Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 88 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof vertritt seit Jahren die Auffassung,<br />
dass Einnahmen aus Vermögensverwertungen<br />
grundsätzlich nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung<br />
eingesetzt werden sollten. Sie sollten vielmehr – entsprechend<br />
der haushaltsgesetzlichen Ermächtigung 18 – zum<br />
Abbau der bestehenden hohen Verschuldung verwendet<br />
werden (vgl. <strong>Bemerkungen</strong> 1999, Bun<strong>des</strong>tagsdrucksache<br />
14/1667 Nr. 2.3.2). Der massive Einsatz von Privatisierungserlösen<br />
zur Haushaltsfinanzierung begegnet erheblichen<br />
Bedenken vor allem aus folgenden Gründen:<br />
● Werden Bun<strong>des</strong>beteiligungen veräußert, um Haushaltslücken<br />
zu schließen, so hat dies den Charakter einer<br />
Desinvestition, die das Vermögen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> dauerhaft<br />
vermindert und damit die finanzwirtschaftlichen<br />
Handlungsspielräume für die nachfolgenden Haushalte<br />
zusätzlich einengt. Der Einsatz der Privatisierungseinnahmen<br />
zur Schuldentilgung würde demgegenüber sicherstellen,<br />
dass dem Abbau von Vermögenswerten<br />
eine entsprechende Reduzierung der Schulden und damit<br />
eine Entlastung bei den Zinsausgaben in den kommenden<br />
Haushalten gegenüber stehen.<br />
● Zum Haushaltsausgleich verwendete Privatisierungseinnahmen<br />
haben nur einen Einmaleffekt; sie wirken<br />
nicht nachhaltig im Hinblick auf eine Verbesserung<br />
der Haushaltsstruktur. Sie erwecken vielmehr nur den<br />
Anschein einer Konsolidierung. Folgerichtig werden<br />
Privatisierungserlöse im Verfahren zur Ermittlung <strong>des</strong><br />
öffentlichen Defizits nach dem Maastricht-Vertrag und<br />
dem Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt<br />
(vgl. Nr. 2.9.1) auch nicht als defizitmindernde Einnahmen<br />
berücksichtigt. Auf den Bun<strong>des</strong>haushalt <strong>2005</strong><br />
bezogen bedeutet dies, dass sein Defizit nach den<br />
europäischen Berechnungsregeln um rund 0,8 Prozentpunkte<br />
höher ausfällt, weil die veranschlagten Beteiligungserlöse<br />
defizitunwirksam sind.<br />
● Zudem unterliegt die Planung von Einnahmen aus Privatisierungen<br />
erheblichen Unsicherheiten, wie gerade<br />
die Wertentwicklung der Bun<strong>des</strong>anteile an der Deutschen<br />
Telekom AG und an der Deutschen Post AG in<br />
den letzten Jahren gezeigt hat (vgl. dazu <strong>Bemerkungen</strong><br />
2002, Bun<strong>des</strong>tagsdrucksache 15/60 Nr. 2.4.3). So haben<br />
sich infolge der Kursrückgänge seit dem Jahre<br />
2000 die Anteilswerte <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> an diesen beiden<br />
Unternehmen erheblich verringert. Wenn auf Privatisierungseinnahmen<br />
zur Haushaltsfinanzierung verzichtet<br />
wird, können ungünstige Verwertungschancen beim<br />
Beteiligungsvermögen die Haushalts- und Finanzplanung<br />
auch nicht nachteilig beeinflussen.<br />
Noch im Jahre 2002 hatte die Bun<strong>des</strong>regierung zur Verwendung<br />
der Einnahmen aus Privatisierungen die gleiche<br />
Auffassung vertreten. Bei der Vorlage <strong>des</strong> Finanzplans<br />
2002 bis 2006 hatte sie erklärt, dass vom Haushaltsjahr<br />
2004 an Privatisierungserlöse nicht mehr zur Ausgabenfinanzierung,<br />
sondern ausschließlich zur Schuldentilgung<br />
eingesetzt würden. Die Privatisierungserlöse würden<br />
dann über verminderte Zinszahlungen mittelbar und dau-<br />
18 Vgl. für den Bun<strong>des</strong>haushalt <strong>2005</strong>: § 2 Abs. 2 Satz 3 Haushaltsgesetz<br />
