Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode – 27 – Drucksache 16/160<br />
Allgemeine Finanzverwaltung<br />
30 Unzureichende Besteuerung illegaler<br />
Umsätze und Einkünfte<br />
Erhebliche Steuerausfälle ließen sich vermeiden, wenn<br />
Umsätze und Einkünfte aus illegaler Tätigkeit, z. B. aus<br />
Hehlerei, Bestechung, dem Handel mit Rauschgiften und<br />
anderen verbotenen Erzeugnissen, wirksamer besteuert<br />
würden.<br />
Für die Steuerpflicht ist es unerheblich, ob ein Verhalten,<br />
das den Tatbestand eines Steuergesetzes erfüllt, gegen ein<br />
gesetzliches Verbot verstößt. Deshalb unterliegen Umsätze<br />
und Einkünfte aus illegalen Tätigkeiten der Umsatz-,<br />
Einkommen- oder Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer,<br />
falls die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Das<br />
gilt z. B. für Umsätze und Einkünfte aus Hehlerei, Erpressung,<br />
Bestechung, Agententätigkeit, Schleusertätigkeit<br />
sowie aus dem Handel mit Kriegswaffen, Raubkopien, gefälschten<br />
Markenartikeln, Kinderpornographie, verbotenen<br />
rechtsextremistischen Schriften oder Schmuggelwaren.<br />
Der Verkauf von Rauschgiften, unerlaubten<br />
Arzneimitteln und Falschgeld unterliegt nach der Rechtsprechung<br />
<strong>des</strong> Europäischen Gerichtshofs zwar nicht der<br />
Umsatzsteuer, die Gewinne jedoch der Ertragsbesteuerung.<br />
Den Finanzämtern gelingt es nur in Einzelfällen, die auf<br />
jährlich mehrere Milliarden Euro geschätzten Umsätze<br />
und Einkünfte aus illegaler Tätigkeit zu besteuern. Diese<br />
unzureichende Besteuerung verletzt die Steuergerechtigkeit<br />
und verursacht insgesamt erhebliche Ausfälle an Umsatzsteuer<br />
und Ertragsteuern. Deren Höhe lässt sich mangels<br />
gesicherter Daten nicht beziffern. Die Steuerausfälle<br />
beruhen im Wesentlichen darauf, dass Kriminalpolizei<br />
und Staatsanwaltschaft, aber auch Gerichte und Zollbehörden<br />
die Steuerverwaltung über Straftaten oder Sachverhalte,<br />
die für eine Besteuerung in Betracht kommen,<br />
nicht oder nicht rechtzeitig unterrichten.<br />
Eine systematische und flächendeckende Besteuerung<br />
illegal erzielter Umsätze und Einkünfte lässt sich nur<br />
durch eine wirksamere Zusammenarbeit der betroffenen<br />
Behörden und einen verbesserten Informationsaustausch<br />
erreichen. Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof schlägt hierzu folgende<br />
Maßnahmen vor:<br />
● Eine Änderung der Abgabenordnung sollte klarstellen,<br />
dass andere Behörden den Finanzbehörden Tatsachen<br />
mitzuteilen haben, die auf eine Steuerstraftat schließen<br />
lassen. Das Bun<strong>des</strong>ministerium der Finanzen (Bun<strong>des</strong>ministerium)<br />
soll in einem Merkblatt für diese Behörden<br />
erläutern, welche Fälle für eine Mitteilung geeignet<br />
sind, welche Angaben die Anzeigen enthalten<br />
sollen und an welche Stellen innerhalb der Finanzbehörden<br />
diese Anzeigen zu richten sind.<br />
● Bei der Verfolgung von Straftaten sollte eine behördenübergreifende<br />
Sichtweise das auf die eigene Zuständigkeit<br />
bezogene Bewusstsein ablösen. Das Bun-<br />
<strong>des</strong>ministerium soll auf die betroffenen Bun<strong>des</strong>- und<br />
Länderministerien entsprechend einwirken.<br />
● Die Strafverfolgungsbehörden sollten über Zuständigkeiten,<br />
Aufbau, Aufgaben und Befugnisse der Finanzbehörden<br />
durch Vorträge, Schulungen und im Rahmen<br />
von Hospitationen unterrichtet werden. Einzelheiten<br />
soll das Bun<strong>des</strong>ministerium in einem Merkblatt regeln.<br />
● Informationen sollten im Interesse einer vertrauensvollen<br />
und dauerhaften Zusammenarbeit der unterschiedlichen<br />
Behörden in beide Richtungen ausgetauscht<br />
werden können. Das Bun<strong>des</strong>ministerium soll<br />
klarstellen, unter welchen Voraussetzungen das Steuergeheimnis<br />
hierfür durchbrochen werden kann.<br />
● Wünschenswert wäre es, den Steuerfahndungsstellen<br />
einen Zugriff auf polizeiliche Datenbanken einzuräumen.<br />
● Damit Steuern auch beigetrieben werden können, sollten<br />
die Steuerfahndungsstellen bei Durchsuchungen<br />
stets darauf achten, dass verwertbares Vermögen zur<br />
Begleichung von Steuerforderungen sichergestellt wird.<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium soll die Grundlagen dafür<br />
schaffen, dass vermögenssichernde und -abschöpfende<br />
Maßnahmen künftig bun<strong>des</strong>einheitlich und systematisch<br />
angewendet werden.<br />
31 Mängel bei der Abzinsung von Rückstellungen<br />
und unverzinslichen<br />
Verbindlichkeiten<br />
Die derzeitigen Vorschriften zur Abzinsung von unverzinslichen<br />
Verbindlichkeiten und Rückstellungen verursachen<br />
eine ungleichmäßige Besteuerung und dürften die<br />
erwarteten Steuereinnahmen nicht erbracht haben.<br />
Bilanzierende Unternehmer sind seit dem Jahre 1999 gesetzlich<br />
verpflichtet, ihre unverzinslichen Verbindlichkeiten<br />
und Rückstellungen mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen<br />
(Abzinsungsgebot). Diese Bestimmung sollte<br />
die steuerliche Bemessungsgrundlage verbreitern und erhebliche<br />
Steuermehreinnahmen bringen.<br />
Das Abzinsungsgebot wird jedoch weder von Steuerpflichtigen<br />
umfassend beachtet noch von Finanzämtern<br />
richtig vollzogen. Hieran haben auch ergänzende und<br />
klarstellende Vorschriften <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums der<br />
Finanzen und der obersten Lan<strong>des</strong>finanzbehörden nicht<br />
Wesentliches verändert. Die Vorschriften enthalten sogar<br />
Hinweise zur Umgehung <strong>des</strong> Abzinsungsgebotes. Weit<br />
reichende Übergangsregelungen begünstigen insbesondere<br />
ein Unternehmen der öffentlichen Hand.<br />
Da die festgestellten Mängel darauf hindeuten, dass sich<br />
die ursprünglich geplanten Steuermehreinnahmen nicht<br />
erzielen lassen und die Gleichmäßigkeit <strong>des</strong> Vollzuges<br />
<strong>des</strong> Abzinsungsgebotes nicht gewährleistet ist, empfiehlt<br />
der Bun<strong>des</strong>rechnungshof, die Abschaffung <strong>des</strong> Abzinsungsgebotes<br />
für unverzinsliche Verbindlichkeiten und<br />
Rückstellungen zu prüfen.