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WAS TUT GUT? - Universiteit Twente

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IV. KAPITEL PHILOSOPHISCHE NEUORIENTIERUNGEN – Entmachtung<br />

der Kantianschen Tradition. Eine Grundlegung von Joan Tronto.<br />

Seit der Aufklärung war eine lebensnahe, kontextualisierende Ethik für lange<br />

Zeit in Misskredit geraten. In der von Kant maßgeblich beeinflussten Philosophie<br />

ebenso wie im Protestantismus galt die Natur als wenig vertrauenswürdiger Grund,<br />

wenn es darum ging, eine Basis der Sittlichkeit zu finden. Stärker noch: „By<br />

definition, moral action could not be the product of a natural desire or instinct but<br />

had to act against natural desire on the basis of what reason alone dictates to be<br />

right.” 119 In der Ausrichtung auf die Gebote der Vernunft und in Überwindung des<br />

irrational Natürlichen erst entwickele der Mensch seine wahre Menschlichkeit, glaubte<br />

man.<br />

Dieser Betonung des genuin Menschlichen in Opposition zum natürlich<br />

Vorgegebenen entsprach eine Haltung, die die Natur grundsätzlich als für den<br />

Menschen eher feindliches Gegenüber betrachtete, zu dessen Abwehr und<br />

Beherrschung spezielle intellektuelle, politische, soziale und technische Strategien zu<br />

entwickeln seien. Thomas Hobbes, Francis Bacon und Rene´Descartes gehören zu<br />

den herausragenden Intellektuellen, die sich die aus dieser Überzeugung<br />

resultierenden Aufgaben zueigen machten und deren Gedanken und Konzepte<br />

richtungsweisend wurden für die technologisch dominierte Moderne. 120 Ihr<br />

Staatsverständnis mit seiner Betonung der schutzwürdigen und schutzbedürftigen<br />

Rechte des Individuums, ihr Glaube an die Naturwissenschaften als nützliche<br />

Werkzeuge zur Beherrschung der widerständigen Natur ebenso wie ihr Verständnis<br />

des Organischen als Analogie zum Mechanischen, können insgesamt als Antwort auf<br />

die Wahrnehmung der Natur als bedrohlicher Gegenpart verstanden werden. Dabei<br />

stand es außer Frage, dass die Natur in ihrer Vorgegebenheit unveränderlich sei. Nur<br />

der Umgang mit ihr, die Reaktionsmöglichkeiten auf sie, galten als wandelbar und<br />

entwicklungsfähig, sie selbst erschien als in ihrem Sosein auf ewig beständig.<br />

Diese Überzeugung ist mittlerweile ins Wanken geraten. Hochinnovative<br />

technologische Entwicklungen beinhalten, wie an anderer Stelle mehrfach<br />

angesprochen, möglicherweise das Potential, die Natur des Menschen grundlegend<br />

119 Francis Fukuyama. 2002. S. 118/119<br />

120 Vgl. Leon Kass. 2002. S. 225<br />

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