Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 162 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
unterlassene oder fehlerhafte Versteuerung nicht erkennen.<br />
Sie sind auf Feststellungen ihrer Außendienste angewiesen,<br />
die die zuwendenden Unternehmen prüfen. Die<br />
Außenprüfer decken solche Fälle jedoch nicht systematisch<br />
und zeitlich nur verzögert auf.<br />
32.1<br />
Im Wirtschaftsleben ist es üblich, geschäftliche Beziehungen<br />
durch Sachzuwendungen an Geschäftsfreunde<br />
oder deren Arbeitnehmer zu pflegen, zu fördern oder zu<br />
belohnen. Dazu gehören Einladungen zu sportlichen, kulturellen<br />
oder sonstigen gesellschaftlichen Ereignissen,<br />
z. B. in VIP-Logen, zu Formel 1-Autorennen, zur Teilnahme<br />
an einer Jagd oder die Zuwendung wertvoller Sachen<br />
wie Uhren. Weit verbreitet ist die Gewährung von<br />
Reisen, die allgemein-touristischen Zwecken dienen, so<br />
genannte Incentive-Reisen.<br />
32.2<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat die steuerliche Behandlung<br />
von Sachzuwendungen an Geschäftsfreunde am Beispiel<br />
von Incentive-Reisen geprüft. Die dabei aufgedeckten<br />
Mängel gelten auch für die Versteuerung der übrigen<br />
Sachzuwendungen.<br />
Verschiedene Vorschriften <strong>des</strong> Einkommensteuergesetzes<br />
und höchstrichterliche Rechtsprechung regeln die<br />
steuerliche Behandlung solcher Reisen. Das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
der Finanzen (Bun<strong>des</strong>ministerium) hat in einem<br />
Schreiben aus dem Jahre 1996 die Rechtslage zusammenfassend<br />
dargestellt und erläutert.<br />
Die Aufwendungen für eine solche Reise sind für steuerliche<br />
Zwecke bei dem gewährenden Unternehmen als<br />
Betriebsausgabe, der Wert der Reise bei dem Geschäftsfreund<br />
als Betriebseinnahme zu erfassen. Diese spiegelbildliche<br />
steuerliche Behandlung beim Geber und beim<br />
Empfänger wird durchbrochen, wenn der Geber die Reise<br />
als Geschenk gewährt, um allgemeine Geschäftsbeziehungen<br />
anzubahnen, zu sichern oder zu verbessern, ohne<br />
dass damit eine bestimmte Gegenleistung <strong>des</strong> Empfängers<br />
verknüpft ist. Die Aufwendungen hierfür dürfen den<br />
Gewinn <strong>des</strong> gewährenden Unternehmens nicht mindern<br />
(§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG));<br />
beim Empfänger wird das Geschenk gleichwohl als Betriebseinnahme<br />
berücksichtigt.<br />
Der anzusetzende Wert der Reise stimmt beim Geber und<br />
beim Empfänger nicht immer überein. Wendet beispielsweise<br />
das Unternehmen einem Geschäftsfreund eine<br />
Incentive-Reise zu, die es vom Veranstalter verbilligt erhalten<br />
hat, sind beim Unternehmen die niedrigeren tatsächlichen<br />
Kosten als Betriebsausgabe anzusetzen, beim<br />
Geschäftsfreund ist der höhere übliche Preis als Betriebseinnahme<br />
zu erfassen (§ 8 Abs. 2 EStG).<br />
32.3<br />
Die zutreffende Besteuerung von Sachzuwendungen bei<br />
Gebern und Empfängern bereitet den Finanzämtern er-<br />
hebliche Schwierigkeiten. Die Innendienste der Finanzämter<br />
sind auf Erkenntnisse der Außendienste angewiesen,<br />
deren Prüfungen jedoch nur einen Teil der Fälle<br />
aufdecken.<br />
So stellte vor einigen Jahren das Finanzamt für Steuerstrafsachen<br />
und Steuerfahndung in Köln bei mehr als<br />
120 Reiseveranstaltern bun<strong>des</strong>weit rund 800 Unternehmen<br />
fest, die Incentive-Reisen bei Reiseveranstaltern<br />
gebucht hatten. Als Wert dieser Reisen setzte es beim<br />
Empfänger die Kosten an, die dem gewährenden Unternehmen<br />
dafür entstanden waren. Soweit sich Namen und<br />
Anschriften der Empfänger ermitteln ließen, teilte es<br />
seine Feststellungen deren Finanzämtern mit. Insgesamt<br />
ergaben sich daraus zusätzliche Steuereinnahmen von<br />
rund 11,8 Mio. Euro. Das Mehrergebnis beruhte wesentlich<br />
auch darauf, dass die Unternehmen die Empfänger<br />
der Reisen nicht benannten und die Finanzämter ihnen<br />
<strong>des</strong>halb – zutreffend – den Abzug der Aufwendungen als<br />
Betriebsausgaben versagten.<br />
Betriebsprüfungsstellen anderer Finanzämter hatten vergleichbare<br />
Ergebnisse.<br />
So leiteten Betriebsprüfer in Hamburg in einem Fall rund<br />
1 700 Kontrollmitteilungen über Incentive-Reisen den<br />
Finanzämtern selbstständiger Versicherungsvertreter zu.<br />
Dies erbrachte Steuermehreinnahmen von rund 317 000<br />
Euro.<br />
Kontrollmitteilungsverfahren sind zeit- und arbeitsaufwendig.<br />
So kam es in den Beispielsfällen häufig zu Rückfragen<br />
zwischen den beteiligten Finanzämtern, insbesondere<br />
wegen unterschiedlicher Auffassungen der<br />
Empfänger über berufliche oder private Veranlassung der<br />
Reisen, über den Wert der Reisen und wegen Verjährungsfragen.<br />
Gelegentlich blieben Kontrollmitteilungen<br />
auch unbearbeitet. Zudem wandten die Finanzämter Kontrollmitteilungsverfahren<br />
nicht immer flächendeckend an.<br />
Wollten Unternehmen Kontrollmitteilungen an die<br />
Finanzämter der Geschäftsfreunde vermeiden, benannten<br />
sie die Empfänger der Sachzuwendungen ihren eigenen<br />
Finanzämtern nicht. Betriebsprüfer berücksichtigten in<br />
solchen Fällen die Reiseaufwendungen – zutreffend –<br />
nicht als Betriebsausgaben. So erhöhten Betriebsprüfer<br />
bei einem Unternehmen den Gewinn für den dreijährigen<br />
Prüfungszeitraum jährlich um rund 0,8 Mio. Euro. Das<br />
Unternehmen hatte Namen und Anschriften der begünstigten<br />
Ärzte, Ärztinnen, Pharmareferenten und Pharmareferentinnen<br />
nicht offen legen wollen.<br />
Soweit Unternehmen ihren eigenen Arbeitnehmern Incentive-Reisen<br />
gewähren, sind solche Zuwendungen als<br />
Arbeitslohn – ggf. auch pauschal – zu versteuern. Gelegentlich<br />
versteuerten Lohnsteuer-Außenprüfer auf Antrag<br />
der geprüften Unternehmen die Incentive-Reisen auch<br />
dann – unzulässigerweise – pauschal, wenn die Empfänger<br />
Geschäftsfreunde waren. In solchen Fällen setzten die<br />
Lohnsteuer-Außenprüfer einen durchschnittlichen Nettosteuersatz<br />
von 77 % <strong>des</strong> angenommenen Wertes der jeweiligen<br />
Reise an.