Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 66 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
2 Finanzwirtschaftliche Entwicklung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> – Das strukturelle Ungleichgewicht<br />
zwischen Einnahmen und Ausgaben verfestigt sich<br />
2.0<br />
Die finanzwirtschaftliche Lage <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> gibt Anlass zu<br />
ernster Besorgnis. Die seit Jahren zu beobachtende Verschlechterung<br />
der Haushaltsstruktur auf der Ausgabenund<br />
auf der Einnahmenseite schreitet unvermindert<br />
voran. Der Bun<strong>des</strong>haushalt <strong>2005</strong> weist ein nie da gewesenes<br />
strukturelles Ungleichgewicht auf. Rechnerisch<br />
werden mehr als 90 % der Steuereinnahmen für Sozialausgaben<br />
(unter Einbeziehung der sich abzeichnenden<br />
Arbeitsmarktmehrausgaben) und Zinsausgaben verwendet;<br />
insoweit bestehen nur geringe Spielräume für zukunftsbegünstigende<br />
Aufgaben wie den Ausbau und die Modernisierung<br />
der Infrastruktur sowie die Förderung von Forschung<br />
und Wissenschaft. Der Anteil der Investitionen am<br />
Haushaltsvolumen geht – spiegelbildlich zum Anstieg der<br />
Ausgaben für Soziales und Zinsen – weiter zurück.<br />
Auf der Ausgabenseite fallen vor allem die Belastungen<br />
im Sozialbereich ins Gewicht. Die bereits seit Jahren extrem<br />
hohen Leistungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> an die Rentenversicherung<br />
werden weiter ansteigen. Das Gleiche gilt für<br />
die Leistungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> an die anderen Alterssicherungssysteme.<br />
Die zeitliche Verschiebung von Ausgaben<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> für die Pensionsverpflichtungen der ehemaligen<br />
Bun<strong>des</strong>post entlastet zwar den Bun<strong>des</strong>haushalt <strong>2005</strong>.<br />
Der Preis hierfür sind jedoch zusätzliche Ausgabelasten<br />
für die kommenden Bun<strong>des</strong>haushalte, die die Haushaltsprobleme<br />
und damit den Konsolidierungsdruck weiter erhöhen<br />
werden.<br />
Die Einführung der neuen Grundsicherung für Arbeitsuchende<br />
sowie die nach wie vor schlechte Lage am Arbeitsmarkt<br />
haben zu einer überproportionalen Zunahme<br />
der Arbeitsmarktausgaben im Bun<strong>des</strong>haushalt geführt.<br />
Im Haushaltsjahr <strong>2005</strong> muss der Bund mehr Haushaltsmittel<br />
für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen als jemals<br />
zuvor. Finanzwirtschaftlich gesehen trägt der Bund<br />
die Hauptlast der mit „Hartz IV“ bezeichneten Zusammenführung<br />
der bisherigen Arbeitslosenhilfe und der<br />
Sozialhilfe. Ob dieser Teil der Arbeitsmarktreformen zumin<strong>des</strong>t<br />
mittelfristig zu einer finanziellen Entlastung <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>haushalts führen, bleibt abzuwarten.<br />
Die erheblichen Nettokreditaufnahmen in den letzten<br />
Haushaltsjahren haben – trotz <strong>des</strong> weiterhin niedrigen<br />
Zinsniveaus – höhere Zinsausgaben zur Folge. Mittelund<br />
langfristig wächst damit auch das Zinsänderungsrisiko.<br />
Der Bun<strong>des</strong>haushalt ist aufgrund der seit Jahrzehnten<br />
permanent neu aufgenommenen Kredite in eine<br />
Zinsfalle geraten. Die Kreditfinanzierung hat zwar kurzfristige<br />
Freiräume für die Haushaltsführung eröffnet.<br />
Diese Freiräume werden jedoch durch die Folgebelastungen<br />
in Form steigender Zinsausgaben aufgezehrt.<br />
Die Finanzierungsbasis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>haushalts weist immer<br />
