verhältnis von Mikro- <strong>und</strong> Makroebene finden sich auch schon bei McClelland (1961:<br />

40ff.) <strong>und</strong> später, selbst im Verweis auf Coleman, bei Esser (1993: 93ff.). Esser teilt in seinem Gr<strong>und</strong>modell soziologischen<br />

Erklärens in die Herstellung <strong>der</strong> Makro-Mikroverbindung durch eine Reihe von Brückenhypothesen als<br />

„typisierende Beschreibung <strong>der</strong> Situation“ (Esser 1999: 15, so wird die "Logik <strong>der</strong> Situation" definiert), in die Ableitung<br />

des Handelns <strong>der</strong> Akteure daraus mithilfe einer Handlungstheorie („Logik <strong>der</strong> Selektion“) <strong>und</strong> in die Formulierung<br />

von Transformationsregeln zur Herstellung <strong>der</strong> Mikro-Makro-Verbindung („Logik <strong>der</strong> Aggregation“) ein.<br />

4 Coleman (1990: 29f.) nennt das im Verweis auf (Friedman 1977)„strukturelle Interdependenz“, während innerhalb<br />

von Systemen „behaviorale Interdependenz“ herrsche.<br />

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