Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 100 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
Der Wirtschafts- und Finanzausschuss <strong>des</strong> Europäischen<br />
Parlaments hat im Zusammenhang mit der Umsetzung<br />
der Beschlüsse <strong>des</strong> Europäischen Rates erklärt, dass er<br />
mit der Reform <strong>des</strong> Stabilitäts- und Wachstumspaktes unzufrieden<br />
sei. Nach seiner Auffassung wären keine Reformen<br />
notwendig gewesen, wenn die Mitgliedstaaten ihre<br />
Verpflichtungen eingehalten und die Bestimmungen <strong>des</strong><br />
Paktes beachtet hätten 30.<br />
Auch nach den neuen Verfahrensregelungen zum Europäischen<br />
Stabilitäts- und Wachstumspakt haben die Mitgliedstaaten<br />
zu gewährleisten, dass die innerstaatlichen<br />
Haushaltsverfahren sie in die Lage versetzen, die finanzwirtschaftlichen<br />
Stabilitätsverpflichtungen zu erfüllen.<br />
Diese Verpflichtung trifft Deutschland als Gesamtstaat.<br />
Demzufolge haben sich die Finanzierungsdefizite bei<br />
Bund, Ländern sowie bei den Sozialversicherungssystemen<br />
an den Europäischen Stabilitätsvorgaben auszurichten.<br />
Damit bleibt auch nach der Lockerung <strong>des</strong> Stabilitäts-<br />
und Wachstumspaktes die umfangreiche<br />
Konsolidierung der öffentlichen Finanzen eine gemeinsame<br />
Aufgabe aller staatlichen Ebenen sowie der Sozialversicherungsträger.<br />
2.8.2 Innerstaatliche Regelungen zur<br />
Haushaltsdisziplin<br />
Die zum 1. Juli 2002 in Kraft getretene Regelung <strong>des</strong><br />
§ 51a Haushaltsgrundsätzegesetz sieht ein Verfahren zur<br />
innerstaatlichen Umsetzung der Vorgaben <strong>des</strong> Europäischen<br />
Stabilitäts- und Wachstumspaktes vor. Hiernach<br />
streben Bund und Länder eine Rückführung der<br />
Nettoneuverschuldung mit dem Ziel ausgeglichener<br />
Haushalte an. Der Finanzplanungsrat erhält die Aufgabe,<br />
durch Empfehlungen zur Haushaltsdisziplin – insbesondere<br />
zu einer gemeinsamen Ausgabenlinie – darauf hinzuwirken,<br />
dass die Bestimmungen <strong>des</strong> Europäischen Stabilitäts-<br />
und Wachstumspaktes von Bund und Ländern<br />
umgesetzt werden. Halten die Gebietskörperschaften die<br />
Stabilitätsvorgaben nicht ein, gibt der Finanzplanungsrat<br />
Empfehlungen zur Wiederherstellung der Haushaltsdisziplin.<br />
In den letzten Sitzungen <strong>des</strong> Finanzplanungsrates haben<br />
sich Bund, Länder und Gemeinden wiederholt zu ihrer<br />
gemeinsamen Verantwortung für die Einhaltung <strong>des</strong><br />
Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes bekannt<br />
und eine Rückführung <strong>des</strong> gesamtstaatlichen Defizits auf<br />
unter 3 % <strong>des</strong> Bruttoinlandsproduktes angekündigt. Zugrunde<br />
gelegt wird dabei eine Aufteilung <strong>des</strong> nach den<br />
30 Vgl. die Berichte <strong>des</strong> Wirtschafts- und Finanzausschusses <strong>des</strong><br />
Europäischen Parlaments vom 26.05.<strong>2005</strong> (A6-0158/<strong>2005</strong> endg.),<br />
S. 10 und vom 27.05.<strong>2005</strong> (A6-0168/<strong>2005</strong> endg.), S. 13.<br />
Auch die Deutsche Bun<strong>des</strong>bank sieht in den vorgeschlagenen Änderungen<br />
eine ernste Schwächung <strong>des</strong> Paktes mit der Gefahr, dass<br />
sich die Haushaltsdisziplin in den Mitgliedstaaten weiter lockert und<br />
sich die Haushaltsungleichgewichte eher noch vergrößern, vgl. Monatsbericht<br />
