Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 82 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium hat eingewandt, dass zwischen<br />
den – das laufende und das nachfolgende Haushaltsjahr<br />
betreffenden – kurzfristigen Prognosen und den mittelfristigen<br />
Projektionen unterschieden werden müsse. Im<br />
Gegensatz zum Haushaltsplan stelle die Finanzplanung<br />
eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung der Regierung<br />
dar. Die Planung werde in einem iterativen Prozess<br />
unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung<br />
und der volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten in jedem<br />
Jahr fortlaufend angepasst. Mit zunehmendem Zeithorizont<br />
handele es sich sowohl bei den gesamtwirtschaftlichen<br />
Eckdaten als auch bei den daraus abgeleiteten<br />
Steuereinnahmen nicht um eine Wahrscheinlichkeitsprognose,<br />
sondern um die Abschätzung der Entwicklungsmöglichkeiten<br />
mit den aktuell zur Verfügung stehenden<br />
Erkenntnissen und Daten. Zudem würde die vom Bun<strong>des</strong>rechnungshof<br />
vorgeschlagene Einstellung von Planungsreserven<br />
einer politischen Bewertung der Ergebnisse <strong>des</strong><br />
unabhängigen Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ gleichkommen.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof stimmt mit dem Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
darin überein, dass der Finanzplan einen geringeren<br />
Verbindlichkeitsgrad hat als der Haushaltsplan und<br />
Abweichungen im Finanzplan daher anders zu bewerten<br />
sind. Die Finanzplanung hat allerdings eine erhebliche<br />
Bedeutung hinsichtlich der Projektion der mittelfristigen<br />
haushaltsrelevanten Entwicklungen; damit kommt ihr<br />
eine wesentliche Unterstützungsfunktion für die jährlichen<br />
Haushaltsentscheidungen <strong>des</strong> Parlaments zu. Sie bildet<br />
zudem eine wichtige Basis für die Erstellung der Stabilitätsprogramme,<br />
die im Rahmen <strong>des</strong> Europäischen<br />
Stabilitäts- und Wachstumspaktes jährlich vorzulegen<br />
sind. Vor diesem Hintergrund erscheint es bedenklich,<br />
dass die Finanzpläne der letzten Jahre gerade bei der Einnahmeentwicklung<br />
ein viel zu optimistisches Bild gezeichnet<br />
haben und die negativen Abweichungen bei der<br />
Fortschreibung der Steuereinnahmeerwartungen regelmäßig<br />
zu teilweise drastischen Verschlechterungen der<br />
Haushaltseckwerte geführt haben. Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof<br />
hält daher an seiner Empfehlung fest, im Verfahren<br />
der Finanzplanung künftig hinsichtlich der mittelfristigen<br />
Entwicklung der Steuereinnahmen vorsichtigere Annahmen<br />
zugrunde zu legen.<br />
2.3.2 Strukturelle Veränderungen der<br />
Steuereinnahmenbasis<br />
Der Bund hatte im Haushaltsjahr 2004 mit rund<br />
187,0 Mrd. Euro geringere Steuereinnahmen als bereits<br />
vor zehn Jahren (1994: rund 193,8 Mrd. Euro), während<br />
das steuerliche Gesamtaufkommen in Deutschland im<br />
gleichen Zeitraum um rund 41 Mrd. Euro gestiegen ist<br />
(rund 442,8 Mrd. Euro in 2004 gegenüber rund<br />
402,0 Mrd. Euro in 1994). Diese Abkoppelung der Steuereinnahmen<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> von der Gesamtentwicklung<br />
beruht zum Teil auf einer Reihe haushaltswirksamer<br />
Maßnahmen, die die Steuereinnahmenbasis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>haushalts<br />
nachhaltig verringert haben:<br />
● Im Rahmen <strong>des</strong> neu geregelten bun<strong>des</strong>staatlichen Finanzausgleichs<br />
ab dem Jahre 1995 hat der Bund zugunsten<br />