größere Lücken auf. Die Steuereinnahmen als mit Abstand<br />
wichtigste Einnahmequelle reichen nicht aus, um<br />
die wachsenden Belastungen auf der Ausgabenseite zumin<strong>des</strong>t<br />
annähernd abzudecken. Die Steuereinnahmen <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong> koppeln sich zunehmend von der gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung ab. Zudem hat der Bund seine<br />
Steuereinnahmen durch eine Reihe von Abzügen insbesondere<br />
im Rahmen <strong>des</strong> Familienleistungsausgleichs, der Regionalisierung<br />
<strong>des</strong> öffentlichen Personennahverkehrs und der<br />
Bun<strong>des</strong>ergänzungszuweisungen erheblich vermindert. Konsolidierungsvorschläge<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> im Bereich der Steuervergünstigungen<br />
fanden keine Mehrheit im Bun<strong>des</strong>rat.<br />
Nach wie vor geht der überwiegende Teil der Zuweisungen<br />
im vertikalen Finanzausgleich als Aufbauhilfen an<br />
die neuen Länder und das Land Berlin. Die Empfängerländer<br />
sind aufgefordert, diese Hilfen – entsprechend der<br />
gesetzlichen Zielsetzung – stärker als bislang geschehen<br />
zur Förderung investiver Zwecke einzusetzen.<br />
Nach dem Ergebnis der Steuerschätzung vom Mai <strong>2005</strong><br />
mussten die Steuereinnahmeerwartungen zum neunten<br />
Mal hintereinander nach unten korrigiert werden. Seit<br />
Jahren ist die tatsächliche Haushaltsentwicklung deutlich<br />
ungünstiger als die in den Finanzplänen prognostizierte<br />
Entwicklung. Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof wiederholt daher<br />
seine Empfehlungen, bei den Annahmen zur gesamtwirtschaftlichen<br />
Entwicklung mehr Zurückhaltung zu üben<br />
und die steuerliche Entwicklung in den Haushalts- und<br />
Finanzplänen vorsichtiger einzuschätzen.<br />
Trotz veranschlagter Vermögensverwertungen in Rekordhöhe<br />
wird es voraussichtlich nicht gelingen, die Neuverschuldung<br />
im Bun<strong>des</strong>haushalt <strong>2005</strong> im Vollzug unterhalb<br />
der verfassungsgesetzlichen Regelkreditgrenze zu<br />
halten. Nach Auffassung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes hätte<br />
sich die Bun<strong>des</strong>regierung daher mit dem Deutschen Bun<strong>des</strong>tag<br />
bei der Frage abstimmen müssen, ob die Vorlage<br />
eines Nachtragshaushalts erforderlich war. Vor dem<br />
Hintergrund der wiederholten Überschreitung der Regelkreditobergrenze<br />
sieht sich der Bun<strong>des</strong>rechnungshof in<br />
seiner Auffassung bestätigt, dass die geltende verfassungsrechtliche<br />
Verschuldungsregel ungeeignet ist, den<br />
Schuldenaufwuchs im Bun<strong>des</strong>haushalt aufzuhalten oder<br />
zumin<strong>des</strong>t zu bremsen.<br />
Der Einsatz von Erlösen aus der Vermögensverwertung<br />
zur Haushaltsfinanzierung trägt nicht dazu bei, den<br />
Haushalt zu konsolidieren. Durch den Vermögensabbau<br />
bei dennoch stetigem Schuldenaufwuchs werden die Einnahmemöglichkeiten<br />
für künftige Haushalte verringert;<br />
hierdurch wird die Haushaltsbasis nachhaltig geschädigt.<br />
Finanzwirtschaftlich richtig wäre es dagegen, die Einnahmen<br />
aus der Privatisierung konsequent für die Tilgung<br />
der bestehenden Schulden zu verwenden.<br />
Bei dieser Finanzlage ist davon auszugehen, dass der<br />
Bund auf absehbare Zeit weiter Nettokreditaufnahmen<br />
tätigen muss, um die jährlichen Bun<strong>des</strong>haushalte auszugleichen.<br />
Aufgabe der Haushaltspolitik wird es sein, die