Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen

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Drucksache 16/160 – 92 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode Der Bundesrechnungshof hat in seinen letztjährigen Bemerkungen ebenfalls empfohlen, zumindest auf mittelfristige Sicht in Anlehnung z. B. an die Schweizer Bundesverfassung 22 ein grundsätzliches Verbot der Neuverschuldung in wirtschaftlichen Normalzeiten normativ zu verankern 23. Der Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages hat diese Anregung aufgegriffen und im Rahmen seiner Beschlussfassung zu den Bemerkungen 2004 das Bundesministerium gebeten zu prüfen, ob die Konsolidierung des Bundeshaushalts durch eine wirkungsvollere normative Begrenzung der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Kreditaufnahme unterstützt werden kann. Der prinzipielle Verzicht auf einen Haushaltsausgleich durch Kreditaufnahme wäre nicht zuletzt ein wesentlicher Beitrag, um langfristig die Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte gerade im Hinblick auf die wachsenden intergenerativen Belastungen zu gewährleisten 24. Angesichts der gegenwärtigen schwierigen Situation des Bundeshaushalts dürfte eine derartige weitgehende und ehrgeizige Verschuldungsregel allerdings kurzfristig nicht zu realisieren sein. In einem Zwischenschritt sollte jedoch zumindest – wie vom Bundesrechnungshof seit längerem gefordert – der Investitionsbegriff enger gefasst werden, um einen weiteren Schuldenanstieg zumindest zu bremsen. Das Bundesministerium hat ausgeführt, der geltende Investitionsbegriff und seine Auslegung in der Staatspraxis seien durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abgedeckt. Die geltende Rechtslage stelle im 22 In Artikel 126 der Schweizer Bundesverfassung ist im Jahre 2001 eine sog. Schuldenbremse eingeführt worden, nach der die Ausgaben sich grundsätzlich an den im jeweiligen Haushaltsjahr zur Verfügung stehenden ordentlichen Einnahmen zu orientieren haben. Bei Überschreiten sind Mehrausgaben in den Folgejahren zu kompensieren. 23 Vgl. dazu auch BT-Drs. 15/3721: Entwurf der FDP-Fraktion vom 22.09.2004 zur Änderung des Grundgesetzes (Aufnahme von Stabilitätskriterien in das Grundgesetz) – danach soll ein Haushaltsausgleich ohne Neuverschuldung spätestens zum 31.12.2010 erreicht werden. 24 Vgl. Deutsche Bundesbank: Defizitbegrenzende Haushaltsregeln und nationaler Stabilitätspakt in Deutschland, in: Monatsbericht April 2005; S. 23–38: Zur Sicherstellung solider öffentlicher Finanzen wäre danach eine Reform nationaler Haushaltsregeln geboten, nicht zuletzt mit dem Ziel, die Verpflichtung zu strukturell weitgehend ausgeglichenen Haushalten fester zu verankern (S. 35). Übrigen eine sachgerechte Regelung dar, die zugleich dem Erfordernis Rechnung trage, in der Haushaltspraxis umsetzbar zu sein. Der Bundesrechnungshof hält an seiner Auffassung fest, dass das geltende Regelwerk zur Kreditbegrenzung in der Haushaltspraxis weitgehend versagt hat. Zur Unterstützung der notwendigen Konsolidierungsanstrengungen sollte daher eine wirkungsvollere normative Begrenzung der Nettokreditaufnahmemöglichkeiten angestrebt werden. 2.6 Entwicklung der Verschuldung und des Schuldendienstes Der Gesamtschuldenstand des Bundes betrug zum Ende des Jahres 2004 rund 860,3 Mrd. Euro. Er setzt sich zusammen aus Schulden des Bundeshaushalts in Höhe von rund 803,0 Mrd. Euro und seiner Sondervermögen in Höhe von rund 57,3 Mrd. Euro (vgl. Abbildung 15). Die Gesamtverschuldung des Bundes hat sich damit seit dem Beginn der 90er-Jahre (Gesamtschuldenstand 1989: rund 255 Mrd. Euro) mehr als verdreifacht (+ 337 %). Dem Schuldenzuwachs im Haushaltsjahr 2004 infolge der hohen Nettokreditaufnahme stand nicht – wie in früheren Haushaltsjahren – ein Schuldenrückgang aufgrund von Tilgungen beim Sondervermögen Erblastentilgungsfonds gegenüber. Denn im Haushaltsjahr 2004 hatte die Deutsche Bundesbank nur einen Gewinn von rund 0,25 Mrd. Euro erzielt und an den Bundeshaushalt abgeführt. Die Gewinnabführung lag damit erstmals seit dem Jahre 1989 unter dem im Bundeshaushalt veranschlagten Ansatz von 3,5 Mrd. Euro, sodass sie im Haushaltsjahr 2004 nicht zur Schuldentilgung beim Erblastentilgungsfonds beitragen konnte. Eine ähnliche Entwicklung ist im Haushaltsjahr 2005 zu verzeichnen, da der an den Bundeshaushalt abgeführte Bundesbankgewinn mit rund 0,676 Mrd. Euro weit unter dem veranschlagten Soll von 2,0 Mrd. Euro lag. Aufgrund der hohen jährlichen Nettokreditaufnahmen vor allem seit dem Jahre 2002 sowie den im Finanzplanungszeitraum sich abzeichnenden Kreditaufnahmen wird die Gesamtverschuldung weiter ansteigen. Aus heutiger Sicht ist zum Ende des Finanzplanungszeitraums 2009 mit einem Gesamtschuldenstand des Bundes von über 970 Mrd. Euro zu rechnen (vgl. Abbildung 15).
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 93 – Drucksache 16/160 Verschuldung des Bundes einschließlich seiner Sondervermögen 24 55 118 201 211 225 243 251 277 300 310 350 364 386 426 460 488 4 1970 3 2 1975 1980 3 3 3 3 1985 1986 1987 1988 4 29 48 97 1989 1990 1991 1992 1993 149 111 271 267 257 56 58 59 59 264 1994 1995 Jahr Infolge des hohen Schuldenstandes muss der Bund in erheblichem Umfang Kredite aufnehmen, um die Ausgaben für die Tilgung fällig werdender Kredite früherer Jahre zu finanzieren. Diese so genannte Anschlussfinanzierung hat mittlerweile ein jährliches Volumen von zum Teil über 200 Mrd. Euro (vgl. Abbildung 16). Sie wird wegen der haushaltsgesetzlich vorgeschriebenen Nettoveranschlagung nicht im Haushaltsplan, sondern nur in der Finanzierungsübersicht ausgewiesen. Durch die Anschluss- 708 716 Sondervermögen Bundesschuld 697 720 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 59 761 57 22 24 25 26 803 864 885 Abbildung 15 907 2003 2004 2005 2006 2007 926 26 945 2008 2009 Finanzplan 1 200 1 000 800 600 400 200 finanzierung werden der Schuldenstand und die Zinslast weitergewälzt. Je nach aktuellem Zinsniveau können die Zinsausgaben niedriger oder höher als die bisher geleisteten Zinsen ausfallen. In jedem Fall ist der Bundeshaushalt erheblichen Zinsänderungsrisiken ausgesetzt. Bei einer Anschlussfinanzierung im Umfang von rund 200 Mrd. Euro würde bereits ein Anstieg des jahresdurchschnittlichen Zinsniveaus um einen Prozentpunkt rechnerisch Zinsmehrausgaben von jährlich 2 Mrd. Euro bedeuten. 0 Mrd. Euro
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