Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode – 163 – Drucksache 16/160<br />
32.4<br />
Den gewährenden Unternehmen ist in der Regel bekannt,<br />
dass die Empfänger von Sachzuwendungen deren Wert zu<br />
versteuern haben. Um die Pflege von Geschäftsbeziehungen<br />
nicht mit steuerlichen Unannehmlichkeiten zu belasten,<br />
gewährten Unternehmen den Empfängern häufig<br />
Bar-Zuschüsse zum Ausgleich der zu erwartenden Steuerbelastungen.<br />
Stimmen aus der Wirtschaft – so jüngst<br />
der Bun<strong>des</strong>verband der Deutschen Industrie im Zusammenhang<br />
mit der Fußballweltmeisterschaft 2006 – baten<br />
das Bun<strong>des</strong>ministerium wiederholt, den die Reiseleistungen<br />
gewährenden Unternehmen zu gestatten, die Steuern<br />
für die Geschäftsfreunde in einem pauschalierenden Verfahren<br />
zu übernehmen. Ein vergleichbares Anliegen<br />
wurde auch an den Petitionsausschuss <strong>des</strong> Deutschen<br />
Bun<strong>des</strong>tages herangetragen. Das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
lehnte mit der Begründung ab, ihm seien keine Probleme<br />
bei der Besteuerung bekannt, das Einkommensteuergesetz<br />
dürfe nicht mit Sonderregelungen belastet werden<br />
und der vorgeschlagene pauschale Steuersatz von 25 %<br />
sei zu niedrig.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof griff aufgrund seiner Prüfungserkenntnisse<br />
die Anregung der Wirtschaft auf. Er schlug<br />
dem Bun<strong>des</strong>ministerium Anfang <strong>des</strong> Jahres 2003 vor,<br />
eine Regelung zu schaffen, nach der ein Unternehmen die<br />
Einkommensteuer für Reiseleistungen mit befreiender<br />
Wirkung für den Reisenden pauschal abführen darf. Das<br />
könne Steuerausfälle vermeiden und den Verwaltungsaufwand<br />
verringern. Das Finanzministerium Nordrhein-<br />
Westfalen wollte den Referentenentwurf zum Steueränderungsgesetz<br />
2003 entsprechend ergänzen. Es sollte eine<br />
gesetzliche Wahlmöglichkeit geschaffen werden, nach<br />
der die Einkommensteuer für alle betrieblich veranlassten<br />
Sachzuwendungen an Personen, die nicht Arbeitnehmer<br />
<strong>des</strong> Unternehmens sind, pauschaliert werden können.<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium folgte dem Vorschlag <strong>des</strong><br />
Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen wegen laufender<br />
Erörterungen mit den Einkommensteuerreferatsleitern<br />
der obersten Finanzbehörden der Länder über die Schaffung<br />
einer solchen Pauschalierungsmöglichkeit nicht. Die<br />
Einkommensteuerreferatsleiter sprachen sich – wie bereits<br />
früher schon die Lohnsteuerreferatsleiter – mit großer<br />
Mehrheit für die Anregung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes<br />
aus. Sie baten das Bun<strong>des</strong>ministerium zu prüfen, wie<br />
eine entsprechende gesetzliche Regelung auszugestalten<br />
sei.<br />
32.5<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium hat dem Bun<strong>des</strong>rechnungshof<br />
mitgeteilt, es habe aufgrund <strong>des</strong> Beschlusses der Einkommensteuerreferatsleiter<br />
die Einführung einer gesetzlichen<br />
Pauschalierungsmöglichkeit geprüft. Eine solche Regelung<br />
halte es im Ergebnis nicht für sinnvoll. Nach den<br />
Feststellungen der Länder würden die Sachverhalte im<br />
Besteuerungsverfahren immer aufgegriffen, entweder bei<br />
Betriebsprüfungen oder nach Kontrollmitteilungen im<br />
Veranlagungsverfahren. Darüber hinaus erfordere das<br />
Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit<br />
grundsätzlich eine Besteuerung mit dem<br />
individuellen Steuersatz <strong>des</strong> Steuerpflichtigen. Pauschalierte<br />
Besteuerungsverfahren, bei denen die steuerliche<br />
Belastung nicht dem Empfänger einer Leistung, sondern<br />
dem Leistenden auferlegt würde, stellten demgegenüber<br />
nur eine Notlösung dar. Gerechtfertigt wäre diese Systemdurchbrechung<br />
nur, wenn eine Besteuerung andernfalls<br />
nicht in ausreichender Weise sichergestellt sei. Dies<br />
sei hier nicht der Fall. Letztlich würden die Empfänger<br />
eine weitere Steuervergünstigung erfahren; denn Incentive-Reisen<br />
würden vornehmlich solchen Steuerpflichtigen<br />
gewährt, die schon hohe Einkünfte erzielten und einem<br />
hohen Steuersatz unterlägen.<br />
32.6<br />
Die Einwände <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums gegen die Möglichkeit<br />
einer pauschalierten Besteuerung von Sachzuwendungen<br />
an Geschäftsfreunde überzeugen nicht.<br />
Die flächendeckende Besteuerung solcher Vorgänge ist<br />
entgegen der Auffassung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums wegen<br />
der beschränkten Erkenntnismöglichkeiten der Innendienste<br />
der Finanzämter nicht gesichert. Die Außendienste<br />
prüfen nur einen Teil der betroffenen Unternehmen<br />
und können bei der Fülle <strong>des</strong> Prüfstoffes die<br />
steuerliche Behandlung von Sachzuwendungen nicht immer<br />
aufgreifen. Eine vergleichbare Einschätzung hat das<br />
Referat <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums abgegeben, das für die<br />
Auswirkungen der Steuerpolitik auf die öffentlichen<br />
Haushalte zuständig ist. Es hält die Versteuerung der<br />
Sachzuwendungen an Geschäftsfreunde derzeit für nicht<br />
vollständig und befürwortet eine pauschalierte Besteuerungsmöglichkeit.<br />
Das Einkommensteuergesetz lässt bereits jetzt zu, dass<br />
ein Unternehmen auf Antrag Einkommensteuer für solche<br />
Sachprämien pauschal erheben kann, die es zur Kundenbindung<br />
im allgemeinen Geschäftsverkehr seinen Kunden<br />
gewährt, z. B. Bonusmeilen für Vielflieger (§ 37a EStG).<br />
Eine vergleichbare Sachlage ist bei Sachzuwendungen an<br />
Geschäftsfreunde gegeben. Zudem hat das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
im August <strong>2005</strong> eine Vereinfachungsregelung für<br />
die Überlassung so genannter VIP-Logen in Sportstätten<br />
an Geschäftsfreunde geschaffen. Danach kann auf die Besteuerung<br />
bei den Geschäftsfreunden verzichtet werden,<br />
wenn der Zuwendende 60 % seiner Aufwendungen versteuert.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof erwartet, dass das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
die gesetzliche Ausgestaltung einer pauschalierten<br />
Besteuerungsmöglichkeit prüft. Die grundsätzliche<br />
Bereitschaft der Unternehmen, dies zu nutzen, ist<br />
vorhanden. Deshalb sollte der Steuersatz so festgesetzt<br />
werden, dass für die Unternehmen ein Anreiz besteht, die<br />
Pauschalversteuerung zu übernehmen.