Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2005 - Beispielklagen
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Deutscher Bun<strong>des</strong>tag – 16. Wahlperiode – 89 – Drucksache 16/160<br />
Finanzierungskosten nicht aufwog. Die Refinanzierungskonditionen<br />
<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> stellen die Referenzgröße dar,<br />
nach der beurteilt werden kann, ob alternative Finanzierungsmöglichkeiten<br />
im Vergleich teuer erkauft sind. Politische<br />
Entscheidungen über alternative Finanzierungsinstrumente<br />
sollten in jedem Fall in voller Kenntnis dieses<br />
Wirtschaftlichkeitsaspekts getroffen werden.<br />
2.4 Entwicklung der Nettoneuverschuldung<br />
Die Nettokreditaufnahme <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> hat sich in den<br />
90er-Jahren – nach einem Rückgang zum Ende der 80er-<br />
Jahre auf unter 10 Mrd. Euro (1989) – insbesondere auch<br />
im Zusammenhang mit den finanziellen Folgen der Wiedervereinigung<br />
erheblich erhöht. Im Jahre 1996 erreichte<br />
sie mit rund 40,0 Mrd. Euro ihren bisherigen Höchststand.<br />
Nach einer zwischenzeitlichen Rückführung auf<br />
rund 22,8 Mrd. Euro im Jahre 2001 ist sie seitdem wieder<br />
deutlich angestiegen. Sie betrug im Haushaltsabschluss<br />
2004 rund 39,5 Mrd. Euro und lag damit nur knapp unter<br />
dem Negativrekord <strong>des</strong> Jahres 1996.<br />
In den Haushaltsjahren 2002 bis 2004 wurden jeweils<br />
Nachtragshaushalte verabschiedet, die für die jeweiligen<br />
Haushalte deutlich höhere Nettokreditaufnahmen vorsahen,<br />
als ursprünglich geplant waren. Im Haushaltsabschluss<br />
ergaben sich dann gegenüber den Sollzahlen wiederum<br />
Verbesserungen; insgesamt erreichte die jeweilige<br />
Nettoneuverschuldung allerdings erhebliche Größenordnungen<br />
(vgl. Tabelle 4).<br />
Tabelle 4<br />
Soll-Ist-Vergleich bei der Nettokreditaufnahme (NKA)<br />
Jahr<br />
Ursprüngliche<br />
NKA<br />
Mrd.<br />
Euro<br />
NKA<br />
gem.<br />
Nachtrag<br />
Mrd.<br />
Euro<br />
NKA-Ist<br />
Mrd.<br />
Euro<br />
Verhältnis<br />
Ist<br />
ggü.<br />
ursprünglichem<br />
Soll<br />
Prozent<br />
2002 21,1 34,6 31,9 164,0<br />
2003 18,9 43,4 38,6 229,6<br />
2004 29,3 43,5 39,5 148,5<br />
<strong>2005</strong> 22,0<br />
2.4.1 Entwicklung im Haushaltsjahr <strong>2005</strong><br />
Für das Haushaltsjahr <strong>2005</strong> rechnet die Bun<strong>des</strong>regierung<br />
mit Haushaltsrisiken in der Größenordnung von 12 Mrd.<br />
Euro. Die dadurch entstehende Lücke will sie mit „Einmalmaßnahmen<br />
unter teilweiser Nutzung bislang gesperrter<br />
Kreditermächtigungen“ 19 schließen. Einen Nachtrags-<br />
19 Gemäß § 2 Abs. 9 HG <strong>2005</strong> ist die Ermächtigung zur Aufnahme von<br />
Krediten in Höhe <strong>des</strong> Betrags gesperrt, in der die Restkreditermächtigungen<br />
<strong>des</strong> Vorjahres 0,5 % der Gesamtausgaben übersteigen.<br />
haushalt will sie für das Jahr <strong>2005</strong> nicht vorlegen. Nach<br />
dem Haushaltssoll <strong>2005</strong> liegt die Nettokreditaufnahme<br />
nur um 0,7 Mrd. Euro unter den Ausgaben für Investitionen.<br />
Es ist daher damit zu rechnen, dass bei Inanspruchnahme<br />
der gesperrten Kreditermächtigungen (rund<br />
