Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Drucksache 16/160 – 158 – Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode<br />
Verlässliche Zahlen über die Höhe illegal erzielter Umsätze<br />
und Einkünfte fehlen. Fachleute schätzen allein den<br />
Umsatz mit illegalen Betäubungsmitteln in Deutschland<br />
auf bis zu 3 Mrd. Euro jährlich. Illegale Umsätze werfen<br />
erhebliche Gewinne ab.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof stellte fest, dass die beteiligten<br />
Behörden nur unzureichend zusammen arbeiteten. Strafverfolgungsbehörden<br />
– insbesondere Kriminalpolizei und<br />
Staatsanwaltschaft –, Gerichte und Zollbehörden unterrichteten<br />
die Steuerverwaltung über Straftaten oder Sachverhalte,<br />
die für eine Besteuerung in Betracht gekommen<br />
wären, nicht oder nicht rechtzeitig. In den wenigen Fällen,<br />
in denen Finanzbehörden ihnen gleichwohl bekannt<br />
gewordene Straftäter erfolgreich besteuern konnten, beruhte<br />
der Informationsaustausch auf guten persönlichen<br />
Beziehungen der Bediensteten der beteiligten Behörden.<br />
Die zur Mitteilung nach § 116 AO verpflichteten Gerichte<br />
und Behörden unterließen es insbesondere aus den folgenden<br />
Gründen, die Finanzbehörden über Tatsachen zu<br />
unterrichten, die den Verdacht einer Steuerstraftat begründeten:<br />
● Viele Bedienstete von verpflichteten Behörden kannten<br />
ihre Mitteilungspflicht nicht.<br />
● Bedienstete von Staatsanwaltschaften sahen sich auch<br />
mangels Kenntnis der Steuerakten von Tatverdächtigen<br />
nicht in der Lage festzustellen, ob der Verdacht einer<br />
Steuerstraftat bestehe.<br />
● Andere Bedienstete wussten nicht, welche Angaben<br />
diese Mitteilungen enthalten sollten und an welche<br />
Stellen innerhalb der Finanzbehörden sie zu richten<br />
waren.<br />
● Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter waren häufig<br />
nicht steuerrechtlich geschult. Polizei und Justiz<br />
richteten ihren Blick auf Sachverhalte allgemein strafrechtlicher<br />
Art; Steuerstraftaten betrachteten sie als<br />
Nebensächlichkeiten.<br />
● Polizei und Justiz verzichteten im Interesse einer<br />
schnellen strafrechtlichen Erledigung darauf, die Steuerfahndung<br />
einzuschalten.<br />
● Umgekehrt sahen sich die Bediensteten der Finanzbehörden<br />
wegen <strong>des</strong> Steuergeheimnisses oft gehindert,<br />
den anderen Behörden mitzuteilen, welche Besteuerungserfolge<br />
deren Anzeigen bewirkt hatten.<br />
30.2<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat darauf hingewiesen, dass<br />
nur eine wirksamere Zusammenarbeit der betroffenen<br />
Gerichte und Behörden die Besteuerung illegal getätigter<br />
Umsätze und erzielter Einkünfte von Straftätern fördern<br />
und die steuerstrafrechtliche Verfolgung der Täter stärken<br />
kann. Er hat hierzu folgende Verbesserungsvorschläge<br />
gemacht:<br />
● Die Mitteilungspflicht der Gerichte und Behörden<br />
nach § 116 AO ist so zu fassen, dass diese den Finanzbehörden<br />
Tatsachen mitzuteilen haben, die auf eine<br />
Steuerstraftat schließen lassen. Derzeit haben sie nur<br />
solche Tatsachen mitzuteilen, die den Verdacht einer<br />
Steuerstraftat begründen. Näheres sollte in einer Verwaltungsanweisung<br />
und in einem allgemein verständlichen<br />
Merkblatt erläutert werden. Die verpflichteten<br />
Behörden sollten ihre Bediensteten gezielt rechtlich<br />
schulen.<br />
● Wegen <strong>des</strong> mit der Besteuerung von Straftätern verbundenen<br />
Arbeitsaufwan<strong>des</strong> sollten die Strafverfolgungsbehörden<br />
andererseits angehalten werden, den<br />
Finanzbehörden grundsätzlich keine Kleinkriminellen<br />
mit verhältnismäßig geringen Umsätzen und Einkünften<br />
anzuzeigen. Das gilt auch für Fälle, in denen die<br />
Beitreibung von Steuerforderungen erkennbar aussichtslos<br />
ist oder die Höhe der Steuerforderung in keinem<br />
vertretbaren Verhältnis zum erwarteten Fahndungsaufwand<br />
steht.<br />
● Das Bun<strong>des</strong>ministerium der Finanzen (Bun<strong>des</strong>ministerium)<br />
sollte mit Hilfe der zuständigen Bun<strong>des</strong>- und<br />
Lan<strong>des</strong>ministerien sicherstellen, dass Strafverfolgungsbehörden<br />
und Gerichte die Mitwirkung an der<br />
Besteuerung illegaler Tätigkeiten als Teil einer ganzheitlichen<br />
Fallbearbeitung erkennen und sich daran<br />
entsprechend beteiligen.<br />
● Vorrangig Strafverfolgungsbehörden sollten über Zuständigkeiten,<br />
Aufbau, Aufgaben und Befugnisse der<br />
Finanzbehörden, insbesondere der Steuerfahndungsstellen,<br />
eingehender als bisher unterrichtet werden.<br />
Dies könnte durch ein Merkblatt, Vorträge, Schulungen<br />
und wechselseitige Hospitationen geschehen.<br />
● Das Bun<strong>des</strong>ministerium sollte klarstellen, dass das<br />
Steuergeheimnis dem Informationsaustausch mit der<br />
Polizei nicht entgegensteht. Insbesondere dürfen<br />
Rückmeldungen an die Polizei über Besteuerungsergebnisse<br />
nicht am Steuergeheimnis scheitern.<br />
● Außerdem sollten die Steuerfahndungsstellen zur Verbesserung<br />
der Zusammenarbeit einen unmittelbaren<br />
elektronischen Zugriff auf polizeiliche Datenbanken<br />
erhalten.<br />
Um eine bun<strong>des</strong>einheitliche und systematische Anwendung<br />
vermögenssichernder und -abschöpfender Maßnahmen<br />
sicherzustellen, schlägt der Bun<strong>des</strong>rechnungshof<br />
vor:<br />
● Bedienstete der Finanzbehörden sollten mit den entsprechenden<br />
Regelungen für Durchsuchungen eingehender<br />
vertraut gemacht werden, ggf. in gemeinsamen<br />
Schulungen mit Polizeibeamten.<br />
● Die Finanzbehörden sollten stets unterrichtet werden,<br />
wenn Polizei oder Staatsanwaltschaft erhebliches<br />
Geld- oder Sachvermögen sichergestellt hat, das aus<br />
Beweisnot Tatverdächtigen zurückgegeben werden<br />
soll, denn solche Vermögenswerte könnten der Befriedigung<br />
von Steueransprüchen dienen. Das Bun<strong>des</strong>ministerium<br />
sollte mit dem Bun<strong>des</strong>ministerium der<br />
Justiz klären, ob und in welchen Fällen von Polizei<br />
oder Staatsanwaltschaft sichergestelltes Tätervermögen<br />
dem Justizfiskus oder dem Steuerfiskus zusteht.