Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 174 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof empfiehlt weiterhin alternativ,<br />
die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gesetzlich<br />
zu regeln. Ursache für die komplizierte und sich<br />
häufig ändernde Rechtsprechung sind fehlende gesetzliche<br />
Bestimmungen.<br />
An seiner Auffassung, dass die Übergangsregelungen <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>ministeriums einer gesetzlichen Grundlage entbehren<br />
und erhebliche Einnahmeausfälle bei Bund und<br />
Ländern verursachen, hält der Bun<strong>des</strong>rechnungshof fest.<br />
Der verfassungsrechtlich gebotene Vertrauensschutz beinhaltet<br />
nicht, dass die zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung<br />
geltende Rechtslage in der Zukunft für unbegrenzte<br />
Zeit beizubehalten ist. Die Beteiligten haben die<br />
Möglichkeit, ihre Verträge einer geänderten Rechtslage<br />
anzupassen. Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof empfiehlt daher,<br />
die Übergangsregelungen zeitlich zu begrenzen.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof erkennt an, dass das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
die Notwendigkeit sieht, die Besteuerung beim<br />
Vermögensübergeber zu verbessern und die Besteuerungslücke<br />
bei im Ausland ansässigen Vermögensübergebern<br />
zu schließen.<br />
39 Steuermindereinnahmen durch<br />
Steuerfreiheit für Tabakwaren-<br />
Deputate<br />
(Kapitel 6002 Titel 032 09 – 910)<br />
39.0<br />
Steuermindereinnahmen von jährlich rund 6,8 Mio. Euro<br />
entstehen durch die Steuerbefreiung für Tabakwaren, die<br />
Hersteller an ihre Bediensteten unentgeltlich abgeben<br />
(Deputate). Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof sieht darin eine<br />
gleichheitswidrige Steuervergünstigung, die dem Grundsatz<br />
der Gleichmäßigkeit der Besteuerung wie auch dem<br />
Grundsatz der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit<br />
widerspricht. Er regt ihre Abschaffung an.<br />
39.1<br />
Tabakwaren unterliegen grundsätzlich der Verbrauchsteuer.<br />
Steuerschuldner ist der Inhaber <strong>des</strong> Herstellungsbetriebes<br />
(Hersteller). Nach § 6 Abs. 2 Tabaksteuergesetz<br />
i. V. m. § 3 Tabaksteuerverordnung sind von der Steuer<br />
die Tabakwaren befreit, die der Hersteller an seine Beschäftigten<br />
als Deputat unentgeltlich abgibt. Die entgeltliche<br />
Weitergabe dieser Deputate ist verboten; verschenken<br />
ist zulässig. Die steuerfreie Abgabe ist beschränkt auf Beschäftigte,<br />
deren Aufgaben in einem engen Zusammenhang<br />
mit der Herstellung der Tabakwaren stehen. Ferner<br />
ist sie auf die Warenart und -menge begrenzt, die nach<br />
Tarifverträgen oder traditionell als Deputate gewährt werden<br />
(z. B. 600 Zigaretten monatlich).<br />
Die Steuerfreiheit für Tabakwaren-Deputate wurde nach<br />
dem Ersten Weltkrieg eingeführt. Gründe dafür waren sowohl<br />
die Absicht, Diebstahl und Unterschlagung zu unterbinden<br />
– illegale Selbstbedienung würde die Tabakwaren<br />
der steuerlichen Überwachung entziehen – als auch<br />
die geringe Entlohnung der Beschäftigten.<br />
Durch die Steuerbefreiung entstehen dem Bund Mindereinnahmen<br />
von jährlich rund 6,8 Mio. Euro.<br />
Die Steuerbefreiung stellt eine Ausnahme im Verbrauchsteuerrecht<br />
dar. Deputate an Arbeitnehmer in Sektkellereien<br />
oder Brennereien sind beispielsweise nicht steuerfrei.<br />
Lediglich bei der den Ländern zufließenden<br />
Biersteuer sind Deputate noch verbrauchsteuerfrei.<br />
Bereits im Jahre 1989 hatte der Bun<strong>des</strong>rechnungshof angeregt,<br />
eine Entscheidung über die Abschaffung der Steuerbefreiung<br />
für Tabakwarendeputate einzuleiten. Der<br />
Rechnungsprüfungsausschuss <strong>des</strong> Haushaltsausschusses<br />
<strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages hatte sich damals dem Bun<strong>des</strong>rechnungshof<br />
angeschlossen. Wegen der seinerzeit anstehenden<br />
Harmonisierung <strong>des</strong> EU-Verbrauchsteuerrechts<br />
wurde die Angelegenheit nicht weiter verfolgt. Die Verbrauchsteuerharmonisierung<br />
führte jedoch nicht zu dem<br />
erwarteten Fortfall der Steuerbefreiung von Tabakwaren-<br />
Deputaten.<br />
39.2<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat daher sein Anliegen aus<br />
dem Jahre 1989 wieder aufgenommen und erneut angeregt,<br />
die Steuerbefreiung abzuschaffen.<br />
Verbrauchsteuern sollen in ihrer Zielrichtung allgemein<br />
– also ausnahmslos – verbrauchs- bzw. konsumbelastend<br />
wirken. Da auch das Tabaksteuerrecht Gemeinlasten verteilt,<br />
muss jede Gestaltung der Lastenverteilung mit<br />
Gründen <strong>des</strong> Gemeinwohls erklärt werden können. Eine<br />
allein im Interesse einzelner Bürger oder Gruppen liegende<br />
steuerliche Sonderbehandlung verletzt den Gleichheitssatz.<br />
Die Steuerbefreiung verstößt auch insoweit gegen den<br />
Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, als sie<br />
der Prävention von Diebstahl und Unterschlagung dienen<br />
soll. Sie wirkt nur selektiv, da vergleichbar gefährdete<br />
Branchen (Sektkellereien, Brennereien) außer Acht bleiben.<br />
Zudem ist das Motiv, illegale Selbstaneignung zu<br />
verhindern, auch <strong>des</strong>halb nicht sachgerecht, da Selbstaneignung<br />
nicht zu einem Steuerverlust führt. Auch<br />
deliktisch verursachte Fehlmengen sind zu versteuern.<br />
Was schließlich die sozialen Erwägungsgründe (geringe<br />
Entlohnung) betrifft, so unterliegen sie, wie die Auswirkungen<br />
der Tabaksteuererhöhungen auf die lohnsteuerfreien<br />
Sachbezüge deutlich machen, einem Bewertungswandel<br />
im jeweils aktuellen gesellschaftspolitischen<br />
Umfeld und genießen, jedenfalls dem Umfang nach,<br />
keine Bestandsgarantie.<br />
39.3<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium der Finanzen (Bun<strong>des</strong>ministerium)<br />
sieht in der Steuerbefreiung bei Tabakwaren keinen<br />
Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung.<br />
Sachgerechte Erwägungen könnten es rechtfertigen, von<br />
der Verbrauchsbesteuerung abzuweichen. Es hält zudem<br />
die Abschaffung steuerfreier Deputate im Verbrauchsteuerrecht<br />
derzeit für politisch nicht umsetzbar.