Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 54 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium hat darauf hingewiesen, dass es<br />
im Hinblick sowohl auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut<br />
als auch im Hinblick auf die Begründung zu § 2 Abs. 9<br />
Haushaltsgesetz 2004 an seiner Haushaltspraxis festhalten<br />
werde, zunächst die weiter geltende Kreditermächtigung<br />
<strong>des</strong> Vorjahres in Anspruch zu nehmen und sie gegenüber<br />
der für das laufende Haushaltsjahr vom Parlament erteilten<br />
Ermächtigung vorrangig zu nutzen. Der Gesetzeswortlaut<br />
und die Begründung zu § 2 Abs. 9 Haushaltsgesetz<br />
gingen ausdrücklich von einer qualifizierten Sperre <strong>des</strong><br />
Ermächtigungsrahmens nach § 2 Abs. 1 Haushaltsgesetz<br />
aus und nicht von einer Sperre der Restkreditermächtigung<br />
<strong>des</strong> Vorjahres. § 2 Abs. 9 Haushaltsgesetz setze die<br />
Anwendung der fifo-Methode voraus, da ansonsten ein<br />
Verbrauch der Restkreditermächtigungen erst nach Entsperrung<br />
<strong>des</strong> qualifiziert gesperrten Betrages möglich<br />
wäre. Eine solche Intention lasse sich dem Gesetzeswortlaut<br />
nicht entnehmen, denn der Gesetzgeber habe durch<br />
§ 2 Abs. 9 Haushaltsgesetz lediglich den dort definierten<br />
Teilbetrag seiner Zustimmung vorbehalten wollen.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof bestreitet nicht, dass die fifo-<br />
Methode mit dem Haushaltsgesetz vereinbar ist. Er hält<br />
jedoch weiterhin an seiner Auffassung fest, dass durch die<br />
Buchungspraxis <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>ministeriums die gesetzliche<br />
Verfallsfrist der Bun<strong>des</strong>haushaltsordnung leer läuft. Zumin<strong>des</strong>t<br />
die durch eine zu hohe Veranschlagung im Nachtragshaushalt<br />
entstandenen Restkreditermächtigungen<br />
sollten jeweils im Folgejahr in Abgang gestellt werden.<br />
1.4.2.2 Vorgriffskreditermächtigungen<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hatte im Vorjahr festgestellt,<br />
dass das Bun<strong>des</strong>ministerium Vorgriffskreditermächtigungen<br />
gemäß § 2 Abs. 3 Haushaltsgesetz 2003 in Höhe von<br />
8,0 Mrd. Euro in Anspruch genommen hat, da die ursprünglich<br />
veranschlagten Kreditermächtigungen nicht<br />
ausreichten, um Ausgaben <strong>des</strong> Haushaltsjahres 2003 zu<br />
decken. Es „verrechnete“ diese Inanspruchnahme nachträglich<br />
mit der durch den Nachtrag 2003 erhöhten Ermächtigung<br />
zur Nettokreditaufnahme. Die Vorgriffskreditermächtigung<br />
dient nach der Gesetzesbegründung aber<br />
der Leistung von Ausgaben, die – wie die Januargehälter<br />
von Bun<strong>des</strong>bediensteten – dem Folgejahr zuzurechnen<br />
sind. Die Ausnutzung der Vorgriffskreditermächtigung<br />
für Ausgaben, die dem laufenden Jahr zuzurechnen sind,<br />
entspricht nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen<br />
Regelung (vgl. <strong>Bemerkungen</strong> 2004, Bun<strong>des</strong>tagsdrucksache<br />
15/4200 Nr. 1.4.2.2).<br />
Angesichts der zentralen Bedeutung der haushaltsgesetzlich<br />
festgelegten Kreditermächtigungen für die Sicherung<br />
<strong>des</strong> parlamentarischen Budgetrechts hielt der Bun<strong>des</strong>rechnungshof<br />
es für erforderlich, den Haushaltsausschuss<br />
möglichst frühzeitig einzuschalten, wenn sich im Haushaltsvollzug<br />
eine Überschreitung der im Haushaltsplan veranschlagten<br />
Kreditermächtigungen abzeichnet. Ansonsten<br />
besteht die Gefahr, dass durch die Haushaltsdurchführung<br />