<strong>2005</strong>.<br />
erhaft zu Haushaltsentlastungen führen. Auch der Finanzplan<br />
2003 bis 2007 enthielt die Aussage, ab dem Jahre<br />
2004 auf Privatisierungserlöse zur Deckung von Ausgaben<br />
für die Postbeamtenversorgungskasse zu verzichten.<br />
Es ist zu hoffen, dass hier ein Umdenken stattfindet und<br />
für die neue Haushalts- und Finanzplanung diese finanzwirtschaftlich<br />
richtige Zielsetzung wieder aufgegriffen<br />
wird.<br />
2.3.6.2 Wirtschaftlich nachteilige<br />
Vermögensverwertungen<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof sieht bei Vermögensverwertungen,<br />
die unter dem Eindruck finanzwirtschaftlicher Zwänge<br />
vorgenommen werden, ein hohes Risiko unwirtschaftlichen<br />
Handelns.<br />
So stellt der seit Jahren praktizierte Verkauf von Aktien<br />
der Postnachfolgeunternehmen an die KfW im Rahmen<br />
so genannter Platzhaltergeschäfte nach seiner Auffassung<br />
keine wirtschaftliche Lösung im Vergleich zu einer<br />
entsprechenden Kreditaufnahme <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> dar. Dabei<br />
ist zu berücksichtigen, dass die KfW beim Weiterverkauf<br />
an Kurssteigerungen beteiligt ist, der Bund jedoch das<br />
Risiko sinkender Börsenkurse allein trägt.<br />
Zu einem unwirtschaftlichen Ergebnis führte nach Auffassung<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes auch die Verwertung<br />
von Forderungen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> gegenüber der russischen<br />
Föderation. Der Bund verzichtete hierbei auf Einnahmen<br />
aus zukünftigen russischen Zahlungen in Höhe<br />
von 7,35 Mrd. Euro. Die Einnahmen kommen nunmehr<br />
den Erwerbern von Anleihen zugute, die an diese Zahlungen<br />
gekoppelt sind. Aus der Emission der Anleihen erzielte<br />
der Bund Einnahmen in Höhe von 5 Mrd. Euro.<br />
Dieser Betrag lag um mehr als 1 Mrd. Euro niedriger als<br />
der Barwert der künftigen russischen Zahlungen, berechnet<br />
auf der Grundlage der Refinanzierungszinssätze <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>. Das Bun<strong>des</strong>ministerium sah die Transaktion<br />
gleichwohl als wirtschaftlich an, weil die Emission der<br />
Anleihen zu damals gültigen Marktbedingungen stattgefunden<br />
habe, das Risiko eines Forderungsausfalls auf den<br />
Markt verlagert worden sei und eine höhere Kreditaufnahme<br />
als Alternative nicht zur Debatte gestanden habe.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hält es für unabdingbar, bei liquiditätsorientierten<br />
Vermögensverwertungen vorab ihre<br />
Wirtschaftlichkeit anhand objektiver und nachvollziehbarer<br />
Kriterien zu überprüfen. Hierfür reicht es nicht aus,<br />
sich auf die Konditionen zu stützen, zu denen der Markt<br />
zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Aufnahme der Vermögenswerte<br />
bereit ist. Vielmehr sind in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung<br />
alle denkbaren Alternativen einzubeziehen<br />
und in ihren Vermögensauswirkungen zu bewerten.<br />
Die Orientierung an den Refinanzierungskonditionen <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong> stellt dabei sicher, dass die Mehrkosten gegenüber<br />
einer Kreditaufnahme transparent werden. Dies ist<br />
nicht zuletzt notwendig, um diese Mehrkosten und mögliche<br />
Vorteile einer alternativen Finanzierung gegeneinander<br />
abwägen zu können. Bei der Verwertung der<br />
Forderungen gegenüber Russland hätte die Abwägung<br />
beispielsweise ergeben, dass die Verlagerung <strong>des</strong> Zahlungsausfallrisikos<br />
vom Bund auf den Markt die höheren