Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 153 – Drucksache 16/160
Das Prüfungsamt des Bundes Frankfurt am Main beanstandete
gegenüber der Landesversicherungsanstalt Hessen,
dass dieses Verfahren der Landesversicherungsanstalt
Hessen den tariflichen Erfordernissen des § 22 BAT
nicht genüge. Anders als bei einzelfallbezogenen Tätigkeitsdarstellungen
und -bewertungen hält es das Verfahren
weder tarif- noch haushaltsrechtlich für geeignet, die
Personalausgaben zu belegen und damit der Gefahr überhöhter
Personalausgaben wirksam entgegenzutreten. Die
Richtlinien der Landesversicherungsanstalt Hessen sind
daher zur tarifkonformen Ermittlung von Eingruppierungen
und Einstufungen ungeeignet.
Die Landesversicherungsanstalt Hessen erwiderte, sie
teile diese Auffassung nicht. Das Stellenbeschreibungssystem
orientiere sich an den Vorgaben des BAT. Das Anforderungsprofil
der Stellenbeschreibung setze sich aus
Anforderungsmerkmalen zusammen, die entsprechend der
Wertigkeit der gestellten Anforderungen mit Punkten zu
bewerten seien. Für jede Vergütungsgruppe sei ein Punkterahmen
festgelegt, in dem sich die Summe der für die
einzelnen Anforderungsmerkmale zu vergebenden Punkte
bewegen müsse.
27.2
27.2.1
Der Bundesrechnungshof hat gegenüber dem Bundesministerium
für Gesundheit und Soziale Sicherung (Bundesministerium)
als zuständiger Bundesbehörde die
Auffassung vertreten, dass die Vorgehensweise der Landesversicherungsanstalten
dem Tarifrecht nicht genüge.
Im Einzelnen:
Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt
Hamburg
Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass die Bezahlung
von Tarifkräften bei der Landesversicherungsanstalt einzelvertraglich
über Tarifvorschriften hinausgehend geregelt
worden ist, da damit eine einheitliche Gestaltung der
Arbeitsbedingungen bei den Landesversicherungsanstalten
nicht gewährleistet werden kann.
Nach seiner Auffassung folgt aus der Selbstbindung der
Rentenversicherungsträger, dass sich die Mitglieder der
TgDRV gemäß § 69 SGB IV nach den Grundsätzen der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Interesse eines
einheitlichen Vorgehens bei der Gewährung über- oder
außertariflicher Leistungen in jedem Einzelfall mit der
TgDRV über diese Maßnahmen verständigen. Andernfalls
werden die Tarifverträge ausgehöhlt.
Landesversicherungsanstalt Hessen
Der Bundesrechnungshof verkennt nicht das personalwirtschaftliche
und personalentwicklungsbezogene Anliegen
der Landesversicherungsanstalt Hessen, ihren Angestellten
und Beamtinnen und Beamten im Hinblick auf berufliche
Entwicklungserwartungen möglichst vergleichbare
Chancen einzuräumen.
Gleichwohl genügen nach Auffassung des Bundesrechnungshofes
die Richtlinien für die Beschreibung der Stellen
der Beschäftigten der Landesversicherungsanstalt
Hessen nicht den Anforderungen an ein einzelfallbezogenes
Verfahren zur Eingruppierung gemäß § 22 BAT. Das
in den Richtlinien vorgegebene, an Beamtendienstposten
ausgerichtete analytische Bewertungssystem wird dem
Eingruppierungssystem des BAT in seinen tragenden Elementen
nicht gerecht. Es kann die tarifgerechte und damit
haushaltskonforme Eingruppierung nicht ersetzen.
Das gilt nach Auffassung des Bundesrechnungshofes auch
mit Blick auf den künftigen Tarifvertrag für den öffentlichen
Dienst (TVöD), der – soweit derzeit ersichtlich – die
tragenden Elemente des bisherigen Eingruppierungssystems
gemäß § 22 BAT in das neue Eingruppierungsverfahren
übernehmen wird.
27.2.2
Der Bundesrechnungshof hat das Bundesministerium aufgefordert,
über die Aufsichtsbehörden dahingehend auf die
Landesversicherungsanstalten einzuwirken, dass diese sich
künftig bei über- und außertariflichen Leistungen in jedem
Einzelfall mit der TgDRV über die Maßnahme verständigen,
um so einer Aushöhlung des Tarifrechts wirksam
entgegenzutreten.
Außerdem hat der Bundesrechnungshof das Bundesministerium
aufgefordert, über die Aufsichtsbehörden darauf
hinzuwirken, dass die Landesversicherungsanstalten
für die Eingruppierung ihrer Tarifkräfte nur Tätigkeitsbewertungen
nach der Methode des § 22 BAT durchführen,
die so geeignet sind, den Nachweis einer wirtschaftlichen
und sparsamen Verwendung des Bundeszuschusses zu
führen.
27.3
Das Bundesministerium hat von einer detaillierten inhaltlichen
Stellungnahme abgesehen. Es hat mitgeteilt, es
beabsichtige – entsprechend den Forderungen des Bundesrechnungshofes
– das Thema zur Beratung für die Aufsichtsbehördentagung
der Sozialversicherungsträger anzumelden.
27.4
Der Bundesrechnungshof sieht sich durch die Bereitschaft
des Bundesministeriums, die festgestellten Probleme
der Bezahlung von Tarifkräften zur Beratung für
die Aufsichtsbehördentagung der Sozialversicherungsträger
anzumelden, bestätigt.
Er bekräftigt seine Forderung an das Bundesministerium,
auf dieser Tagung über die Aufsichtsbehörden auf Festlegungen
für die Landesversicherungsanstalten hinzuwirken,
dass diese sich künftig bei über- und außertariflichen
Leistungen in jedem Einzelfall mit der TgDRV über die
Maßnahme verständigen und die Tätigkeitsbewertungen
nach der vorgeschriebenen tarifrechtlichen Methode vornehmen.