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Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen

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Drucksache 16/160 – 172 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />

eine Ertrag bringende Wirtschaftseinheit, z. B. Grundbesitz,<br />

auf ihre Kinder (Vermögensübernehmer). Die Kinder<br />

verpflichten sich im Gegenzug, eine monatliche Geldrente<br />

zu leisten. Beide Leistungen sind meistens nach<br />

kaufmännischen Gesichtspunkten nicht ausgewogen; die<br />

Leistungen der Kinder orientieren sich vielmehr am Versorgungsbedürfnis<br />

der Eltern.<br />

Im Einkommensteuergesetz (EStG) ist die Behandlung<br />

der Übertragung von Privatvermögen im Rahmen der<br />

vorweggenommenen Erbfolge gegen Versorgungsleistungen<br />

nicht geregelt. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG bestimmt lediglich<br />

„dauernde Lasten“ als Sonderausgaben, ohne den<br />

Begriff zu definieren. Sonderausgaben sind nach § 2<br />

Abs. 4 EStG von den Einkünften abzuziehen. Die Höhe<br />

der Versorgungsleistungen, die als Sonderausgaben steuermindernd<br />

berücksichtigt werden, wird in Fachkreisen<br />

auf jährlich 1 Mrd. Euro geschätzt.<br />

Die Rechtsprechung entwickelte für die Vermögensübergabe<br />

gegen Versorgungsleistungen folgende Grundsätze:<br />

1. Die Vermögensübergabe ist als unentgeltlicher Vorgang<br />

zu behandeln.<br />

2. Auf Seiten <strong>des</strong> Vermögensübernehmers sind die gezahlten<br />

Versorgungsleistungen als dauernde Last bei<br />

den Sonderausgaben steuerlich abziehbar.<br />

3. Der Vermögensübergeber hat die erhaltenen Versorgungsleistungen<br />

als sonstige Einkünfte nach § 22<br />

Nr. 1 EStG zu versteuern.<br />

Zu besonderen Fallgestaltungen hat der Bun<strong>des</strong>finanzhof<br />

seine Rechtsprechung in den letzten zehn Jahren mehrfach<br />

und teilweise grundlegend geändert. Das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />

der Finanzen (Bun<strong>des</strong>ministerium) gab dazu in<br />

diesem Zeitraum sechs teilweise sehr umfangreiche Anwendungsschreiben<br />

für die Finanzverwaltung heraus. Darin<br />

traf es u. a. Übergangsregelungen, nach denen die<br />

Grundsätze der neuen Rechtsprechung erst für Verträge<br />

gelten sollten, die nach Veröffentlichung der entsprechenden<br />

Anwendungsschreiben abgeschlossen wurden. Das<br />

Anwendungsschreiben vom 16. September 2004 sieht<br />

z. B. vor, dass bestimmte Versorgungsleistungen, die<br />

nach der Rechtsprechung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>finanzhofes nicht<br />

mehr steuerlich abziehbar sind, dann als Sonderausgaben<br />

abgezogen werden können, wenn sie vor dem<br />

1. November 2004 vereinbart wurden.<br />

Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof untersuchte im Jahre 2004 bei<br />

fünf Finanzämtern, wie diese die komplizierte und sich<br />

häufig ändernde Rechtsprechung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>finanzhofes<br />

sowie die Anwendungsschreiben <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums<br />

bei privaten Vermögensübergaben umgesetzt haben.<br />

In rund 90 % der vom Bun<strong>des</strong>rechnungshof eingesehenen<br />

rund 400 Fälle ließen die Finanzämter den Abzug von<br />

Versorgungsleistungen als Sonderausgaben zu, ohne dass<br />

die Steuerpflichtigen den Übertragungsvertrag vorgelegt<br />

und Nachweise über die tatsächlich im jeweiligen Besteuerungszeitraum<br />

geleisteten Zahlungen der Versorgungsleistungen<br />

erbracht hatten. Die Finanzämter prüften<br />

häufig nicht, ob steuerlich begünstigte Versorgungsleis-<br />

tungen vorlagen, und wandten die von der Rechtsprechung<br />

entwickelten und in den Anwendungsschreiben <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>ministeriums festgelegten Kriterien nicht richtig<br />