Fakten geschaffen werden, die den Haushaltsgesetzgeber<br />
bei späteren haushaltsrelevanten Entscheidungen<br />
präjudizieren.<br />
Der Rechnungsprüfungsausschuss <strong>des</strong> Haushaltsausschusses<br />
<strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages hat sich der Auffassung<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rechnungshofes angeschlossen. Das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
ist aufgefordert, Vorgriffsermächtigungen nach<br />
§ 2 Abs. 3 <strong>des</strong> Haushaltsgesetzes grundsätzlich für Ausgaben<br />
zu nutzen, die dem folgenden Haushaltsjahr zuzurechnen<br />
sind. Über eine darüber hinausgehende Inanspruchnahme<br />
ist der Haushaltsausschuss unverzüglich zu<br />
unterrichten.<br />
1.4.3 Gemeinsame Kreditaufnahme mit<br />
Sondervermögen<br />
Dem Kreditrahmen zur Tilgung von fällig werdenden<br />
Krediten wachsen die vom Bund übernommenen Kredite<br />
für die Sondervermögen Fonds „Deutsche Einheit“ und<br />
„ERP-Sondervermögen“ zu. In § 2 Abs. 7 Haushaltsgesetz<br />
2004 wird dem Bund die Möglichkeit eingeräumt, im<br />
Haushaltsjahr fällig werdende Kredite dieser beiden Sondervermögen<br />
bis zu insgesamt 2,8 Mrd. Euro zum Zwecke<br />
einer gemeinsamen Kreditaufnahme als eigene Schulden<br />
in Form eines Schuldbeitritts zu übernehmen. Die Sondervermögen<br />
tragen die Zins- und Tilgungsleistungen für<br />
diese Schulden. Mit der geschaffenen Möglichkeit gemeinsamer<br />
Wertpapierbegebungen sollen bei entsprechender<br />
Marktsituation Zinsersparnisse insbesondere für<br />
die Sondervermögen realisiert werden. Insgesamt wurden<br />
allerdings im Jahre 2004 mit übernommene Schulden der<br />
beiden o. a. Sondervermögen in Höhe von 350 Mio. Euro<br />
vom Bund getilgt (vgl. Nr. 5.2.4 der Jahresrechnung).<br />
1.4.4 Einsatz derivativer Finanzinstrumente<br />
Der Bund hat die gesamte Schuldenaufnahme zur „Bun<strong>des</strong>republik<br />
Deutschland – Finanzagentur GmbH“ ausgelagert.<br />
§ 2 Abs. 6 Haushaltsgesetz 2004 enthält eine<br />
Ermächtigung, im Berichtsjahr im Rahmen der Kreditfinanzierung<br />
ergänzende Verträge zur Optimierung der<br />
Zinsstruktur und zur Begrenzung von Zinsänderungsrisiken<br />
(Swapgeschäfte) bis zu einem Vertragsvolumen von<br />
80 Mrd. Euro abzuschließen. Die Finanzagentur GmbH<br />
nutzte diese Ermächtigung für derivative Finanzinstrumente<br />
teilweise. Auf den gesonderten Ausweis in einem<br />
eigenen Haushaltstitel wurde im Haushaltsplan 2004 aufgrund<br />
der für den Kapitalmarkt sensiblen Daten erstmals<br />
verzichtet. Art und Umfang der derivativen Geschäfte<br />
werden im vertraulich tagenden parlamentarischen Gremium<br />
zur Fragen der Kreditfinanzierung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> laufend<br />
erörtert (§ 4a Bun<strong>des</strong>wertpapierverwaltungsgesetz).<br />
1.5 Gesamtverschuldung<br />
Die Bun<strong>des</strong>schuld betrug zum Ende <strong>des</strong> Haushaltsjahres<br />
2004 insgesamt 803,0 Mrd. Euro (vgl. Nr. 5.2.4 der Jahresrechnung);<br />
hinzu kamen Kassenverstärkungskredite in<br />
Höhe von 9,1 Mrd. Euro.<br />
Die Finanzschulden der nicht in den Bun<strong>des</strong>haushalt eingegliederten<br />
Sondervermögen beliefen sich zum Ende <strong>des</strong><br />
Jahres 2004 auf 57,3 Mrd. Euro. Die Gesamtverschuldung,<br />
d. h. die Verschuldung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> aus seinen Finanzkrediten<br />
sowie die Schulden der Sondervermögen<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, betrug somit insgesamt 860,3 Mrd. Euro<br />
(vgl. Abbildung 4).