der Länder seinen Anteil an der Umsatzsteuer<br />
um sieben Prozentpunkte reduziert. Das entsprach<br />
Mindereinnahmen im Bun<strong>des</strong>haushalt 2004 von rund<br />
9,6 Mrd. Euro.<br />
● Im Rahmen <strong>des</strong> vertikalen Finanzausgleichs wurden<br />
die Bun<strong>des</strong>ergänzungszuweisungen an finanzschwache<br />
Länder seit dem Jahre 1995 deutlich aufgestockt.<br />
Im Bun<strong>des</strong>haushalt 2004 erhielten die Länder insgesamt<br />
rund 15,2 Mrd. Euro gegenüber rund 3,7 Mrd.<br />
Euro im Jahre 1994, also rund 11,5 Mrd. Euro mehr.<br />
● Das Kindergeld wird seit der Reform <strong>des</strong> Familienleistungsausgleichs<br />
im Jahre 1996 nach den Regelungen<br />
<strong>des</strong> Einkommensteuerrechts als Abzug von der<br />
Steuerschuld ausgezahlt. Nach mehrfacher Erhöhung<br />
beliefen sich die Kindergeldzahlungen im Jahre 2004<br />
auf rund 34,5 Mrd. Euro (gegenüber rund 10,9 Mrd.<br />
Euro im Jahre 1995). Auf den Bun<strong>des</strong>haushalt 2004<br />
entfielen hiervon entsprechend seinem Anteil an der<br />
Einkommensteuer (42,5 %) rund 14,7 Mrd. Euro.<br />
● Zur Kompensation der Mehrbelastungen der Länder<br />
aufgrund der Umstellung und der Verbesserungen<br />
beim Familienleistungsausgleich hat der Bund seit<br />
dem Jahre 1996 den Länderanteil an der Umsatzsteuer<br />
mehrmals erhöht. Im Bun<strong>des</strong>haushalt 2004 entsprach<br />
dies einem Betrag von rund 8 Mrd. Euro 11.<br />
● Im Rahmen der Bahnreform erhalten die Länder vom<br />
Bund seit dem Jahre 1995 einen Anteil aus dem Mineralölsteueraufkommen<br />
als finanziellen Ausgleich für<br />
die Regionalisierung <strong>des</strong> Schienenpersonennahverkehrs.<br />
Die Einnahmeminderung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> hieraus<br />
betrug im Jahre 2004 rund 6,8 Mrd. Euro 12 .<br />
● Außerdem stellte der Bund als einmalige Maßnahme<br />
im Haushaltsjahr 2004 aus seinem Anteil am Umsatzsteueraufkommen<br />
2,65 Mrd. Euro den Ländern zur<br />
Verfügung. Aufgrund dieses weiteren finanziellen Zugeständnisses<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> hatten die Länder im Rahmen<br />
<strong>des</strong> Vermittlungsverfahrens zum Haushaltsbegleitgesetz<br />
2004 und anderen Reformgesetzen dem<br />
Vorziehen eines Teils der letzten Stufe der Steuerreform<br />
um ein Jahr zugestimmt 13.<br />
● Für die Förderung einer kapitalgedeckten privaten Altersvorsorge<br />
(sog. Riester-Rente) sind für den Bun<strong>des</strong>haushalt<br />
<strong>2005</strong> steuerliche Mindereinnahmen in Höhe<br />
von rund 0,8 Mrd. Euro der Veranschlagung zugrunde<br />
gelegt 14; diese Mindereinnahmen werden in den<br />
nächsten Jahren noch erheblich zunehmen.<br />
11 Ab 2002: Umsatzsteueranteile Bund bei 49,6 %, Länder bei 50,4 %<br />
(nach Vorab-Abzug vom Umsatzsteueraufkommen i. H. v. 5,63 %<br />
zugunsten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> sowie 2,2 % zugunsten der Gemeinden); entspricht<br />
rechnerisch einem Bun<strong>des</strong>anteil am gesamten Umsatzsteueraufkommen<br />
von rund 51,4 % (Länder: rund 46,5 %; Gemeinden rund<br />
2,1 %).<br />
12 Dies entspricht einem Anteil von rund 16,3 % am Mineralölsteueraufkommen<br />
2004 (rund 41,8 Mrd. Euro).<br />
13 Die Regelung findet sich in Artikel 29 (Änderung <strong>des</strong> Finanzausgleichsgesetzes)<br />
<strong>des</strong> Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen<br />
am Arbeitsmarkt („Hartz IV“) (BGBl. I, 2003, S. 2954, 2990).<br />
14 Ohne Mindereinnahmen aufgrund der Lohnsteuerfreiheit gemäß § 3<br />
Nr. 63 EStG sowie sonstiger Maßnahmen (betriebliche Altersvorsorge).