an.<br />

Häufig gewährten die Finanzämter dem Vermögensübernehmer<br />

den Sonderausgabenabzug, ohne die Besteuerung<br />

der Versorgungsleistungen beim Vermögensübergeber zu<br />

prüfen. Dies geschah selbst dann, wenn sie für die Einkommensteuerveranlagung<br />

beider Steuerpflichtigen zuständig<br />

waren. So hatte ein Finanzamt bei mehreren<br />

Steuerpflichtigen insgesamt rund 780 000 Euro Versorgungsleistungen<br />

als Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt,<br />

ohne dass es die Versorgungsleistungen bei<br />

den jeweiligen Empfängern besteuerte. Lag die Zuständigkeit<br />

für den Vermögensübergeber und den Vermögensübernehmer<br />

bei verschiedenen Finanzämtern, so versäumte<br />

es das für den Vermögensübernehmer zuständige<br />

Finanzamt meistens, eine Kontrollmitteilung an das<br />

Finanzamt zu fertigen, das für den Empfänger der Versorgungsleistungen<br />

zuständig war.<br />

In einigen Fällen war der Vermögensübergeber ins Ausland<br />

umgezogen. Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof stellte fest,<br />

dass in diesen Fällen eine Besteuerungslücke besteht. Der<br />

Vermögensübernehmer kann die gezahlten Versorgungsleistungen<br />

im Inland als Sonderausgaben steuermindernd<br />

geltend machen, obwohl die Einkünfte aus Versorgungsleistungen<br />

beim Vermögensübergeber im Inland nicht der<br />

Steuerpflicht unterliegen. Im Ausland sind derartige Bezüge<br />

oft ganz oder teilweise steuerfrei.<br />

38.2<br />

Nach Auffassung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes ist die hohe<br />

Fehlerquote bei der steuerlichen Behandlung der Vermögensübergabe<br />

gegen Versorgungsleistungen darauf zurückzuführen,<br />

dass es keine gesetzlichen Regelungen<br />

hierzu gibt und die Rechtsprechung sehr umfangreich und<br />

schwer verständlich ist. Auch die Anwendungsschreiben<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums konnten nicht für mehr Klarheit<br />

sorgen.<br />

Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat dem Bun<strong>des</strong>ministerium<br />

<strong>des</strong>halb empfohlen, § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG zum Sonderausgabenabzug<br />

der dauernden Lasten aufzuheben. Die<br />

Versorgungsleistungen sind dann nicht mehr steuermindernd<br />

zu berücksichtigen. Die Beteiligten können aber<br />

das gleiche wirtschaftliche Ergebnis wie bei einer Vermögensübergabe<br />

gegen Versorgungsleistungen erreichen,<br />

wenn sie eine Vermögensübergabe unter Nießbrauchsvorbehalt<br />

vereinbaren. Die steuerliche Behandlung <strong>des</strong><br />

Nießbrauchs unterliegt klaren rechtlichen Vorgaben, ist<br />

weniger missbrauchsanfällig und erleichtert der Finanzverwaltung<br />

die Rechtsanwendung, da im Regelfall nur<br />

die steuerlichen Verhältnisse <strong>des</strong> Vermögensübergebers<br />

zu beurteilen sind. Der Nießbraucher erzielt in Höhe seines<br />

Nießbrauchsanteils Einkünfte und hat diese zu<br />

versteuern. Beim Wegzug ins Ausland unterliegt der<br />

Nießbrauch beim Vermögensübergeber der Einkommensteuerpflicht<br />

im Inland. Eine Besteuerungslücke besteht<br />

nicht.

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