April <strong>2005</strong>; S. 15–21.<br />
EU-Kriterien maximal zulässigen Staatsdefizits im Verhältnis<br />
von 45 % für den Bund (einschließlich Sondervermögen<br />
und Sozialversicherungen) und von 55 % für<br />
die Länder und Gemeinden 31. Im Rahmen der Konsolidierungsstrategie<br />
soll das Wachstum der Ausgaben in<br />
den Haushalten von Bund und Ländern auf 1 % im<br />
Jahresdurchschnitt begrenzt werden. An der Zielsetzung<br />
eines ausgeglichenen Staatshaushalts wird festgehalten.<br />
Ob die relativ allgemein gehaltenen Absichtserklärungen<br />
zur Haushaltskonsolidierung ausreichen, um die Einhaltung<br />
der Haushaltsdisziplin von Bund und Ländern und<br />
die Rückführung der gesamtstaatlichen Defizitquote zu<br />
gewährleisten, erscheint fraglich. Zudem trägt die Vereinbarung<br />
hinsichtlich der Defizitaufteilung zwischen den<br />
Gebietskörperschaften der tatsächlichen Finanzlage <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong> nicht angemessen Rechnung. Wie schon in den<br />
früheren Haushaltsjahren entfiel auch im Jahre 2004 auf<br />
den Bund (einschließlich der Sozialversicherungen) wieder<br />
deutlich mehr als die Hälfte <strong>des</strong> ermittelten Staatsdefizits<br />
von rund 80 Mrd. Euro. Dieses Verhältnis dürfte<br />
sich in den nächsten Jahren kaum zugunsten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />
ändern.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat wiederholt auf die Nachteile<br />
dieser Aufteilungsregelung hingewiesen und u. a.<br />
empfohlen, die ungünstigere Finanzlage <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, die<br />
deutlich niedrigeren Deckungsquoten im Bun<strong>des</strong>haushalt<br />
sowie die höhere konjunkturelle Abhängigkeit <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>haushalts bei der Aufteilung <strong>des</strong> Rahmens für das<br />
gesamtstaatliche Defizit stärker zu berücksichtigen 32.<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium hat ebenfalls eine Änderung der<br />
Defizitaufteilung gefordert, sich aufgrund <strong>des</strong> Widerstan<strong>des</strong><br />
der Länderseite jedoch bislang nicht durchsetzen<br />
können.<br />
Auch bei den Regelungen zur innerstaatlichen Umsetzung<br />
<strong>des</strong> Europäischen Stabilitätspaktes wurden keine<br />
Fortschritte erzielt. Nach dem vorläufigen Scheitern der<br />
Arbeiten der Verfassungskommission zur Modernisierung<br />
der bun<strong>des</strong>staatlichen Ordnung sind nach wie vor wesentliche<br />
Punkte nicht geklärt:<br />
● Die Empfehlungen <strong>des</strong> Finanzplanungsrats sind nicht<br />
sanktionsbewehrt. Zudem fehlt es an einem „Frühwarnsystem“<br />
zur frühzeitigen Erkennung von Haushaltskrisen<br />
sowie an verbindlichen Vorgaben zur Einhaltung<br />
bzw. Wiedererlangung stabilitätskonformer<br />
Haushalte 33. Die Länder haben unter Hinweis auf Artikel<br />
109 Abs. 1 Grundgesetz bislang entsprechende<br />
Regelungen abgelehnt.<br />
31 Vgl. Beschluss <strong>des</strong> Finanzplanungsrates vom 21.03.2002 Nr. 5.<br />
32 So auch Deutsche Bun<strong>des</strong>bank: Defizitbegrenzende Haushaltsregeln<br />
und nationaler Stabilitätspakt in Deutschland, in: Monatsbericht<br />
April <strong>2005</strong>, S. 36.<br />
33 Vgl. Haushaltskrisen im Bun<strong>des</strong>staat – Gutachten <strong>des</strong> Wissenschaftlichen<br />
Beirats beim Bun<strong>des</strong>ministerium der Finanzen, Band 78,<br />
April <strong>2005</strong>.