Großraubtiere in Europa - Studienfakultät für Forstwissenschaft und ...
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Der Luchs (Lynx lynx) kehrt zurück – Die Geschichte des „P<strong>in</strong>selohrs“<br />
Der Niedergang durch Habitat- <strong>und</strong> Beuteverlust wurde durch die unerbittliche<br />
Verfolgung des Luchses durch den Menschen beschleunigt. Der Jäger stellte <strong>in</strong> der<br />
Vergangenheit dem Luchs mit aller Härte nach.<br />
Er betrachtete ihn als Konkurrenz bei der hoheitlichen Jagd auf Hirsch (Cervus<br />
elaphus) <strong>und</strong> Wildschwe<strong>in</strong> (Sus scrofa). Gleichzeitig stellten die großen Raubtiere wie Luchs,<br />
Wolf <strong>und</strong> Bär auch e<strong>in</strong>e Bedrohung <strong>für</strong> Schafe (Ovis spec.) <strong>und</strong> Ziegen (Capra spec.) dar, die<br />
bis <strong>in</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>ert die Existenzgr<strong>und</strong>lage vieler bäuerlicher Kle<strong>in</strong>betriebe bildeten. Die<br />
Überbejagung des Schalenwilds <strong>in</strong> den meisten Regionen Mitteleuropas im 17. bis 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>und</strong> die Urbarmachung von Waldgebieten zwangen vor allem junge, unerfahrene<br />
Luchse Schafe <strong>und</strong> Ziegen zu reißen, was die Bevölkerung zusätzlich motivierte, diese Art<br />
auszurotten. An Luchswechseln <strong>und</strong> Ranzplätzen war die Jagd mit Fallen, Giftködern <strong>und</strong><br />
Feuerwaffen e<strong>in</strong>fach. Abschussprämien motivierten die Jäger zur schonungslosen Ausrottung<br />
des „Raubwildes". Sicher trug auch die leise <strong>und</strong> sche<strong>in</strong>bar teilnahmslose Art der Katzen dazu<br />
bei, den Luchs als mystischen, erbarmungslosen Killer zu betrachten.<br />
Die Jagt auf den Luchs war zudem e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>trägliches Geschäft. Se<strong>in</strong> wertvoller Pelz<br />
erzielte Spitzenpreise, denn er war als Futter <strong>für</strong> Kleidung oder als wärmendes Fell beim<br />
Liegen heiß begehrt.<br />
Auch die Sympathielehre <strong>in</strong> der Volksmediz<strong>in</strong> glaubte lange, dass sich wesentliche<br />
Heilungskomponente <strong>in</strong> den Körperteilen e<strong>in</strong>es Tieres bef<strong>in</strong>den, <strong>und</strong> sich mit solchen Teilen<br />
analoge Krankheiten heilen lassen. Besonders Luchsklauen waren als Amulette <strong>und</strong> Schmuck<br />
heiß begehrt, aber auch der Verzehr von Luchsfleisch sollte von Schw<strong>in</strong>delanfällen oder<br />
Krämpfen heilen (HABEL 2001). Damit konnte e<strong>in</strong> geschossener Luchs e<strong>in</strong> gutes<br />
E<strong>in</strong>kommen <strong>für</strong> den Jäger se<strong>in</strong>.<br />
Viele Vorstellungen den Luchs betreffend s<strong>in</strong>d aus Traditionen erwachsen <strong>und</strong> heute<br />
lange überholt. Doch bewirkten sie damals, dass die Luchszahlen Mitte des letzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>en Tiefstand erreichten (BREITENMOSER et al. 2000; SCHÖNE 2001)<br />
Vertiefung: Der „verbrecherische“ Luchs (um 1800)<br />
Habel gibt hier e<strong>in</strong>e aus dem Jahr 1800 stammende Beschreibung des Luchses wieder<br />
(HABEL 2001): „E<strong>in</strong> Mörder <strong>und</strong> Buschschlepper ohne Gleichen, dessen Räubereyen aber<br />
nach Standesgebühr <strong>in</strong>s Große gehen! Rotwild nicht nur Rehe, auch Hasen <strong>und</strong> wildes<br />
Geflügel werden oft se<strong>in</strong>e Beute – selbst Schafe, Ziegen <strong>und</strong> Kälber s<strong>in</strong>d vor se<strong>in</strong>em<br />
Mordgezähne nicht sicher. Ihm nachzustellen, diesem gefährlichsten aller Wilddiebe, welcher<br />
ächte Nimrodssohn (Jäger) sollte dazu nicht Beruf fühlen?“<br />
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