17,7 Mrd. Euro) die Regelverschuldungsgrenze <strong>des</strong> Artikels<br />
115 Abs. 1 Grundgesetz im Vollzug überschritten<br />
wird.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hat bereits in seinen <strong>Bemerkungen</strong><br />
1997 (vgl. Bun<strong>des</strong>tagsdrucksache 13/8550 Nr. 2.5.1.2.2)<br />
darauf hingewiesen, dass die Bun<strong>des</strong>regierung den verfassungsrechtlichen<br />
Grundsatz zu berücksichtigen hat, nach<br />
dem „Verfassungsorgane verpflichtet sind, bei Inanspruchnahme<br />
ihrer verfassungsmäßigen Kompetenzen auf<br />
die Interessen der anderen Verfassungsorgane Rücksicht<br />
zu nehmen“ (vgl. BVerfGE Bd. 45, S. 1 ff., 39). Danach<br />
wäre die Bun<strong>des</strong>regierung verpflichtet gewesen, sich bei<br />
der Einschätzung, ob ein Nachtragshaushalt erforderlich<br />
sei, mit dem Deutschen Bun<strong>des</strong>tag abzustimmen.<br />
Das Bun<strong>des</strong>ministerium hat demgegenüber eingewandt,<br />
es bestehe nach wie vor keine Veranlassung zur Vorlage<br />
eines Nachtragshaushalts. Diese dem Initiativrecht der<br />
Bun<strong>des</strong>regierung unterliegende Entscheidung sei auch<br />
von der Mehrheit der Abgeordneten <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>tages<br />
gestützt worden. Anträge der Oppositionsparteien<br />
auf Vorlage eines Nachtragshaushalts seien in den<br />
Ausschüssen ablehnend beschieden worden. Zudem bestünden<br />
Zweifel, ob das vom Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht<br />
entwickelte Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme<br />
von Verfassungsorganen bei der Frage, ob und ggf. wann<br />
ein Nachtragshaushalt vorzulegen ist, überhaupt einschlägig<br />
sei. Hinsichtlich der bewilligten überplanmäßigen<br />
Mehrausgaben habe die Bun<strong>des</strong>regierung ihre Konsultationsverpflichtungen<br />
erfüllt.<br />
Der Bun<strong>des</strong>rechnungshof hält an seiner Auffassung fest,<br />
dass angesichts der erheblichen Mehrbelastungen und <strong>des</strong><br />
daraus voraussichtlich folgenden zusätzlichen Kreditbedarfs<br />
die Bun<strong>des</strong>regierung selbst ein Konsultationsverfahren<br />
hätte anstrengen müssen (vgl. § 37 Abs. 1 BHO<br />
i. V. m. § 4 Abs. 1 HG <strong>2005</strong>). Aus dem Initiativmonopol<br />
der Bun<strong>des</strong>regierung in Bezug auf einen möglichen<br />
Nachtragsentwurf kann insoweit auch eine Pflicht zur<br />
Budgetinitiative erwachsen, zumal wenn – wie im Haushaltsverlauf<br />
<strong>2005</strong> – eine Überschreitung der Regelkreditobergrenze<br />
droht. Diese begründet gemäß Artikel 115<br />
Abs. 1 Grundgesetz eine besondere Darlegungslast, dass<br />
das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gestört ist und<br />
die Überschreitung geeignet ist, die Störung abzuwehren<br />
oder zu beseitigen.<br />
2.4.2 Entwicklung ab dem Haushaltsjahr 2006<br />
Nach der aktuellen Finanzplanung bewegt sich die Nettokreditaufnahme<br />
trotz eines für die Jahre 2006 bis 2009<br />
zugrunde gelegten jahresdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums<br />
von jeweils real rund 1,5 % bis 2,0 % zwischen<br />
21,5 Mrd. Euro und 16,0 Mrd. Euro (vgl. Abbildung 14)<br />
und bleibt damit nur knapp unter der verfassungsrechtlichen<br />
Regelkreditobergrenze (vgl. Nr. 2.5). Zudem weist