Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen

Drucksache 16/160 – 152 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung
(Einzelplan 15)
27 Tarifwidrige Bezahlung von Beschäftigten
bei Trägern der gesetzlichen
Rentenversicherung
(Kapitel 1513)
27.0
Tarifkräfte bei einigen Landesversicherungsanstalten
erhielten höhere Vergütungen als vergleichbare Beschäftigte
des öffentlichen Dienstes. Gründe dafür waren ungerechtfertigte
übertarifliche Bezahlungen oder die Anwendung
interner Richtlinien für Arbeitsplatzbewertungen,
die zu nicht tarifkonformen Einstufungen führten.
Der Bundesrechnungshof hat das Bundesministerium für
Gesundheit und Soziale Sicherung aufgefordert, über die
Aufsichtsbehörden der Rentenversicherungsträger darauf
hinzuwirken, dass die Landesversicherungsanstalten bei
der Eingruppierung von Tarifkräften dem Tarifrecht in allen
Punkten genügen.
27.1
Die Landesversicherungsanstalten sind als Selbstverwaltungskörperschaften
des öffentlichen Rechts Träger der
gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter für ihren
jeweiligen Zuständigkeitsbezirk. Sie finanzieren sich aus
den Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber sowie
aus dem Bundeszuschuss.
Alle Landesversicherungsanstalten sind Mitglieder der
Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung
(TgDRV), einem Arbeitgeberverband Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung. Zweck der Tarifgemeinschaft
ist die Wahrnehmung der tariflichen Interessen der Mitglieder
als Arbeitgeber, insbesondere durch Abschluss
von Tarifverträgen. Die TgDRV hat im Rahmen ihrer Tarifhoheit
für den Bereich ihrer Mitglieder den Bundes-
Angestelltentarifvertrag (BAT) übernommen.
Der Bundesrechnungshof prüfte mit Unterstützung einiger
Prüfungsämter des Bundes die Eingruppierungen und
Einreihungen von Tarifkräften sowie die allgemeine Anwendung
des Tarifrechts bei den Landesversicherungsanstalten.
Wesentliche Feststellungen sind in den beiden folgenden
Beispielen dargestellt:
Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt
Hamburg
Das Prüfungsamt des Bundes Hamburg stellte übertarifliche
Bezahlungen von Angestellten der Landesversicherungsanstalt
Freie und Hansestadt Hamburg fest, die bei
Neueinstellungen, bei der Neubewertung von Arbeitsplätzen
oder im Rahmen von Besitzstandswahrungen gewährt
wurden. Die Landesversicherungsanstalt Freie und Han-
sestadt Hamburg hat diese übertariflichen Leistungen der
TgDRV nicht mitgeteilt und sie nicht mit ihr abgestimmt.
Das Prüfungsamt des Bundes Hamburg beanstandete gegenüber
der Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt
Hamburg, dass sie Tarifkräften über- oder außertarifliche
Leistungen gewährte, ohne sich zuvor mit der
TgDRV darüber verständigt zu haben.
Hierzu führte die Landesversicherungsanstalt Freie und
Hansestadt Hamburg aus, die Vorschriften des BAT seien
Mindestbedingungen. Im Geltungsbereich des BAT seien
zugunsten der Angestellten abweichende Regelungen arbeitsrechtlich
möglich und rechtlich wirksam. Solche
Regelungen seien in Form von übertariflichen oder außertariflichen
Leistungen möglich. Soweit über- oder außertarifliche
Vergütungsregelungen in den Arbeitsverträgen
vereinbart worden seien, stellten diese die Rechtsgrundlage
für die Zahlungen dar. Eine dem § 51 BHO entsprechende
haushaltsrechtliche Vorschrift, die die landesunmittelbaren
Sozialversicherungsträger verpflichte, nur
Personalausgaben zu leisten, die auf Gesetz oder Tarifvertrag
beruhen, gebe es nicht. Weder § 67 SGB IV noch
die hierzu erlassenen weiteren haushaltsrechtlichen Vorschriften
enthielten eine solche Vorgabe.
Landesversicherungsanstalt Hessen
Aufgrund des von der TgDRV abgeschlossenen Tarifvertrags
gilt auch die Eingruppierungsvorschrift des § 22
BAT für die Landesversicherungsanstalten. Danach sind
tragende Elemente der Eingruppierung – ebenso wie im
Geltungsbereich des BAT für Bund, Länder und Gemeinden
– der Grundsatz der Eingruppierungsautomatik, der
Begriff des Arbeitsvorgangs und die grundsätzliche Anbindung
an die überwiegend auszuübende Tätigkeit. Diese
Kernpunkte geben die Methode vor, mit der die tarifvertraglich
vereinbarten Eingruppierungsmerkmale zu behandeln
sind, um zu der tarifgerechten Eingruppierung zu
gelangen.
Die Landesversicherungsanstalt Hessen hat Richtlinien
für die Beschreibung von Stellen ihrer Beschäftigten eingeführt.
Diese Richtlinien sollen der Vorbereitung von
Personalentscheidungen und der Personalentwicklung
dienen. Die beschriebenen Stellen sollen in ihrer Wertigkeit
deckungsgleich mit vergleichbaren Beamtendienstposten
und nach Funktionsbezeichnungen wie Sachbearbeiter
A 9/V b BAT oder 1. Bearbeiter A 8/V c BAT
ausgewiesen werden. Die Anforderungen an eine Stelle
sollen sich aus Merkmalen wie Teamfähigkeit, Selbstständigkeit,
Initiative oder ähnlichem zusammensetzen und
daraus einen nach Punkten gestaffelten Bewertungsrahmen
für die Eingruppierung ergeben. Der Bezug auf die
Eingruppierungsmerkmale des BAT fehlt bei den Richtlinien.